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Poptrio Folkshilfe kann sich "gegenseitig auffangen"

22. Apr. 2025 · Lesedauer 6 min

Steht die Folkshilfe auf der Bühne, ist die gute Stimmung nicht weit: Das heimische Poptrio sorgt seit mehr als zehn Jahren für positiv getrimmte Sounds, die ebenso in die Beine fahren wie sie den Kopf ansprechen. Das am Freitag erscheinende, fünfte Album "bunt" darf durchaus wörtlich genommen werden: 80er-Flair trifft tanzbare Rhythmen, viel Eingängigkeit und die Quetsch'n als erfrischenden Farbtupfer. "Wir wachsen als Band immer weiter", gibt Florian Ritt die Richtung vor.

Das stimmt in mehrerlei Hinsicht: Denn nicht nur der steigende Publikumszuspruch drückt sich in immer größeren Konzerten aus, auch stilistisch ist die Gruppe wandelbar wie selten zuvor. "In einer Jugendwelt der Musik ist Erwachsenwerden ja so eine Sache", erklärt Ritt, der neben dem Leadgesang u.a. für Ziehharmonika und Synthies zuständig ist. "Ich habe aber das Gefühl, dass wir erwachsen geworden sind. Und zwar in dem Sinn, dass wir als Folkshilfe um unsere Stärken wissen." Eine knackige Hymne mit elektronischen Einsprengseln? Kein Problem, wie "Schritt für Schritt" beweist. Ein vermeintliches Tabuthema ans Licht holen? Gelingt dem noch aus Drummer Gabriel Fröhlich und Gitarrist Paul Slaviczek bestehenden Trio mit "Therapie" im Handumdrehen.

Ging es beim Vorgänger "vire" nach der Pandemie um den Blick nach vorne, sei man jetzt "mitten im Leben", betont Ritt im APA-Gespräch. Dass es nicht immer leicht sei, verstehe sich von selbst. So spiegeln sich die Sonnen- wie Schattenseiten des Lebens in den Texten wider, wobei die Band als Fels in der Brandung fungiere. "Wenn es einem von uns schlecht geht, dann können wir uns gegenseitig auffangen. Gott sei Dank sind wir drei noch nie gleichzeitig wahnsinnig geworden", lacht der Musiker. "Aber irgendwas ist ja immer. Das steckt auch in diesem Album: Es braucht Mut!" Die Gesellschaft befinde sich in einem Wandel, "das stresst alle". Während die Politik oft mit Populismus und Problemen agiere, brauche es eigentlich Konstruktivität. "Damit wir dieses bunte Leben bestreiten können und eine Vorstellung bekommen, wie es in Zukunft ausschauen könnte."

Manchmal reicht aber auch ein Innehalten, um sich auf das Wesentliche zu besinnen, was im gemeinsam mit Paul Pizzera eingespielten Song "Owa vom Gas" proklamiert wird. Wie gut es tut, sich in sonnige Gefilde zu träumen, verrät wiederum das locker-leichtfüßige "Weit weg". Man merkt: Folkshilfe sieht das Glas lieber halbvoll anstatt halbleer. "Melancholisch oder eher dunkel in der Betrachtung des Lebens bin ich eh genug, also versuche ich über die Musik auf die anderen Dinge hinzuschauen", verrät Ritt. Es sei leicht, Dinge zu kritisieren oder sich vor ihnen zu verstecken. Andererseits passieren auch den aufgeschlossensten Menschen Fehler. "Wir alle werden dem nicht gerecht, was uns beschäftigt", spricht der Sänger einen gewissen gesellschaftspolitischen Druck an.

Grenzüberschreitung und Zeitgeist

Wie dem aber begegnen? Ein gutes Rezept ist sicherlich Offenheit und ein bewusster Umgang. "Gerade Humor lebt ja auch von einer Grenzüberschreitung", bezieht sich Ritt auf seine teils augenzwinkernden Texte. "Aber welche kann man noch machen, welche nicht? Das ist schon so ein Zeitgeist. Wir reden viel darüber, und das ist auch gut so! Streiten bedeutet ja nicht, dass alles im Arsch ist, sondern dass viel passiert." Für ihn sei "die Königsdisziplin, Haltung einzunehmen und für etwas zu stehen. Die Dinge auch zu gestalten und nicht nur zu sagen: Alles ist scheiße, es ist sowieso schon wurscht." Dieser Zugang findet sich etwa im eklektischen "Ana für olle", aber auch dem betont rockigen "Opportunist". Hier wird die Folkshilfe politisch, ohne mit dem Zeigefinger zu agieren.

