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Tag 2 am Nova Rock: Stabiles Wetter, dafür technische Troubles

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Im Burgenland sind die Rock-Fans nach einer ersehnten trockenen Nacht in den zweiten Tag gestartet. Das Wetter blieb am Donnerstag stabil, dafür mussten Bands und Fans auf der Red Bull Stage Durchhaltevermögen beweisen.

Von wegen Abschied: So wie die kanadische Punkband Sum 41 am späten Donnerstagnachmittag ihren Slot auf der Blue Stage des Nova Rock-Festivals absolvierte, wollte man keineswegs glauben, dass Deryck Whibley und Kollegen bald Schluss machen. Die Fans hatten jedenfalls ihren Spaß an einem Tag, der mit sommerlichen Temperaturen, Sonnenschein, aber auch Wolken, Donner und Regen so ziemlich alles bereithielt, was es bei einem Open-Air-Event geben kann.

Erst vor wenigen Wochen haben Sum 41 angekündigt, noch ein neues Album zu veröffentlichten und dann auf Abschiedstournee zu gehen. Vielleicht war also der Hit-gespickte und mit einigen Covers (Rage Against The Machine!) versehene Gig am Nova Rock schon der letzte in Österreich. Verfolgt haben die Darbietung jedenfalls viele, platzte das Gelände vor der Bühne doch aus allen Nähten und wurde den Animationsaufforderungen Whibleys artig Folge geleistet. Ein Punkrock-Holiday, wie er im Bilderbuch steht.

"Rock and Roll is here to stay - forever!"

Als Opener auf der Red Stage hatte die österreichische Gothic-Metal-Band Autumn Bride eine ordentliche Performance hingelegt. Danach versorgte die Frauenband Thundermother das Publikum mit Riffrock der alten Schule. "Das ist ja nichts Schlechtes, im Gegenteil", sagte Gitarristin Filippa Nässil im APA-Gespräch. "Rock and Roll is here to stay - forever!" Anleihen bei AC/DC waren ebenso wenig zu überhören wie der Einfluss von Joan Jett oder Girlschool. "Bei uns gibt es keine Backing-Tracks, das ist das Wichtigste", betonte Sängerin Linnéa Vikström. "Wir sind nicht ausgezogen, um das Rad neu zu erfinden. Wir wollen Rock and Roll spielen und Spaß haben."

Bandleaderin Nässil sind vor einiger Zeit alle Mitstreiterinnen abhanden gekommen, Thundermother haben seit heuer eine neue Besetzung. Die Chemie zwischen den Musikerinnen scheint zu stimmen. "Das ist das beste Team, in dem ich je war", nickte Nässil. Mit den Festivalbedingungen haben die Frauen keine Probleme: "Wir lieben den Schlamm!", riefen sie im Chor. "Wir standen auch schon bei Festivals bis zu den Hüften im Wasser." Wie es ihnen als Frauenband im männerdominierten Rockbusiness gehe? "Als wir noch jünger waren, war es übel", sagte Nässil. "Jetzt erweist man uns Respekt. Die Leute wissen jetzt, dass wir eine gute Band sind."

Gitarristin Filippa Nässil während eines Konzertes der Band "Thundermother"APA/FLORIAN WIESER

Gitarristin Filippa Nässil während eines Konzertes der Band "Thundermother"

Fremde Gitarren für Blind Channel

Auf der Blue Stage sorgten parallel dazu Blind Channel für ausgelassene Partystimmung. Die Finnen mussten jedoch improvisieren, weil ihre Ausrüstung nicht rechtzeitig ankam. "Wir waren gestern Headliner in der Schweiz, haben nur zwei Stunden geschlafen, und dann sagt man uns am Flughafen, wir sollen uns keine Sorgen machen, das Equipment ist bis zum Abend da", lachte Sänger Niko Moilanen im APA-Interview. "Ok, aber wir spielen am Nachmittag. Also haben wir zuerst mal gefragt, ob uns jemand eine Gitarre borgen kann. So kam eines zum anderen - und wir performen gut unter Druck", grinste er.

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Sind Blind Channel geborene Entertainer? "Das weiß ich nicht, aber was ich weiß, ist, dass wir von Kindheit an Rockstars werden wollten", so Moilanen. "Wir haben jung begonnen, wir wussten gar nicht, wie wir es angehen sollten. Also haben wir ganz viel verrückten Scheiß getan. Daraus ist unser Sound geworden." Als man vor zehn Jahren erste Songs an Radiostationen geschickt habe, sei man dort ratlos gewesen, erzählte Joel Hokka, zweiter Sänger bei Blind Channel. "Sie wollten, dass wir unsere Musik beschreiben. Wir haben nach einem kurzen, markanten Slogan gesucht und kamen auf 'violent pop' - heute ist das unsere Marke."

