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Vor Trump-Putin-Gipfel

Selenskyj: Ukraine zu Verhandlungen über territoriale Fragen bereit

Heute, 14:39 · Lesedauer 4 min

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und Deutschlands Bundeskanzler Friedrich Merz haben ihre Vorstellungen für etwaige Verhandlungen mit Russland formuliert. Wenn es um Territoriales geht, dann müsse der Ausgangspunkt die derzeitige Kontaktlinie sein, so Selenskyj.

Merz hat vor dem Treffen von US-Präsident Donald Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin klare Bedingungen für eine Einigung im Ukraine-Krieg formuliert. Grundlegende europäische und ukrainische Sicherheitsinteressen müssten bei dem Gipfel am Freitag in Anchorage gewahrt bleiben, sagte Merz am Mittwoch in Berlin nach Beratungen mit europäischen Partnern und den USA.

"Das war die Botschaft, die wir heute als Europäerinnen und Europäer dem amerikanischen Präsidenten Trump mit auf den Weg gegeben haben", erklärte der deutsche Kanzler. 

Es gebe Hoffnung auf Bewegung, und es gebe Hoffnung auf einen Frieden. Er habe mit den Staats- und Regierungschefs aus Frankreich, Großbritannien, Polen, Italien und Finnland sowie mit der EU-Spitze eine gemeinsame Linie abgestimmt, in die auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj von Anfang an eingebunden gewesen sei. 

Auch Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) - gerade auf Auslandsreise in Serbien - nahm aus der österreichischen Botschaft in Belgrad an der Videokonferenz teil.

Selenskyj erwartet zuerst Waffenstillstand

Selenskyj erhofft sich vom Alaska-Gipfel einen sofortigen Waffenstillstand sowie robuste Sicherheitsgarantien für sein Land. Das sagte er laut Übersetzung des Kanzleramts in Berlin nach den Beratungen. 

Bei allen Verhandlungen, bei denen es um die Zukunft seines Landes gehe, müsse die Ukraine mit am Tisch sitzen, betonte Selenskyj. Zudem dürfe Russland kein Veto-Recht bei einem NATO-Beitritt der Ukraine eingeräumt werden.

Merz betonte ebenfalls, dass zu den Bedingungen für eine Friedenseinigung zähle, dass die Ukraine bei Folgetreffen mit am Tisch sitzen müsse. Zudem müsse ein Waffenstillstand am Anfang stehen, bevor wesentliche Elemente in einem Rahmenabkommen vereinbart würden. 

Territoriale Fragen

Die Ukraine sei zu Verhandlungen über territoriale Fragen bereit, Ausgangspunkt müsse dabei jedoch die derzeitige Kontaktlinie sein. "Eine rechtliche Anerkennung russischer Besetzungen steht nicht zur Debatte", betonte Merz.

Ferner müssten die Verhandlungen robuste Sicherheitsgarantien für Kiew sowie die Zusage langfristiger westlicher Militärhilfe umfassen. Schließlich müsse alles Teil einer gemeinsamen transatlantischen Strategie sein, die bei ausbleibenden Fortschritten den Druck auf Russland erhöhe. Präsident Trump kenne diese Position und teile sie sehr weitgehend, sagte Merz.

Macron: Trump will späteren Dreiergipfel

Trump will sich nach den Worten von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron für einen Dreiergipfel mit Putin und Selenskyj einsetzen. Ein solches Treffen könnte in Europa stattfinden, erklärte er. "Wir wünschen uns, dass das in Europa abgehalten wird, in einem neutralen Land, das von allen Seiten akzeptiert wird."

Macron sagte zudem, Trump sei sehr klar darin gewesen, dass es das Ziel der USA sei, bei dem Treffen mit Putin in Alaska eine Waffenruhe zu erreichen. Der französische Staatschef betonte darüber hinaus, Fragen, die das ukrainische Territorium beträfen, dürften und würden nicht ohne die Ukraine verhandelt werden. Auch sei es wichtig, dass Europa vor dem Treffen gehört werde. 

Europa, die USA und die NATO haben nach Ansicht von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor dem Alaska-Treffen ihre gemeinsame Basis gestärkt. Sie sprach von einem "sehr guten Gespräch".

Russland will mit USA auch bilaterales klären

Aus Russland hieß es am Mittwoch wiederum, dass man mit Trump auch weiter auf eine Normalisierung der bilateralen Beziehungen hinarbeiten wolle. 

Es gehe bei dem Treffen am Freitag um alle Fragen, die sich angestaut hätten – angefangen beim Ukraine-Krieg bis hin zu den Hindernissen für einen normal funktionierenden Dialog zwischen beiden Ländern, sagte der stellvertretende Ministeriumssprecher Alexej Fadejew in Moskau.

Der Gipfel habe höchste Bedeutung für den internationalen Frieden und die Stabilität in der Welt. Zu der unter anderem auch von Trump öffentlich erwähnten Möglichkeit eines Gebietstauschs für eine Beendigung des Krieges in der Ukraine sagte Fadejew, dass territoriale Fragen in der russischen Verfassung geregelt seien. "Damit ist alles gesagt". 

Russland erhebt Anspruch auf die Gebiete Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson, die es bisher nicht vollständig kontrolliert. Schon 2014 hatte Russland die ukrainische Schwarzmeer-Halbinsel Krim annektiert. 

Zusammenfassung
  • Der ukrainische Präsident Selenskyj zeigt sich zu Verhandlungen über territoriale Fragen bereit, verlangt aber als Ausgangspunkt die aktuelle Kontaktlinie und lehnt eine rechtliche Anerkennung russischer Besetzungen ab.
  • Selenskyj fordert für den bevorstehenden Alaska-Gipfel einen sofortigen Waffenstillstand und robuste Sicherheitsgarantien für die Ukraine.
  • Bundeskanzler Merz und weitere europäische Staatschefs haben mit den USA eine gemeinsame Linie abgestimmt, die unter anderem die Beteiligung der Ukraine an allen Verhandlungen vorsieht.
  • Russland beansprucht weiterhin die Regionen Luhansk, Donezk, Saporischschja, Cherson sowie die bereits 2014 annektierte Krim, während russische Truppen zuletzt an einem Tag 10 Kilometer vorgerückt sind.
  • Frankreichs Präsident Macron berichtet, dass Trump einen Dreiergipfel mit Putin und Selenskyj in Europa anstrebt, während Russland betont, territoriale Fragen seien in seiner Verfassung geregelt.