Eine Neuerung ist das Feature von Sängerin Miriam Hufnagl alias Avec, die in "Home/Dahoam" zu hören ist. Das erste bilinguale Werk habe "Zeit gebraucht", nickt Ritt. "Es hat reifen müssen. Mit einem internationalen Act wäre das nicht gegangen." Stattdessen habe sich zu Avec über die Jahre eine Freundschaft entwickelt, die den Song erst ermöglicht habe. "Dann entsteht auch diese Substanz, die es braucht. Vielleicht haben wir dieser Musikwelt damit etwas hinzugefügt, was es wirklich wert war." Wie das fertige Album beim Publikum ankommt, sei aber nicht vorherzusagen. "Wir wissen nicht, was mit den Songs passieren wird", überlegt Ritt. "Wir haben uns schon so oft getäuscht."

Veränderung als Konstante

Die größte Konstante der Band sei ohnedies die Veränderung, wirft Slaviczek ein. "Die ständige Weiterentwicklung. Das anzunehmen braucht auch seine Zeit. Dass man nicht an Dingen festhängt, nein: Es geht immer dahin! Alles ändert sich. Da ist es gut, dass wir drei uns haben." Im Kern der Gruppe stehe schließlich die Freundschaft. "Natürlich hat es Phasen gegeben, in denen es uns schlecht gegangen ist", gibt sich Fröhlich nachdenklich. Man verbringe durch das gemeinsame Touren einfach unglaublich viel Zeit miteinander. "Da muss man teilweise gar nichts mehr sagen, sondern spürt es schon, ob auf der Bühne oder wo anders." Ohne dieses Verständnis würde es nicht funktionieren. "Darum ist es uns ein Anliegen, daran zu arbeiten. Ziel ist es ja, das Ganze bis zur Pension zu machen", lacht der Drummer.

Insofern heißt es dranbleiben, denn ein klassisches Erfolgsrezept gebe es in der Musik nicht. "Es ist ja nicht so, als würde man eine Arztpraxis aufmachen und schauen, wie es bei den anderen zugeht", grinst Ritt. Klar sei nur: "Es braucht uns alle drei." Wie unterstützend der Bandkosmos auch sein kann, habe er beim Tod seines Vaters Ende 2023 erkannt. "Das war eine grenzwertige Situation", doch Bandkollegen und Crew seien für ihn da gewesen. Verarbeitet hat er diese Erfahrung im Song "Ohne di", wobei die Frage war: "Will ich es wirklich veröffentlichen? Mittlerweile bin ich der Meinung, dass es das Wertvollste ist, was jemals aus mir rausgekommen ist. Weil es so echt ist." Und weil der Song Menschen in ähnlichen Situationen möglicherweise ein Trost ist. Das ist eben auch Folkshilfe, das ist eben auch "bunt".

(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)

(S E R V I C E - Folkshilfe live: 13. Juni Nova Rock Festival Nickelsdorf, 18. Juli Klassik am Dom Linz, 2. August Acoustic Campfire Festival Kindberg, 25. September Conrad Sohm Dornbirn, 16. Oktober Gasometer Wien, 17. Oktober Orpheum Graz, 18. Oktober Music Hall Innsbruck; www.folkshilfe.at)

Zusammenfassung
  • Das Poptrio Folkshilfe veröffentlicht am Freitag sein fünftes Album 'bunt', das 80er-Flair mit tanzbaren Rhythmen und Eingängigkeit kombiniert.
  • Die Band zeigt sich stilistisch wandelbar und spricht in ihren Songs auch Tabuthemen an, wie das Lied 'Therapie' beweist.
  • Florian Ritt hebt die Bedeutung von Mut und Konstruktivität hervor, um die Herausforderungen des Lebens zu meistern.
  • Mit der Sängerin Miriam Hufnagl alias Avec hat Folkshilfe im Song 'Home/Dahoam' ein bilinguales Werk geschaffen.
  • Folkshilfe plant mehrere Live-Auftritte, darunter am 13. Juni beim Nova Rock Festival und am 18. Juli bei Klassik am Dom in Linz.