APA/Manuel Meyer

25 Jahre Erfolgsgeschichte Guggenheim-Museum Bilbao

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Frank O. Gehry ist trotz seiner 93 Jahre höchstpersönlich aus den USA angereist, um an diesem Jubiläum teilzunehmen: Am 18. Oktober 1997 - vor genau 25 Jahren - wurde in der nordspanischen Küstenstadt Bilbao sein heute weltberühmtes Guggenheim-Museum eröffnet. Der verrückte, dekonstruktivistische Museumsbau aus gewellten Titan-Platten, Sandstein und Glas um Ufer der Nervión wird für immer das ikonischste, das bedeutendste Gebäude des kanadischen Stararchitekten bleiben.

Als Gehry 1993 den Auftrag erhielt, war er bereits ein Star, hatte vier Jahre zuvor den Pritzker-Preis gewonnen. Doch mit dem Guggenheim in Bilbao setzte er sich ein Denkmal in der Architekturgeschichte. Nicht nur wegen der Architektur, sondern auch für das, was sein Kunstmuseum bewirkte. Es verwandelte eine sterbende Industriestadt in eine blühende Kulturmetropole.

Bilbao war damals eine unansehnliche Industriestadt an der nordspanischen Atlantikküste, stand vor dem wirtschaftlichen Verfall. Werften, Eisenhütten und Fabrikanlagen verwaisten und verrosteten. Die Arbeitslosigkeit lag bei 25 Prozent. Die Attentate der Terrorbande ETA taten den Rest, dass immer mehr Menschen wegzogen.

Warum eröffnete die New Yorker Guggenheim-Stiftung ausgerechnet hier ihre Europa-Filiale? Dutzende Städte waren interessiert, das neue Guggenheim-Museum aufzunehmen - sogar Berlin, Barcelona und Venedig. Salzburg lag mit Hans Holleins spektakulärem trichterförmigen Museumsentwurf auf dem Plateau des Mönchsberg besonders gut im Rennen und hatte mit Thomas Krens, dem damaligen Direktor des Guggenheim-Museums in New York, einen einflussreichen Befürworter.

Doch die Uneinigkeit und Debatten in der Salzburger Politik ließen die New Yorker Abstand nehmen. Genau hier fanden die Spanier ihre Lücke. Die Stadtverwaltung, die Provinz- und die Regionalregierung zogen alle an einem Strang. Und man machte der Amerikanern ein unwiderstehliches Angebot: Ihr wählt den Standort, den Architekten und das Projekt und wir bauen es einfach.

"Vor allem aber konnten wir die Guggenheim-Stiftung mit einem städtischen Transformationsplan ohne gleichen überzeugen", erklärt der noch heute amtierende Gründungsdirektor Juan Ignacio Vidarte der APA. Die Stadt verwandelte die verrosteten Werften und Industriegebiete in Grünflächen und Promenaden, ließ den Fluss reinigen und verlegte den innerstädtischen Hafen flussabwärts Richtung Atlantik. Das ermöglichte den Bau von Brücken, mit denen man Stararchitekten wie Santiago Calatrava beauftragte.

Der gestaltete auch einen neuen Flughafen, der Dank der wachsenden Beliebtheit Bilbaos über hervorragende Direktanschlüsse in fast alle europäischen Metropolen verfügt. Sir Norman Foster baute eine U-Bahn, Rafael Moneo eine Bibliothek, der Portugiese Álvaro Siza entwarf Universitätsgebäude und der Franzose Philippe Starck verwandelte das ehemalige Weindepot Alhóndiga in ein trendiges Kultur- und Freizeitzentrum. Die gesamte Stadt wurde grundsaniert. Feine Hotels und Boutiquen entstanden.

Das Museum löste eine Investitionswelle in die boomende Stadt aus. Internationale Firmen siedelten sich in Bilbao an. Der Erfolg überraschte selbst die größten Optimisten. Aus den utopisch geschätzten 400.000 Besuchern pro Jahr wurde rund eine Million. Allein im vergangenen Jahr spülte das Museum 197 Millionen Euro in die Stadt, weit mehr als die 90 Millionen Euro, die der Museumsbau kostete. Heute gehört das Guggenheim-Bilbao mit den Madrider Prado und dem Königin-Sofía-Museum zu den meistbesuchten Museen Spaniens.

Das Guggenheim zeigte seit seiner Eröffnung in 170 Ausstellungen die größten Kunststars unserer Zeit. Zum Jubiläum präsentiert man ab Donnerstag in "Sections/Intersections" ausgesuchte Werke der imposanten Guggenheim-Sammlung. Installationen von John Chamberlain, Malereien von Cy Twombly, Yves Klein und Robert Rauschenberg, Skulpturen von Eduardo Chillida. Andy Warhol, James Rosenquist und Jeff Koons sind in einem Pop-Art Saal zu sehen.

Die großformatigen Gemälde von George Baselitz füllen einen gesamten Saal. Gleich daneben sind die überdimensionalen Werke von Anselm Kiefer und Installationen von Joseph Beuys zu sehen. Im ersten Stock füllen Holzwerke von Doris Salcedo und die große "Bilbao Circle"-Bodenskulptur von Richard Long einen Großteil des riesigen Saals, an dessen Wänden Gerhard Richters "Seestücke" hängen.

Die meisten Besucher kommen aber, um Frank O. Gehrys Gebäude zu sehen. Viele Städte versuchten die mittlerweile als "Bilbao-Effekt" bekannte Erfolgsgeschichte zu kopieren. Die meisten scheiterten jedoch, weil sie den "Bilbao-Effekt" schlichtweg mit einem "Guggenheim-Effekt" verwechselten, meint Roberto San Salvador. "Star-Architektur kann das Ansehen einer Stadt verbessern. Doch das Guggenheim-Museum ist nur das Schlagobershäubchen zahlreicher Entwicklungsmaßnahmen", erklärt der Stadtplanungs-Experte vom CitiesLab der Deusto-Universität in Bilbao.

Tatsächlich gebe es keine "Zauberformel Bilbao", meint auch Alain Thierstein. Der Professor für Raumentwicklung an der Technischen Universität (TU) München untersuchte verschiedene Bilbao-Nachahmer-Projekte - so auch Graz und sein Kunsthaus. Tatsächlich habe die Stadt in der Steiermark ein wenig ihr Image als "Ruhesitz pensionierter Wiener Beamte" abstreifen können. Auch stiegen die Besucherzahlen und das ehemals heruntergekommene Quartier sei durch den biomorphen blauen Kunsthaus-Bau aufgewertet worden. "Dennoch blieb in Graz eine Neupositionierung der Stadt wie in Bilbao aus", so Thierstein zur APA.

Wer weiß: Vielleicht hätte das Guggenheim-Museum in Salzburg, wo es mit der Barockstadt hätte konkurrieren müssen, auch niemals den Erfolg von Bilbao gehabt, wo es der unbestreitbare Star ist. Zumindest bleibt den Salzburgern das jedes Jahr an der Guggenheim-Brücke in Bilbao stattfindende "Red Bull Klippenspringen".

(S E R V I C E - www.guggenheim-bilbao.eus/en)

ribbon Zusammenfassung
  • Die Arbeitslosigkeit lag bei 25 Prozent.
  • Allein im vergangenen Jahr spülte das Museum 197 Millionen Euro in die Stadt, weit mehr als die 90 Millionen Euro, die der Museumsbau kostete.