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Musikprojekt mit Hilfe von KI: "Das Blaue Familienalbum"

Heute, 04:01 · Lesedauer 4 min

"Unerwartet tiefe Einblicke in die aktuelle Politlandschaft und in die Seele der österreichischen Nation" soll ein Projekt geben, dessen Release als Musik für Mitte Jänner geplant ist, das aber auch als Hörbuch oder gar als Bühnenrevue größere Kreise ziehen könnte. "Das Blaue Familienalbum" nennen Gerhard Ruiss und Christopher Just ihren Versuch, Vergangenes - um nicht zu sagen: ewig Gestriges - mit modernster Technik wiederzubeleben. Für Musik und Design wird KI eingesetzt.

Ruiss, als Musiker eher mit Gitarre anzutreffen und als Nachdichter Oswald von Wolkensteins bekannt, verbindet dabei zwei Themenbereiche, die ihn im Hauptberuf als Geschäftsführer der IG Autorinnen Autoren auf Trab halten: der Kampf gegen das Wiedererstarken rechter Politik und gegen den Diebstahl menschlicher Kreativleistungen durch global tätige Techgiganten. So heißen die Songs aus Ruiss' Feder etwa "Kickl, waumma Kaunzla san" oder "Altherrenburschenherrlichkeit", gibt es einen "New Tradwife Song" und einen "Urfahraner Bierzeltsong", doch statt den Akkorden traditionellen Liedermacherhandwerks rauscht der Sound der neuen Zeit durch die Texte.

Von einer "tolldreisten Verwurstung des Stoffs durch einen maschinellen Fleischwolf" spricht man beim Label Monkey Music über das, was der Wiener Musiker, DJ und Autor ("Der Moddetektiv") Christopher Just mit seinen Kompositionen und Arrangements daraus gemacht hat. "Eine bis zum Stimmversagen fiepsende Sängerin und ein bis zum Stimmüberschlagen nach Ausdruck ringender Sänger versenken sich in den Kosmos der Aufnahmen einer nie versiegenden Vergangenheit, bis ins Heute heraufreichenden Gegenwart und sich für nächste Generationen vorankündigenden Zukunft", macht die Ankündigung neugierig. Frauen- und Männerstimme wurden aus menschlichen Stimmproben digital weiterentwickelt. Gleiches gilt für den Backgroundchor. Das Orchester ist gleich gänzlich synthetisch - und verfügt daher über größtmögliche musikalische Bandbreite, von der Sologitarre bis zur Big Band.

"Die Arbeit mit KI ermöglicht mir, das größte Orchester des Universums zur Verfügung zu haben, mit allen möglichen und unmöglichen Musikgenres, Arrangements, Interpret:innen, Instrumenten und Instrumentationen", so Just, der seine Arbeitsweise gegenüber der APA als ein Herantasten beschreibt. "Ich beginne mit einem mir zum Text passend erscheinenden Prompt betreffend Musikstil, um dann nicht selten festzustellen, erst mal zu stereotyp, zu platt gedacht zu haben." Einen Text über das Wir-Gefühl im Bierzelt mit volkstümlicher Musik zu illustrieren, sei eben "mäßig originell". "Allerdings ist zumeist eine Nachbearbeitung der reinen KI Resultate von Nöten, da diese - obgleich sie auf der einen Seite verblüffend kreativ, gar humorvoll und witzig ausfallen können - sich andererseits gerne als berechenbar und recht durchschnittlich ausnehmen."

Ein Konzeptalbum als große Gegenerzählung

"Das Blaue Familienalbum" ist ein Konzeptalbum, wie es im Buche steht - und ein Buch ist für Ruiss ebenso denkbar wie eine veritable Revue. Er vermisst heute "die großen Gegenerzählungen wie von Brecht/Weill mit der 'Dreigroschenoper' oder von Rodger/Hammerstein mit 'Sound of Music' und dem Song 'Edelweiss', zu dem das Publikum eingeladen ist mitzusingen und die Nazis auszubuhen und auszupfeifen". Das "Blaue Familienalbum" hole "die Reden von den Pulten und unterzieht ihre Welt- und Menschensicht und Rollenbilder Nagelproben. Zeigt sich z. B. wer wie beim letzten EU-Wahlkampf auf einem Plakat zwischen Vorhängen mit dem Slogan 'Vorhang auf für Österreich' wie auf einer Kasperle-Bühne, muss man das nur noch ernst genug nehmen."

"Das Blaue Familienalbum ist ein Album voller Bilder und Erinnerungen an das Unvergängliche, Unvergessliche, das Unerschütterliche und Unzertrennliche, wie es einmal war und wieder werden kann oder wie es gewesen und geblieben ist und weiter bestehen bleiben soll", verrät Ruiss, und wer dahinter Sarkasmus und Satire vermutet, liegt wohl richtig: "Das Ringen nach Luft und um Fassung zahlt sich letztendlich aus, zurück bleiben die schönen Seiten."

Album-Release am 16. Jänner

Der Album-Release ist für den 16. Jänner vorgesehen. "Gerade rechtzeitig zum Neujahrstreffen der FPÖ am 17. Jänner in Klagenfurt", meint Ruiss - und wer das ebenfalls KI-generierte Cover gesehen hat, kann sich vorstellen, dass sich "Das Blaue Familienalbum" dort durchaus gut verkaufen könnte.

Zusammenfassung
  • Das Musikprojekt "Das Blaue Familienalbum" von Gerhard Ruiss und Christopher Just nutzt Künstliche Intelligenz für Musik, Stimmen und Design, um satirisch auf die österreichische Politik und gesellschaftliche Themen einzugehen.
  • Das vollständig synthetische Orchester und digital weiterentwickelte Stimmen ermöglichen eine große musikalische Bandbreite, wobei Songs wie "Kickl, waumma Kaunzla san" gezielt aktuelle politische Entwicklungen kommentieren.
  • Der Album-Release ist für den 16. Jänner geplant, einen Tag vor dem FPÖ-Neujahrstreffen in Klagenfurt, und das KI-generierte Cover könnte dort für Aufmerksamkeit sorgen.