Konklave
Experten stellten Berechnungen an: Laut ihnen wird er Papst
Die Budapester Experten aktualisierten ein Modell, das sie anlässlich des Konklaves 2013 entwickelt hatten. Dieses sah den späteren Papst Franziskus weit vorne.
In der Berechnung aus dem Jahr 2013 landete der argentinische Kardinal Jorge Mario Bergoglio auf dem dritten Platz, obwohl er nicht als Favorit gegolten hatte. Das Modell beruhte auf zwei Indikatoren zum Einfluss der einzelnen Kardinäle, ihrer geografischen Entfernung von Rom sowie ihrer ideologischen Ausrichtung.
Jene Kardinäle, die in einer Dimension eine Extremposition einnahmen und in der anderen eine gemäßigte, waren der Annahme zufolge für die Koalitionsbildungen im Konklave besonders wichtig und damit auch begehrt. Der damals zu Papst Franziskus gewählte Bergoglio galt als ideologisch gemäßigt, kam aber zugleich "vom anderen Ende der Welt", wie er selbst sagte.
Zum Konklave 2005 hatten die Experten des HUN-REN Zentrums für Wirtschafts- und Regionalwissenschaften keine Berechnungen angestellt, doch hätte das Modell auch damals halten können. Schließlich setzte sich mit Joseph Ratzinger ein Kardinal durch, der in mittlerer geografischer Entfernung zu Rom lebte und ideologisch eine konservative Extremposition vertrat.
Bruttoinlandsprodukt pro Kopf als Indikator
Für das aktuelle Konklave haben Kóczy und Sziklai ihr Modell verfeinert. So wurde anstelle der zuvor angewandten Google-Suche eine detaillierte Bestimmung der ideologischen Position der Kardinäle (zu Themen wie gleichgeschlechtliche Paare, Zölibat oder Frauenordination) vorgenommen, und der zweite Indikator wurde durch das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf ersetzt. Damit sollte der Tatsache Rechnung getragen werden, dass "Australien als Teil der ersten Welt angesehen wird", so Kóczy, anders als das näher an Rom liegende Afrika.
Nach den vorläufigen Berechnungen der beiden ungarischen Experten hat der tschechischstämmige Kardinal Czerny den größten Einfluss im Konklave. Demnach bestehe eine Wahrscheinlichkeit von 13,2 Prozent, dass der Kurienkardinal in den Beratungen der Papstwähler eine "entscheidende Rolle" spielen, also für die Mehrheitsbildung erforderlich sein werde.
Ihm folgen die Kardinäle Carlos Castillo Mattasoglio (Peru), Pablo Cezar Costa (Brasilien), José Cobo Cano (Spanien) und Francesco Montenegro (Italien) mit jeweils 12,6 Prozent, Mario Grech (Malta, 12 Prozent), John Dew (Neuseeland, 10,8 Prozent), Leonardo Ulrich Steiner (Brasilien, 10,2 Prozent), Juan José Omella (Spanien, 9,2 Prozent) und Domenico Battaglia (Italien, 9,2 Prozent).
US-Kardinal Farrell auf dem elften Platz
Knapp nicht in die Top 10 geschafft hat es der US-Kardinal Kevin Farrell (8,6 Prozent), der als Kardinalkämmerer (Camerlengo) eine zentrale Rolle während der Sedisvakanz spielt. Gute Chancen haben die deutschen Kardinäle Reinhard Marx (7,7 Prozent, Platz 13), Gerhard Ludwig Müller (7,5 Prozent, Platz 16) und Kurt Koch (7,4 Prozent, Platz 17).
Bestplatzierter afrikanischer Kardinal ist Dieudonné Nzapalainga aus der Zentralafrikanischen Republik auf Platz 14 (7,6 Prozent), der Kongolese Fridolin Ambongo Besungu kommt auf Platz 21 (6,8 Prozent). Der ungarische Kardinal Peter Erdö schafft es in der Liste nur auf den 63. Platz (3,5 Prozent).
Die Zusammensetzung des Papstwahlgremiums habe sich in den zwölf Jahren stark verändert, weil Franziskus viele Kardinäle außerhalb Europas ernannt habe, so Kóczy. Der alte Kontinent stelle nur noch ein Drittel der Papstwähler, und es gebe viel mehr liberale Purpurträger. Diese Verschiebungen hätten bewirkt, dass Erdö nun eher als konservativer Kardinal gilt.
Konklave für Spieltheoretiker wegen Autonomie der Kardinäle interessant
"Es ist ein interessantes Experiment, aber ich würde jetzt kein Geld darauf setzen", sagt Kóczy im APA-Gespräch. Für Spieltheoretiker sei die Papstwahl aber insofern interessant, weil die einzelnen Wähler große Autonomie hätten.
In politischen Gremien sei dies nicht so, weil es dort ähnliches Abstimmungsverhalten durch Parteiloyalitäten oder geografische Nähe gebe. Als Katholik glaube er zwar an den Heiligen Geist, "aber er wirkt durch Menschen". Das Konklave dürfte somit "kein Ergebnis bringen, das schwer zu erklären sein wird".
Video: So läuft das Konklave ab
Zusammenfassung
- Die beiden ungarischen Wirtschaftswissenschafter László Á. Kóczy und Balázs R. Sziklai haben vor der Papstwahl spieltheoretisch die chancenreichsten Kardinäle ermittelt.
- An der Spitze der Liste steht nach dem vorläufigen Ergebnis der kanadische Kardinal Michael Czerny, wie Kóczy im APA-Interview erläutert.
- Die Budapester Experten aktualisierten ein Modell, das sie anlässlich des Konklaves 2013 entwickelt hatten. Dieses sah den späteren Papst Franziskus weit vorne.