APA/ROLAND SCHLAGER

"Tatort"-Regisseur Hartl hat sich "von allem befreit"

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Mit "Angriff der Lederhosenzombies" und "Die letzte Party deines Lebens" hat sich Regisseur Dominik Hartl im (Thrash-)Horrorgenre einen Namen gemacht. Nun legt der Steirer am Pfingstmontag (20.15 Uhr, ORF 2) mit "Azra" einen Austro-"Tatort" vor, der tief ins georgische Clanmilieu von Wien eintaucht. Im APA-Interview sprach Hartl über das Brechen von Gesetzen im Namen der Gerechtigkeit, den georgischen Schauspielermarkt in Österreich und Inhalte, die Technik ausstechen.

APA: Die "Tatort"-Fernsehreihe ist älter als Sie. Flößt Ihnen das Respekt ein, oder ist Ihnen das komplett wurscht?

Hartl: Natürlich flößt das Respekt ein. Aber es macht auch den Reiz aus, dass man weiß, es werden viele Leute schauen und sie alle eine Meinung dazu haben. Es ist Teil der Fernsehkultur.

APA: Mit ihren Filmen haben Sie bisher eher ein jüngeres Publikum angesprochen, sich in Nischen bewegt. Mit einem "Tatort" erreicht man potenziell Millionen. Wie kam es dazu?

Hartl: Ich wurde von der Redaktion gefragt, ob ich Bock darauf hätte. Ich kenne die Autorin dieses "Tatort" (Anm.: Sarah Wassermair) schon lange und sehr gut. Ich habe ihr Drehbuch gelesen und wollte es unbedingt machen, weil ich es wirklich toll fand und es mir die Gelegenheit gab, mein Handwerk auszuprobieren.

APA: Was genau hat Sie am Drehbuch interessiert?

Hartl: Mich hat fasziniert, dass die Lösung des Falls direkt mit der emotionalen Reise der Ermittler Bibi und Moritz verknüpft ist. In Krimis ist das häufig voneinander getrennt. Es gibt meist den Mord und eine davon völlig losgelöste Privatgeschichte. Bei diesem "Tatort" spielt es extrem gut ineinander. Thematisch ist spannend, dass es stark darum geht, inwiefern die Polizei das Gesetz biegen und brechen darf, um Gerechtigkeit herzustellen. Auf diese Frage gibt es keine einfache Antwort. Das Ermittlerduo muss dazu aber ganz klar Haltung beziehen.

APA: Sie befassen sich gerne mit Horror - teils auch trashig angehaucht. Haben Sie Ihre Genrevorliebe auch beim "Tatort" einfließen lassen können?

Hartl: Nein. Nach meinem letzten Kinospielfilm "Die letzte Party deines Lebens" habe ich mir eine Auszeit genommen und bin auf der Filmakademie ins Masterstudium eingestiegen, weil ich das große Bedürfnis gehabt habe, mein Handwerk zu verbessern. Dieser "Tatort" war für mich die große Chance umzusetzen, was ich neu gelernt habe. Ich habe mich von allem, was ich davor gemacht habe, total befreit.

APA: Ihr "Tatort" bewegt sich im Clan- oder Mafiamilieu und spielt in Wien. Ich stufe die Stadt als sehr sicher ein. War es herausfordernd so eine Geschichte glaubhaft zu erzählen?

Hartl: Die georgische Mafia war in Wien bis 2010 für einen großen Teil der Hauseinbrüche verantwortlich. Es gab diese Mafia, und sie wurde in einer europaweiten Aktion zerschlagen. Was übrig geblieben ist vom Clan, versucht, nicht mehr als Mafia aufzutreten, sondern ein seriöses Business daraus zu machen. Wir haben nur Georgier oder georgischstämmige Schauspieler für diese Rollen gecastet, um uns von ihnen beraten zu lassen und nicht schräge Behauptungen in den Raum zu stellen.

APA: Gibt es denn einen großen georgischen Schauspielermarkt in Österreich?

Hartl: (lacht) Der georgische Schauspielermarkt in Österreich ist winzig. Deswegen haben wir die beiden erwachsenen georgischen Clanmitglieder aus Georgien einfliegen lassen. Der Clanchef (Anm.: gespielt von Lasha Bakradze) ist eigentlich der Direktor des Literaturmuseums in Tiflis. Er hat lange in Deutschland gelebt und dort auch Schauspielerfahrungen gemacht.

APA: Kurzfilme, Spielfilme, jetzt ein Fernsehfilm und bei einer ORF-Serie namens "School of Champions", die erst erscheint, waren sie als Regisseur tätig. Sie probieren sich offenbar gerade durch sämtliche Spielformen des Filmschaffens. Wo fühlen Sie sich am ehesten beheimatet?

Hartl: Ich will in erster Linie gute Drehbücher umsetzen. Ob fürs Fernsehen oder fürs Kino ist zweitrangig. Die Unterscheidung ist nicht mehr so groß wie früher. Die Ansprüche ans Fernsehen sind in den letzten Jahren extrem gewachsen. Ich habe keine Berührungsängste.

APA: Wohin geht die Reise im Bewegtbildmarkt?

Hartl: Die Inhalte werden wichtiger, weil die Technik immer unwichtiger wird. Man kann mit immer weniger Geld einen besseren Look kreieren. Wenn jeder einen fetten Drohnenflug oder mittels Künstlicher Intelligenz große Massen erzeugen kann, dann wird am Ende des Tages nur das Drehbuch darüber entscheiden, welche Filme sich durchsetzen.

(Das Gespräch führte Lukas Wodicka/APA)

ribbon Zusammenfassung
  • Mit "Angriff der Lederhosenzombies" und "Die letzte Party deines Lebens" hat sich Regisseur Dominik Hartl imHorrorgenre einen Namen gemacht.
  • Nun legt der Steirer am Pfingstmontag mit "Azra" einen Austro-"Tatort" vor, der tief ins georgische Clanmilieu von Wien eintaucht.
  • Im APA-Interview sprach Hartl über das Brechen von Gesetzen im Namen der Gerechtigkeit, den georgischen Schauspielermarkt in Österreich und Inhalte, die Technik ausstechen.

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