AFP

Nahost

Auch Österreicher: Diplomaten in Westjordanland beschossen

Heute, 15:22 · Lesedauer 4 min

Israels Militär hat eingeräumt, eine Delegation von Diplomaten im Westjordanland beschossen zu haben. Auch ein österreichischen Diplomat ist unter den Betroffenen.

Nach bisher vorliegenden Angaben hatte die israelische Armee zuvor bei einem Besuch von rund 20 Diplomaten in der Stadt Jenin Schüsse in der Nähe der Delegation abgefeuert. Israel begründete den Beschuss am Mittwoch am Mittwoch damit, dass die Kolonne sei von der genehmigten Route abgewichen.

Laut dem Wiener Außenministerium (BMEIA) war auch ein österreichischen Diplomat betroffen. Dem Leiter der Vertretung in Ramallah, Marian Wrba, gehe es aber gut, hieß es am Mittwoch auf APA-Anfrage. Außenministerin Beate Meinl-Reisinger erklärte auf "X": "Ich bin sehr erleichtert, dass ihm nichts passiert ist."

"Ich habe mit unserem österreichischen Vertreter vor Ort telefoniert", ließ Meinl-Reisinger wissen. Zudem hielt die NEOS-Außenministerin fest: "Es ist völlig klar: so etwas darf nicht passieren, genau deswegen gehen wir davon aus, dass der Vorfall auch von den israelischen Behörden aufgeklärt wird."

https://x.com/BMeinl/status/1925215641918709901

Das Vertretungsbüro Ramallah repräsentiert Österreich in den Palästinensischen Autonomiegebieten. Es wurde 1998 eingerichtet und koordiniert unter anderem auch die österreichische Entwicklungszusammenarbeit (Austrian Development Agency/ADA) an Ort und Stelle.

Die im Westjordanland gelegenen Stadt Ramallah ist ein politisches, wirtschaftliches und kulturelles Zentrum der palästinensischen Autonomiegebiete.

Israels Militär: "Warnschüsse"

"Die Delegation betrat ein Gebiet, in dem zu sein sie nicht autorisiert war", erklärte derweil das Militär. Soldaten hätten "Warnschüsse" abgegeben, "um sie auf Abstand zu halten". In der Delegation befanden sich Delegierte aus mehreren EU-Ländern, darunter Österreich sowie Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien oder Spanien.

Israelische Soldaten hätten die Diplomaten zunächst als Bedrohung wahrgenommen und Warnschüsse abgegeben, um die Menschengruppe auf Distanz zu halten, hieß es weiter. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass es sich um die Diplomaten handelte, habe die Armee eine Untersuchung eingeleitet.

Es solle zudem mit den Vertretern der von dem Vorfall betroffenen Länder gesprochen werden. Sie sollen über die Ergebnisse der Untersuchung informiert werden. Die Armee betonte in der Mitteilung, die entstandenen Unannehmlichkeiten zu bedauern.

Keine Verletzten gemeldet

Verletzte oder Schäden wurden nicht gemeldet. Der Vorfall ereignete sich während eines von der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) organisierten Besuchs internationaler Diplomaten in dem Gebiet. Wie mehrere Medien berichteten, befand sich die Delegation in Jenin, um das dortige Flüchtlingslager zu besichtigen und sich über die humanitäre Lage vor Ort zu informieren.

Das Außenministerium der PA bezeichnete den Vorfall als einen "eklatanten und schwerwiegenden Verstoß gegen das Völkerrecht".

"Wir fordern Israel eindringlich auf, diesen Vorfall zu untersuchen und diejenigen zur Verantwortung zu ziehen, die dafür verantwortlich sind und das Leben von Diplomaten bedrohen", sagte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas. Das spanische Außenministerium erklärte: "Wir stehen in Kontakt mit anderen betroffenen Ländern, um gemeinsam auf das Geschehene zu reagieren, das wir aufs Schärfste verurteilen."

Italien bestellt Botschafter ein

Der italienische Außenminister Antonio Tajani kündigte an, den israelischen Botschafter in Rom einzubestellen. Das Außenministerium der Palästinensischen Autonomiebehörde erklärte, dass "die Delegation eine offizielle Mission unternahm, um die humanitäre Lage zu begutachten und zu bewerten sowie die anhaltenden Verstöße Israels zu dokumentieren".

Aus Berlin hieß es: "Diesen unprovozierten Beschuss verurteilt das Auswärtige Amt scharf. Wir können von Glück reden, dass nichts Schlimmeres passiert ist." Die israelische Regierung müsse umgehend die Umstände aufklären und die Unverletzlichkeit von Diplomatinnen und Diplomaten respektieren, hieß es zudem.

Das werde Deutschlands Außenminister Johann Wadephul auch gegenüber seinem israelischen Amtskollegen zum Ausdruck bringen. Nach dem Vorfall habe er mit den betroffenen Kollegen vor Ort telefoniert.

Seit Beginn eines Militäreinsatzes im Jänner in der Stadt Jenin zur Bekämpfung von Militanten hat das israelische Militär Dutzende von Palästinensern getötet und zahlreiche Häuser im Westjordanland zerstört.

Video - Amnesty-Chefin: "Gazastreifen vor Hungerkatastrophe"

Zusammenfassung
  • Israels Militär hat eingeräumt, auf eine Delegation internationaler Diplomaten, darunter Vertreter der EU, Deutschlands, Italiens und Spaniens, im Westjordanland Warnschüsse abgegeben zu haben.
  • Auch ein österreichischen Diplomat ist unter den Betroffenen.
  • Die EU und mehrere betroffene Länder fordern eine umfassende Untersuchung und Konsequenzen.