Smartwatch und Gutachten
Causa Pilnacek: 206 Chats könnten neue Ermittlungen auslösen
Am Morgen des 20. Oktober 2023 wurde die Leiche des ehemaligen Sektionschefs Christian Pilnacek in einem Donau-Altarm nahe Rossatz (Niederösterreich) gefunden.
Die Ermittler gingen von Beginn an von einem Suizid aus – eine Version, die auch der offizielle Obduktionsbericht bestätigt: Pilnacek starb durch Ertrinken, Fremdverschulden wird ausgeschlossen.
Staatsanwaltschaft sichert Privatgutachten
Nun könnte der Fall jedoch neu aufgerollt werden. Am 22. April 2025 erteilte die Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien der Staatsanwaltschaft Krems die Weisung, zu prüfen, "ob Gründe für eine Fortführung des betreffenden Ermittlungsverfahrens vorliegen".
Geplant sind weitere Ermittlungen und Beweisaufnahmen – darunter die Sicherstellung relevanter Privatgutachten, die der Ex-Grünen-Abgeordnete Peter Pilz für sein Buch "Der Tod des Sektionschefs" in Auftrag gegeben hatte.
Das Gutachten des Innsbrucker Gerichtsmediziners Stefano Longato liegt der Staatsanwaltschaft inzwischen vor, wie "Kurier" und "Standard" berichten. Longato hatte sich zunächst gegen die Sicherstellung gewehrt, doch das Landesgericht Krems lehnte seinen Einspruch ab.
Eine "rechtsmedizinische Stellungnahme" des Berliner Arztes Michael Tsokos steht hingegen noch aus.
Video: Peter Pilz über sein Buch "Der Tod des Sektionschefs"
206 Chats und Smartwatch-Daten werden ausgewertet
Wie der "Kurier" berichtet, erteilte die OStA am 11. Juni 2025 noch eine weitere Weisung. Die Daten von Pilnaceks Smartwatch sollen "ergänzend ausgewertet" werden, um "Bewegungen und Vitalfunktionen" rekonstruieren zu können. Dazu fordert die Staatsanwaltschaft Krems die Herausgabe der verschlüsselten Daten vom Hersteller an.
Zudem wertet die Staatsanwaltschaft derzeit 206 wiederhergestellte Chats aus, die zwischen Pilnaceks Handy und seiner Smartwatch synchronisiert worden waren. Die Nachrichten wurden von IT-Experten im Rahmen von Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gesichert.
Laut Bericht soll die letzte verfügbare Nachricht vom 19. Oktober 2023 um 23.44 Uhr stammen – also nach Pilnaceks Geisterfahrt, aber vor seinem Aufbruch aus dem Haus seiner Lebensgefährtin gegen 1.00 Uhr.
Spätere Chatnachrichten konnten nicht gefunden werden. Laut dem "Kurier" liegt das daran, dass Pilnacek hauptsächlich selbstlöschende Nachrichten über die App "Signal" verschickte.
Starker Akkuverbrauch kurz vor Pilnacks Tod
Besondere Aufmerksamkeit erregt der Smartwatch-Akku: Ab 1.23 Uhr stieg der Verbrauch "rasch" an und normalisierte sich erst wieder um 4.04 Uhr.
Die IT-Experten erklären dies mit dem Verbindungsaufbau zu drahtlosen Netzwerkverbindungen oder einem erhöhten Aktivitätsniveau "im Zuge einer körperlichen Aktivität". Darauf würden auch aufgezeichnete Gesundheitsdaten schließen lassen.
Zudem sei auffällig, dass die Uhr zwischen 1.15 und 3.55 Uhr am 20. Oktober sowie bis 3.21 Uhr am 21. Oktober mehrfach automatisch über Bluetooth "kommuniziert" hat.
"Möglicherweise befanden sich in den entsprechenden Zeitintervallen demnach Bluetooth-fähige Geräte in der Nähe der Smartwatch", zitiert der "Kurier".
Der genaue Todeszeitpunkt von Pilnacek ist unklar. Seine Leiche wurde am 20. Oktober gegen 8:00 Uhr geborgen. In der Todesnacht trug er sein Handy nicht bei sich, sondern ließ es im Haus seiner Ex-Lebensgefährtin zurück.
Video: Tod von Christian Pilnacek: Zweifel an Todesursache
Zusammenfassung
- Knapp zwei Jahre nach dem Tod des ehemaligen Justiz-Sektionschefs Christian Pilnacek stehen die Ermittlungen weiter in der Kritik.
- Die Staatsanwaltschaft Krems prüft eine Wiederaufnahme.
- Neue Hinweise könnten Privatgutachten und 206 Smartwatch-Chats liefern.