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Für diese drei Aussagen könnte Sebastian Kurz verurteilt werden

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Bis zu drei Jahre Haft drohen Sebastian Kurz, wenn er am 18. Oktober vor Gericht steht. Aber wofür eigentlich? PULS 24 hat die drei Aussagen aus dem Protokoll des Ibiza-U-Ausschusses zusammengesucht, die dem Ex-Kanzler vorgeworfen werden und erklärt wieso.

Seit Wochen wurde auf die Nachricht gewartet, am Freitag war es so weit: "Sebastian Kurz, (sein Ex-Kabinettschef, Anm.) Bernhard Bonelli und eine weitere Person wurden am Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Vergehens der falschen Zeugenaussage angeklagt", teilte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) mit. 

Am 18. Oktober soll es vor Gericht losgehen, die Höchststrafe sieht bis zu drei Jahre Haft vor. Dass diese bei Angeklagten ohne Vorstrafe allerdings in voller Höhe ausgeschöpft wird, gilt als unwahrscheinlich. Es gilt die Unschuldsvermutung. 

Anklagen in Causa Kurz

Aber was hat der Ex-Kanzler eigentlich gesagt, was ihn Jahre hinter Gitter bringen könnte?

Bei der Anklage geht es um Postenbesetzungen rund um die Staatsholding ÖBAG, in der große staatliche Unternehmensbeteiligungen geparkt sind. "Es geht um die Frage, wie Aufsichtsratsmitglieder dort bestellt wurden", erklärt "profil"-Journalist Stefan Melichar im PULS 24 Interview. Die WKStA hege den Verdacht, "dass Sebastian Kurz seine Rolle dabei heruntergespielt hätte, dass er in Wahrheit deutlich stärker involviert war und auch Entscheidungen getroffen hat". Im U-Ausschuss stellte er das anders dar.

PULS 24 hat die Aussagen, die ihm erst eine Anzeige, dann eine Anklage brachten, aus dem Protokoll des Ibiza-U-Ausschusses ausgehoben

Am 24. Juni 2020 sagte Sebastian Kurz vor dem Ibiza-Untersuchungs-Ausschuss aus. In drei Punkten wird ihm nun Falschaussage vorgeworfen. Kurz selbst und die ÖVP bestreiten dies vehement. 

Brandstätter über Kurz: "Er hat natürlich die Unwahrheit gesagt"

Helmut Brandstätter (NEOS) im PULS 24 Interview. 

1. Postenbesetzung: Informiert oder involviert

Der NEOS-Abgeordnete Helmut Brandstätter fragte Kurz über Thomas Schmid: "Bis zu dem Zeitpunkt, an dem er Ihnen gesagt hat: Ich möchte mich für diesen ausgeschriebenen Posten bewerben, haben Sie mit ihm nie darüber gesprochen, dass er das werden könnte?"

Sebastian Kurz antwortete: "Nein, es war allgemein bekannt, dass ihn das grundsätzlich interessiert, und es war sicherlich auch so, dass immer wieder davon gesprochen wurde, dass er ein potenziell qualifizierter Kandidat wäre."

Zur Erklärung:

Thomas Schmid wechselte von einem hohen Beamtenposten im Ministerium in den Vorstand der staatlichen Beteiligungsagentur ÖBAG. Laut Strafantrag, der PULS 24 vorliegt, wird Kurz vorgeworfen, dass Kurz bei dieser Postenbesetzung nicht nur informiert gewesen sei, sondern sie von ihm ausgegangen sein soll. 

Der SPÖ-Abgeordnete Kai Jan Krainer fragte daraufhin: "Waren Sie im Vorfeld eingebunden?" Kurz antwortete: "Eingebunden im Sinne von informiert, ja."

Zur Erklärung:

Vorgeworfen wird Kurz, dass er nicht nur informiert wurde, sondern selbst dafür gesorgt haben soll, dass Schmid den Posten bekam, wie die Chatnachricht "Kriegst eh alles, was du willst" an Schmid nahelegt. Dessen Antwort "Ich liebe meinen Kanzler", ist inzwischen oftmals zitiert worden.

