Deutsche Reichsbürger planten Putsch - Spuren nach Österreich

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3.000 Polizisten stürmten in zahlreichen deutschen Bundesländern Wohnungen und nahmen 25 Personen fest. Auch in Tirol und Niederösterreich fanden Hausdurchsuchungen statt. 19 der 25 Verdächtigen sind in Untersuchungshaft.

Eine Gruppe sogenannter "Reichsbürger" soll sich bewaffnet und einen Staatsstreich in Deutschland geplant haben. Mittwochfrüh stürmten 3.000 Polizisten in elf Bundesländern Wohnungen und nahmen 25 Personen fest. 22 der Festgenommenen sollen Mitglieder einer terroristischen Vereinigung sein, zwei davon Rädelsführer. Drei Personen sollen nur Unterstützer gewesen sein.

Die Polizei schlug in mehr als 130 Wohnungen, Büros und Lagerräumen zu, berichtet das deutsche Nachrichtenmagazin "Der Spiegel", auch in einer Kaserne in der baden-württembergischen Stadt Calw.

Politiker als Zielscheibe

Kopf der mutmaßlich rechtsterroristischen Gruppe soll der "Reichsbürger" Heinrich XIII. Prinz Reuß (Bild) sein. Der 71-Jährige soll in Frankfurt am Main wohnen. Eine zentrale Figur laut dem Magazin ist auch der ehemalige Fallschirmjäger-Kommandeur Rüdiger von P.

Die deutsche Polizei geht davon aus, dass die Beschuldigten um Prinz Reuß seit November 2021 einen bewaffneten Angriff auf den Bundestag in Berlin geplant haben, außerdem die Festnahme von Politikern. Die Beschuldigten hofften wohl, dass daraufhin Unruhen in Deutschland ausbrechen würden.

Razzia gegen Reichsbürger in Frankfurt am MainAPA/dpa/Boris Roessler

Razzia gegen Reichsbürger in Frankfurt am Main

Dem "Spiegel" zufolge gehörte auch Birgit Malsack-Winkemann, eine ehemalige Bundestagsabgeordnete der Alternative für Deutschland (AfD), zu der Gruppe. Ihr Anwalt wollte auf Anfrage keine Stellungnahme abgeben. Auch sollen mehrere ehemalige Soldaten der deutschen Bundeswehr zu den Beschuldigten zählen.

Verschwörungsmythen

"Wir haben noch keinen Namen für diese Vereinigung", sagte eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft. Die Gruppe berufe sich wohl auf Verschwörungsmythen.

Festgenommen wurden die Beschuldigten den Angaben zufolge in den deutschen Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Hessen, Niedersachsen, Sachsen und Thüringen. Außerdem habe es noch Durchsuchungen in Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland gegeben. Noch am Mittwoch wollte die deutsche Bundesanwaltschaft mit der Vernehmung der ersten Festgenommenen beginnen, wie die Sprecherin sagte.

Hausdurchsuchungen in Österreich

Die Spuren der Ermittler führten auch nach Österreich und Italien. Festnahmen gab es laut der deutschen Bundesanwaltschaft auch in Kitzbühel und im italienischen Perugia. Das österreichische Innenministerium bestätigte in zwei Bundesländern Hausdurchsuchungen. Neben Tirol soll es eine solche laut Medienberichten auch in Amstetten in Niederösterreich gegeben haben.

Auf der Namensliste der Bundesanwaltschaft befanden sich bis auf eine Russin nur deutsche Staatsangehörige. Daher ist davon auszugehen, dass die Festnahme in Kitzbühel einen deutschen Staatsbürger traf. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) zeigte sich erfreut über die Festnahmen und sprach laut einer Mitteilung seines Ministeriums von einem "erfolgreichen Schlag gegen die verfassungsfeindliche, demokratiezersetzende und rechtsextreme Reichsbürgerszene in Deutschland und Österreich".

Pläne für "Tötungsdelikte"

Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe bestätigte am Mittwochmorgen, dass die Gruppe tatsächlich plante, die staatliche Ordnung in Deutschland zu stürzen und durch eine eigene zu ersetzen. "Den Angehörigen der Vereinigung ist bewusst, dass dieses Vorhaben nur durch den Einsatz militärischer Mittel und Gewalt gegen staatliche Repräsentanten verwirklicht werden kann", hieß es aus der Bundesanwaltschaft.  "Hierzu zählt auch die Begehung von Tötungsdelikten."

Razzia gegen "Reichsbürger" in Frankfurt am MainAPA/dpa/Boris Roessler

Bei einer Razzia gegen sogenannte Reichsbürger sichert ein Polizist ein durchsuchtes Objekt in Frankfurt/Main.

Verfassungsschützer: 21.000 "Reichsbürger"

"Reichsbürger" sind Personen, die die Bundesrepublik und ihre demokratischen Strukturen nicht anerkennen. Sie weigern sich oft, Steuern zu zahlen. Oft stehen sie auch in anderer Weise im Konflikt mit Behörden. Der Verfassungsschutz Deutschland rechnet der Szene rund 21.000 Anhänger zu. Auch in Österreich beobachtet der Verfassungsschutz die Szene, die im Vergleich zu anderen Ländern auch hier stark sein soll. 

Die Szene gilt als gewaltbereit - bei einer Razzia im Jahr 2016 hatte etwa ein sogenannter Reichsbürger im bayerischen Georgensgmünd auf vier Polizisten geschossen. Einer von ihnen erlag im Krankenhaus seinen Verletzungen. Das Spezialeinsatzkommando hatte die Waffen des Jägers beschlagnahmen wollen.

Anmerkung: In einer früheren Version schrieben wir von der Festnahme auch von mindestens zwei Österreichern. Es gab aber nach aktuellem Informationsstand lediglich eine Festnahme eines deutschen Staatsbürgers, die in Österreich, nämlich in Kitzbühel, stattfand.

ribbon Zusammenfassung
  • Eine Gruppe "Reichsbürger" soll sich bewaffnet und einen Staatsstreich in Deutschland geplant haben.
  • Bei zahlreichen Hausdurchsuchungen haben deutsche Polizisten am Mittwoch 25 Personen festgenommen.
  • Unter den Beschuldigten befinden sich auch Österreicher. Hausdurchsuchungen gab es auch hierzulande.

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