Mittlerweile akzeptiert auch das Publikum den Stilmix. Früher sei das nicht so gewesen, sagte Hokka: "Wir waren zu poppig für ein Rockfestival und zu heavy für ein Popfestival. Wir wurden ausgebuht, aber wir spielten weiter nach dem Motto: 'Ihr könnt uns mal, wir bringen euch dazu, uns zu mögen.' Am Ende der Show hüpfte das ganze Publikum zu unseren Liedern. Manche nannte uns die Backstreet Boys der Metalszene. Sie wollten uns beleidigen. Aber genau so wollten wir sein, daher fassten wir das als Kompliment auf." Darum gab es nach dem Auftritt von Blind Channel "Backstreet's Back" zu hören - und hart gesottene Metalfans sangen mit.

Technische Probleme auf der Red Bull Stage

Eine grandiose Show zogen Bob Vylan auf der Red Bull Stage ab: Eine furiose wie intelligente Mischung aus Grime-Rap und Punkrock mit Zutaten aus Indie-Rock und (etwas) Reggae war zu hören. "Warum sollte man sich limitieren?", stellte Sänger Bob Vylan gegenüber der APA eine rhetorische Frage. "Stell dir vor, du würdest sagen: Ich kann gut Lasagne kochen, also gibt es jeden Tag Lasagne. Was macht das für einen Sinn? Wir machen, was uns gerade gefällt. Wenn das ein Reggae-Song ist, dann eben Reggae, wenn wir Lust auf Punk haben, dann Punk - und wenn Grime passt, dann eben Grime. Wenn ich eine Soulstimme hätte, würden wir sicher auch einen Soulsong auf einem Album haben."

Neben der kulturellen Vielfalt in der Musik gehören sozialkritische Texte zur britischen Band: "Unsere Wurzeln liegen in der Karibik, dort stammen unsere Vorfahren her. Mein Vater ist Jamaikaner, aber nur deshalb, weil seine Vorfahren in Afrika versklavt wurden. Wenn man sich dessen bewusst ist, drückt sich das natürlich in der künstlerische Arbeit aus. Wir beide sprechen ständig darüber und über aktuelle politische Themen. Da würde es seltsam anmuten, wenn wir über Trinken und Party singen würden." Mit "wir beide" meint Bob Vylan den Band-Drummer, der auch Bob Vylan heißt. So wüteten sie stattdessen gegen die Monarchie und Fremdenfeindlichkeit ("Ihr wollt euer Land zurück? Haltet das Maul!").

Sänger Matthew Davies während eines Konzertes der Band "Funeral for a Friend"APA/FLORIAN WIESER

Sänger Matthew Davies während eines Konzertes der Band "Funeral for a Friend"

Bis zu ihrer Show musste sich das Publikum aber gedulden, gab es doch technische Probleme auf der Red Bull Stage. Deshalb wurde etwa auch der Gig der Wiener Band Leftovers auf den morgigen Freitag verschoben. "Wir dachten uns einfach: Fuck it, unsere Fans sind eh die geilsten", meinte Sänger Leonid zur APA, nachdem die Gruppe die hartnäckig wartenden Anhänger über eine halbe Stunde lang mit Singalongs, Drumming und Circle Pits unterhalten hatte. "Wir wollten den Menschen einfach die Energie geben", betonte Drummer Leon. Nun überwiege aber die Vorfreude.

Polizei spricht von "friedlichem Ablauf"

Lange Warten mussten Fans auch auf die walisische Post-Hardcore-Gruppe Funeral For A Friend, die nach längerer Pause erst 2019 wieder zusammengefunden hatte. Der Anlass war damals ein trauriger, war doch ein enger Freund der Band verstorben. In seinem Gedenken organisierte man Benefizshows - und eines führte zum anderen. Am Nova Rock sorgten Songs wie das eingängige "Rookie of the Year" oder das knallharte "The End of Nothing" für reichlich Action im Pit. "Es macht wahnsinnig viel Spaß", meinte Gitarrist Darran Smith danach. "Aber gleichzeitig sind wir es auch nicht mehr gewöhnt." Sein Kollege Kris Coombs-Roberts verglich es mit Hausschuhen, die man schon lange nicht mehr getragen hat. "Zuerst ist es eigenartig, aber fühlst du dich wieder wohl."

Der zweite Festivaltag lief laut Bezirkshauptfrau Ulrike Zschech ruhig wie der erste ab. Das Gelände sei zwar gatschig, die Besucher aber gut vorbereitet, sagte sie am Donnerstagnachmittag. Auch die Polizei sprach von einem "sehr friedlichen" Ablauf. Bisher habe es lediglich kleinere Einsätze vor allem wegen Diebstahls gegeben.

ribbon Zusammenfassung
  • Die Kanadische Band Sum 41machte trotz Abschiedsankündigung viel Stimmung.
  • Bands und Fans auf der Red Bull Stage mussten wegen technischer Troubles Durchhaltevermögen beweisen
  • Thundermother überzeugte mit klassischen Rockzutaten.
  • Die Fans hatten jedenfalls ihren Spaß an einem Tag, der mit sommerlichen Temperaturen, Sonnenschein, aber auch Wolken, Donner und Regen so ziemlich alles bereithielt, was es bei einem Open-Air-Event geben kann.

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