Krainer: "Kurz hat ein falsches Bild von seiner Rolle gezeichnet"

Der SPÖ-Nationalratsabgeordnete Kai Jan Krainer im Interview mit PULS 24 Anchorwoman Alexandra Nindl. 

2. Wer bestimmt die Aufsichtsratsmitglieder

NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper wollte mehr darüber wissen, wie es zur Besetzung des ÖBAG-Aufsichtsrates - der den ÖBAG-Chef letztlich wählt - kommt: "Waren Sie da selbst eingebunden?"

Sebastian Kurz antwortete: "Ja, ich weiß, dass es da im Finanzministerium und im zuständigen Nominierungskomitee Überlegungen und Gespräche gab. Bei Aufsichtsratsbestellungen wird man als Bundeskanzler – das ist von Minister zu Minister unterschiedlich und von Anlassfall zu Anlassfall unterschiedlich – manchmal mehr, manchmal weniger informiert. Grundsätzlich treffen die Minister, die zuständig sind, ihre Entscheidungen. Im Regelfall werde ich danach informiert, manchmal werde ich vorher um die Meinung gefragt."

Zur Erklärung:

Vorgeworfen wird Kurz, dass er nicht nur Bescheid wusste. Eine Zusatzvereinbarung ("Sideletter" genannt), die Kurz beim Koalitionsabkommen mit dem damaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache unterschrieb, fixierte ein Nominierungsrecht der ÖVP für den Aufsichtsrat der Beteiligungsgesellschaft. Kurz soll sich laut Strafantrag bei Besetzungsgesprächen beteiligt und aktiv eingebracht haben. Alle Aufsichträte, die die ÖVP bestimmte, seien mit Kurz abgestimmt worden.

3. Vereinbarung? Das kann alles sein

Der NEOS-Abgeordnete Brandstätter fragte auch zu weiteren Vereinbarungen: "Strache an Löger schreibt, es gibt eine Vereinbarung Schmid/Schiefer. – Was war das für eine Vereinbarung?", wollte er wissen. Kurz antwortete: "Bitte um Verständnis, dass ich mich nicht imstande fühle, da zu SMS zwischen Dritten zu beantworten! Das kann alles sein."

Zur Erklärung:

Laut Anklageschrift soll Kurz sehr wohl gewusst haben, was vereinbart wurde. Schmid und Schiefer sollen Postenbesetzungen bei der Finanzmarktaufsicht und dem ÖBAG ausverhandelt haben. 

Melichar erklärt die Kurz-Anklage: Vorwürfe und Erwartungen

PULS 24 Anchorwoman Alexandra Nindl spricht mit "profil"-Journalist Stefan Melichar.

Das erwartet Kurz vor Gericht

Vor Gericht werde man anhand von Tonbandaufnahmen vom U-Ausschuss debattieren, wie einzelne Wörter gemeint waren und ob sich der Ex-Kanzler "in der Hitze des Gefechts verleiten lassen" hat. Auch werde man feststellen, ob Kurz wirklich stärker eingebunden war, was er und die ÖVP in der Vergangenheit immer bestritten haben.

Formal hätte der damalige ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger die Aufsichtsräte bestimmen dürfen, erklärt Melichar, die WKStA vermutet jedoch, dass das Sebastian Kurz und/oder sein engstes Umfeld getan hätten.

Hafenecker: Kurz-Prozess nur die Spitze des Eisbergs

Dass Kurz vor Gericht muss, sei der Beweis, dass die Justiz unabhängig von der ÖVP arbeite, sagt FPÖ-U-Ausschuss-Fraktionsleiter Christan Hafenecker im PULS 24 Gespräch.

ribbon Zusammenfassung
  • Bis zu drei Jahre Haft drohen Sebastian Kurz, wenn er am 18. Oktober vor Gericht steht. Aber wofür eigentlich?
  • PULS 24 hat die drei Aussagen aus dem Protokoll des Ibiza-U-Ausschusses zusammengesucht, die dem Ex-Kanzler vorgeworfen werden und erklärt wieso.

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