Sultan bin Salmeen Al-MansouriEmbassy of the State of Qatar

Zu Besuch in Wiens Katar-Kuschelzone

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Der katarische Botschafter lud anlässlich der WM-Eröffnung ins noble Hotel Marriott zum gemeinsamen Fußballschauen. Dort ließ sich im Kleinen erkunden, wie das Emirat um die Gunst der Welt wirbt. Eine PULS 24 Reportage.

Die Fußball-WM ist am Sonntag im Al-Bait Stadion nördlich von Doha eröffnet worden. Eine bunte Show mit hunderten Tänzern und tausenden Lichteffekten. Der Weltverband FIFA schrieb über die 30-minütige Eröffnungsfeier, man wolle "die Fähigkeit des Fußballs zeigen, Menschen aus verschiedenen Ländern und Kulturen zu vereinen". Lichter können den Menschen Orientierung geben, sie können Menschen auch blenden.

Die Botschaft von Katar in Wien wollte den WM-Auftakt ebenfalls feiern, und so lud man Botschafter und Diplomaten sowie Medienvertreter am Sonntag ins Marriott-Hotel am Wiener Parkring ein. Bereits um 15.30 Uhr füllten Diplomaten und ihre Familien, insbesondere aus arabischen Staaten, einen großen Veranstaltungssaal des Fünf-Sterne-Hauses, um die Eröffnungsfeier und das anschließende Spiel Katar gegen Ecuador anzuschauen.

Glitzerwelten

Rund 160 Stühle sind am Sonntag besetzt. Viele Gäste tragen Kappen oder Schals in Bordeauxrot, Katars Nationalfarbe. Als man auf dem TV-Schirm sieht, wie das Staatsoberhaupt Tamim bin Hamad Al Thani das älteste Nationaltrikot Katars signiert und es seinem Vater reicht, wird im Marriott-Hotel geklatscht.

Draußen in der Hotelhalle im ersten Stock stehen ein Dutzend Weihnachtsbäume aus Plastik, unten in der Lobby hat man einen glitzernden Indoor-Weihnachtsmarkt eingerichtet. Das Marriott-Hotel passt ganz gut zur Fußball-WM in Katar. Es ist ein Ort, an dem alles glänzt und wenig echt ist.

Der Fußball rollt über Bedenken drüber

Im "Schatten des WM-Flutlichts", wie es die ARD formulierte, geschehen in dem Emirat schwere Menschenrechtsverletzungen. Das betrifft insbesondere die mehr als zwei Millionen Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigranten im Land. (Zum Vergleich: Auf der Halbinsel leben nur etwa 300.000 katarische Staatsbürger.)

Die Vorgänge sind lange bekannt, aber jetzt, da das kleine Emirat und die FIFA für vier Wochen ihre Botschaften weltweit platzieren werden und der Fußball über viele Widersprüche und Vorwürfe einfach drüber rollt, ist es ganz gut, daran zu erinnern.

"Zwangsarbeit"

Die Kritik an Katars Menschenrechtsverstößen könnte man grob in zwei Bereiche teilen - die fußballbezogenen und die allgemeinen. Zum Fußball: Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International berichtet von "Tausenden von Todesfällen von Arbeitsmigrant:innen der letzten zwölf Jahre" auf WM-Baustellen. Zum Allgemeinen: In Katar schuften laut Amnesty nach wie vor ausländische Frauen als Haushaltshilfen und ausländische Männer als Sicherheitsleute oder Bauarbeiter jeweils unter Bedingungen, "die teilweise Zwangsarbeit gleichkommen". Man könnte auch sagen: Sklaverei.

Katar weist hingegen auf zahlreiche Verbesserungen hin. Ein Beispiel: Seit dem Jahr 2021 dürfen Arbeiter von 1. Juni bis 15. September zwischen 10 und 15.30 Uhr nicht mehr unter freiem Himmel in der Hitze der Wüste arbeiten. Die hohen Totenzahlen der WM-Baustellen bestreitet das Emirat.

Botschaft von Katar lädt zum Fußballschauen ins Marriott-HotelLukas Kapeller

Botschaft von Katar lädt zum Fußballschauen ins Marriott-Hotel

"Verbesserungen"

Gastgeber im Marriott-Hotel ist der katarische Botschafter in Wien, Sultan bin Salmeen Al-Mansouri. Der 61-Jährige war zuvor schon Militärattaché in Großbritannien und Botschafter in Südkorea und China. Das Wiener Außenministerium nennt ihn einen "sehr erfahrenen Diplomaten".

Wenn man einen der katarischen Botschaftsmitarbeiter um ein Gespräch mit Al-Mansouri bittet, ist das kein Problem. Und wenn man Al-Mansouri nach Menschenrechtsverletzungen fragt, weist er in höflichen Worten alles zurück. "Am Beginn der WM-Vorbereitungen gab es ein bisschen Probleme, aber wir haben enorme Verbesserungen für die Arbeiter erzielt, in Hinblick auf ihre Rechte, ihre Arbeitszeiten und ihre Löhne", sagt der Botschafter. Im Übrigen seien auf den WM-Baustellen "internationale Baufirmen" verantwortlich gewesen. Wo der Staat Missstände erkannt habe, habe er sie beseitigt. (Aus Transparenzgründen können Sie hier das ganze Gespräch nachlesen.)

Wenn man Al-Mansouri zur sportlichen Seite der WM fragt, wandern seine Mundwinkel nach oben. "Wir haben gezeigt, dass ein kleines Land wie Katar ein Mega-Turnier organisieren kann. Wir wollen anderen kleinen Ländern die Tür öffnen", sagt er.

Kompott statt Boykott

Es sind diese und andere Botschaften, die Katar an diesem Nachmittag seinen Gästen vermitteln will. Die Erzählung, die man beim Fußballschauen mit den Katarern wohl am häufigsten hört, ist jene vom "kleinen Land". (Wobei die riesigen Erdgasreserven gegenüber anderen Kleinstaaten natürlich Vorteile schaffen.) Auch wird man in informellen Gesprächen darauf hingewiesen, wie viele Botschafter der katarischen Einladung ins Marriott-Hotel gefolgt seien: zum Beispiel aus Algerien, aus Ägypten, aus Marokko, aus Kuwait, auch aus Russland. Auch ein hoher EU-Diplomat sei da.

Vor dem Anpfiff treffen Diplomaten und Adabeis einander noch am Buffet. Es gibt unter anderem Entrecôte, Esterhazyschnitte und Apfelkompott. Tenor des Tages: Kompott statt Boykott.

Schon gewonnen

Während des Spiels wird dann die anwesende Botschafterin von Ecuador mit ihrer Delegation im Marriott-Hotel zweimal laut jubeln. Die Katarer bleiben gelassen und präsentieren sich als höfliche Gastgeber, in Doha wie in Wien. Es fällt auf, dass nach der Halbzeitpause viele Stühle hier leer bleiben. Im fernen Al-Bait-Stadion ist es ähnlich, wie die TV-Bilder zeigen.

Katar verliert schließlich gegen Ecuador 0:2. Aber auch falls der Wüstenstaat weiterhin keinen Sieg auf dem Rasen holt - Katar wird, so ahnt man, nach dieser WM trotzdem gewonnen haben.

ribbon Zusammenfassung
  • Der katarische Botschafter lud anlässlich der WM-Eröffnung ins noble Hotel Marriott zum gemeinsamen Fußballschauen.
  • Dort ließ sich im Kleinen erkunden, wie das Emirat um die Gunst der Welt wirbt.
  • Eine PULS 24 Reportage.

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