APA/HELMUT FOHRINGER

Landeshauptleute drängen auf weitere Lockerungen

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Sowohl Bundeskanzler Sebastian Kurz, wie auch Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein kündigten nun weitere Lockerungen an. Eine Entscheidung soll Ende der Woche fallen. Einige Landeshauptleute drängen bereits zu weiteren Erleichterungen. Nur Wien zeigt sich zurückhaltend.

Nach einem für die Koalition turbulenten Pfingstwochenende mit Streitigkeiten über Art und Zeitpunkt der Corona-Öffnungen steht nun fest, dass mit 10. Juni weiter gelockert wird. Nachdem Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) Sonntagabend mit einer entsprechenden Ansage überraschte, zeigte sich auch der Kanzler zufrieden: "Ich bin froh, dass jetzt alle auf Öffnungskurs sind", sagte Sebastian Kurz (ÖVP) am Rande des EU-Gipfels in Brüssel in der Nacht auf Dienstag.

Wohin die Reise gehen wird, hatte Mückstein schon am Sonntag klar gemacht. Mit 10. Juni soll die Regel fallen, wonach nur vier Personen zusammentreffen und im Lokal an einem Tisch sitzen dürfen. Hier wird die Grenze wohl auf acht (plus Kinder) angehoben. Zudem soll die Sperrstunde von 22 Uhr in Richtung Mitternacht geschoben werden. Auch wird der Zwei-Meter-Abstand zwischen den Besuchergruppen auf einen Meter reduziert. Im Freien wird die bei Veranstaltungen wie etwa Fußball-Spielen noch geltende Maskenpflicht für das Publikum fallen.

Gesundheitsminister Mückstein kann sich sogar eine Woche früher als Kanzler Kurz Erleichterungen vorstellen.

Landeshauptleute wollen weitere Lockerungen

Die Landeshauptleute hätten da durchaus noch Ideen, die darüber hinaus gehen. Vor allem die Regelung, wonach pro Person in vielen Bereichen 20 Quadratmeter Platz sein muss, ist vielen ein Dorn im Auge. Mit dieser seien Musik- und Chorproben, aber auch das Vereinsleben "praktisch unmöglich", meinte etwa Tirols Landeschef Günther Platter (ÖVP). Im Gesundheitsministerium wird hier offenbar bereits an eine Senkung auf zehn Quadratmeter gedacht. Die Abschaffung des Einreiseformulars auf dem Landweg war wiederum den Landeshauptleuten der Tourismus-Länder Vorarlberg und Salzburg, Markus Wallner (ÖVP) bzw. Wilfried Haslauer (ÖVP), ein besonderes Anliegen. Der Chef des Pensionistenverbands Peter Kostelka drängte einmal mehr darauf, dass die Kapazitätsbeschränkung in Autobussen fällt.

Dass es jetzt noch schneller geht mit den Lockerungen als vom Kanzler angekündigt, dürfte vor allem der niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) gefallen. Sie sprach sich dafür aus, "so früh wie möglich die weiteren Öffnungen einzuleiten". Die NEOS wollen sogar gleich beginnen, etwa mit der Aufhebung der Maskenpflicht im Freien und mit jener an Schulen. In letzterem Bereich hat Mückstein freilich schon klar gemacht, dass an Orten mit vielen Menschen auf vergleichsweise engem Raum weiter ein Mund-Nasen-Schutz zu tragen sein wird.

Der Public Health Experte Armin Fidler analysiert im PULS 24 Interview die angekündigten Öffnungsschritte.

Ludwig mahnt zur Vorsicht

Betont zurückhaltend zeigt sich Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). Die Situation erfordere Vorsicht, denn es könnten auch weitere Mutationen auf Österreich zukommen: "Jetzt habe ich eher den Eindruck, es gibt einen Wettlauf, wer früher Öffnungsschritte in der Öffentlichkeit ankündigt", kritisierte Ludwig das koalitionäre Hickhack. Auch Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) mahnte: "Nichts ist schlimmer, als noch einmal einen Rückschlag zu erleiden."

Fachleute wie Simulationsexperte Niki Popper und Komplexitätsforscher Peter Klimek geben hingegen fürs erste Entwarnung und sehen kaum einen Unterschied darin, ob man wie vom Kanzler ursprünglich avisiert am 17. Juni oder eben eine Woche davor lockert. Epidemiologe Gerald Gartlehner verwies darauf, dass man bis 10. Juni schon wissen werde, wie sich die bisherigen Öffnungsschritte ausgewirkt hätten: Dann könne man bei einer schlechten Entwicklung, was nicht zu erwarten sei, immer noch reagieren.

Virologe Walter Nowotny analysiert im PULS 24 Interview  die Debatten um weitere Corona-Öffnungsschritte.

Auf anderer Ebene konnte die Koalition am Dienstag einen Erfolg verbuchen, nämlich eine Einigung mit der SPÖ auf die gesetzliche Grundlage zum Grünen Pass. Diese kann somit am Mittwoch vom National- und am Donnerstag vom Bundesrat beschlossen werden. Der stellvertretende SP-Klubchef Jörg Leichtfried freute sich darüber verhindert zu haben, dass der Grüne Pass zum "Superdaten-Register" werde. So wird der besonders heftig kritisierte Paragraf gestrichen, über den auch sensible Daten zu Erwerbsleben, Einkommen, Bildungsweg und Krankenständen verknüpft werden hätten können.

Die anderen Oppositionsparteien bleiben bei ihrer ablehnenden Haltung. FP-Klubobmann Herbert Kickl sah "massive Eingriffe in Grund- und Freiheitsrechte". Das Vorhaben bedeute, dass der Begriff "gesund" abgeschafft werde. Die NEOS erwarten einen "Datenschutz-Supergau". Man hätte auf die europäische Lösung warten sollen.

ribbon Zusammenfassung
  • Nach einem für die Koalition turbulenten Pfingstwochenende mit Streitigkeiten über Art und Zeitpunkt der Corona-Öffnungen steht nun fest, dass mit 10. Juni weiter gelockert wird.
  • Nachdem Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) Sonntagabend mit einer entsprechenden Ansage überraschte, zeigte sich auch der Kanzler zufrieden: "Ich bin froh, dass jetzt alle auf Öffnungskurs sind", sagte Sebastian Kurz (ÖVP).
  • Einige Landeshauptleute drängen bereits zu weiteren Erleichterungen. Nur Wien zeigt sich zurückhaltend.

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