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Gaza-Krieg

Israelische Ex-Sicherheitschefs: "Kein gerechter Krieg mehr"

04. Aug. 2025 · Lesedauer 4 min

Ehemalige israelische Sicherheitschefs haben sich in einem Videoaufruf energisch für ein sofortiges Ende des Gaza-Kriegs ausgesprochen.

"Dieser Krieg hat als gerechter Krieg begonnen", sagte der ehemalige Chef des Inlandsgeheimdienstes Shin Bet, Ami Ayalon. Es sei zunächst ein Verteidigungskrieg gewesen. 

"Aber nachdem wir alle militärischen Ziele erreicht haben (...), ist dies kein gerechter Krieg mehr." Dem Staat Israel drohe der Verlust seiner Sicherheit und Identität.

Weitere Personen in dem Video sind der ehemalige Generalstabschef und Ministerpräsident Ehud Barak, die ehemaligen Generalstabschefs Moshe Yaalon und Dan Chalutz sowie drei ehemalige Chefs des Auslandsgeheimdienstes Mossad. Insgesamt 19 Ex-Sicherheitschefs fordern ein Ende des Kriegs, der ihrer Ansicht nach nur noch aus politischen Gründen fortgesetzt werde.

"Wir stehen vor einer Niederlage", warnte der ehemalige Mossad-Chef Tamir Pardo. Mehrere der Repräsentanten sagten, Israel werde von einer fundamentalistischen, extremistischen Regierung angeführt, die nicht mehr den Rückhalt der Mehrheit habe. Sie forderten eine Rückführung aller noch in Gaza tot oder lebendig verbliebenen 50 Geiseln in einem einzelnen Schritt.

Israel drängt auf mehr Aufmerksamkeit für Geiseln

Nach der Veröffentlichung von Propagandavideos ausgehungerter Geiseln durch islamistische Palästinenserorganisationen drängt Israel auf mehr Aufmerksamkeit für die im Gazastreifen festgehaltenen Menschen. Der israelische Außenminister Gideon Saar sagte am Montag vor Journalisten, er habe seine Amtskollegen aufgerufen, das Schicksal der Geiseln "ins Zentrum der globalen Tagesordnung" zu rücken. 

Für Dienstag kündigte Saar seine Teilnahme an einer kurzfristig anberaumten Dringlichkeitssitzung des UNO-Sicherheitsrats zur Lage der Geiseln an. Israels Außenminister Saar sagte weiter, die Welt müsse "dem Phänomen der Entführung von Zivilisten ein Ende setzen".

Die Hamas und die mit ihr verbündete Gruppe Islamischer Jihad hatten in den vergangenen Tagen drei Propagandavideos von seit Oktober 2023 gefangen gehaltenen Geiseln verbreitet. 

Eines der Videos zeigt den abgemagerten Evyatar David, wie er sich in einem engen Tunnel sein eigenes Grab zu schaufeln scheint. Ein anderes Video zeigt, wie der Deutsch-Israeli Rom Braslavski sich Nachrichtenvideos über die Hungersnot der Palästinenser im Gazastreifen anschauen muss.

Die Aufnahmen der ausgehungerten Geiseln lösten in Israel und international großes Entsetzen aus. Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu zeigte sich bestürzt und wertete die Bilder als Beleg dafür, dass die Hamas den Krieg mit seinem Land nicht durch Verhandlungen beenden wolle.

Islamisten wollen Israel mit "Horrorvideos" brechen

Die Islamisten wollten Israel mit ihren "Horrorvideos" brechen, sagte Netanyahu und fügte an: "Aber wir werden uns nicht brechen lassen. Ich bin noch entschlossener denn je, unsere entführten Söhne zu befreien, die Hamas zu vernichten und dafür zu sorgen, dass der Gazastreifen keine Bedrohung mehr für den Staat Israel darstellt." 

Netanyahu bat das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) zudem laut seinem Büro, die Versorgung der Geiseln mit Nahrungsmitteln und sofortiger medizinischer Hilfe zu unterstützen.

Die IKRK-Delegation in Israel und den besetzten Palästinensergebieten äußerte sich "entsetzt" über die "erschütternden" Geisel-Videos. Die Delegation bekräftigte ihre Forderung nach Zugang zu den Geiseln, äußerte sich aber ansonsten nicht zu einer möglichen Versorgung der Geiseln durch das IKRK. 

Die Hamas erklärte, sie werde dem IKRK den Zugang zu den Geiseln nur erlauben, wenn humanitäre Korridore für Hilfslieferungen im Gazastreifen eröffnet würden. Angesichts des Hungers im Gazastreifen und der israelischen "Belagerung" würden den Geiseln "keine Sonderrechte gewährt".

Deutschland schließt Teilaussetzung von EU-Assoziierungsabkommen nicht aus

Die deutsche Regierung schließt unterdessen angesichts der humanitären Krise im Gaza-Gebiet eine Aussetzung von Teilen des EU-Assoziierungsabkommens mit Israel nicht aus. 

Die Lage-Beobachtung sei ein Prozess, "den wir stetig begutachten, uns unser Bild machen und davon abhängig dann auch Maßnahmen beschließen", sagte Vize-Regierungssprecher Sebastian Hille am Montag auf eine Frage zum Abkommen in Berlin.

Die Hamas und andere islamistische Palästinenserorganisationen halten im Gazastreifen nach israelischen Militärangaben noch 49 der 251 Geiseln fest, die sie während ihres Großangriffs am 7. Oktober 2023 verschleppt hatten. 27 davon sind dem Militär zufolge mittlerweile tot.

Video: Bruder von israelischer Geisel

Zusammenfassung
  • Ehemalige israelische Sicherheitschefs haben sich in einem Videoaufruf energisch für ein sofortiges Ende des Gaza-Kriegs ausgesprochen.
  • "Dieser Krieg hat als gerechter Krieg begonnen", sagte der ehemalige Chef des Inlandsgeheimdienstes Shin Bet, Ami Ayalon. Es sei zunächst ein Verteidigungskrieg gewesen.
  • "Aber nachdem wir alle militärischen Ziele erreicht haben (...), ist dies kein gerechter Krieg mehr."
  • Dem Staat Israel drohe der Verlust seiner Sicherheit und Identität.