Song Contest
Der (un-)politische ESC: Die vielen Aufreger in Basel
Der Eurovision Song Contest (ESC) steht, heuer in Basel in der Schweiz stattfindend, vor alten Problemen. Die Europäische Rundfunkunion (EBU) will keinesfalls politisch sein und ist es damit oft erst recht.
Der ESC im Vorjahr in Malmö war von den Krisen der Welt überschattet. Die israelische ESC-Teilnehmerin Eden Golan stand unter Polizeischutz, war von Drohungen und Buhrufen betroffen. Mehrere Krisensitzungen beschäftigten die EBU.
Und dann gab es auch noch eine umstrittene Disqualifizierung. Zur Erinnerung: Der niederländische ESC-Kandidat Joost Klein wurde wegen Drohgebärden gegenüber einer Kamerafrau disqualifiziert und vom ESC ausgeschlossen. Dabei hatte sein Beitrag gar das Zeug zum Sieg. Die Folge? Ein verärgerter niederländischer Rundfunk "Avrotros", der die Punktevergabe im Finale schwänzte, und Ermittlungen der schwedischen Behörden.
Die Ermittlungen gegen Joost wurde mittlerweile eingestellt. Aber der niederländische Groll besteht weiter: Der Sender will erneut das Gespräch mit der EBU suchen.
Keine Regenbogenflagge am ESC
Ein Jahr später in der Schweiz versucht man, etwaige Skandale zu umgehen. Wie immer mit Verboten. So dürfen Künstler:innen beim ESC heuer nur mit offiziellen Landesflaggen des Landes, für das sie antreten, die Bühne. Die Regenbogenflagge ist damit nicht mehr auf der Bühne erlaubt. Bei Verstoß drohen Strafen bis hin zur Disqualifikation. Politische Botschaften sollen damit vermieden werden.
Im Publikum können allerdings alle Flaggen, die in der Schweiz erlaubt sind, geschwungen werden - damit auch die palästinensische.
Israels Sender erstattet Anzeige
Der Nahost-Konflikt ist in Basel wie im Vorjahr omnipräsent. Ob Israels Kandidatin Yuval Raphael so wie Vorgängerin Golan ebenso Polizeischutz erhält, ist nicht bekannt. Israels Teilnahme sorgte allerdings auch heuer für Proteste.
Bei der Eröffnungsparade für den Musikwettbewerb ging ein Demonstrant gar so weit und spuckte laut israelischen Berichten in Richtung der Delegation. Ein Demonstrant soll Raphael zudem eine Morddrohungsgeste gezeigt haben. Der israelische Rundfunk Kan hat Anzeige erstattet.
Der Sender Kan veröffentlichte ein Video, auf dem ein Mann mit palästinensischer Flagge zu sehen ist, der sich mit seiner Hand in einer Kopf-abschneiden-Geste über den Hals fährt. Nicht zu erkennen ist, wem die Geste galt.
Die 24-Jährige ist eine Überlebende des Hamas-Terrorüberfalls am 7. Oktober 2023 im israelischen Grenzgebiet. Sie war auf dem Nova-Musikfestival, auf dem Terroristen aus dem Gazastreifen ein Massaker anrichteten und Hunderte Menschen ermordeten.
Nein für "Kant"
Für Aufsehen sorgte auch der Song der maltesischen Song-Contest-Starterin Miriana Conte. Sie hatte in ihrem Song das Wort "Kant" verwendet, was auf maltesisch "singen" bedeutet. Das Wort klingt im Song aber ähnlich dem englischen Wort "Cunt", eine obszöne Bezeichnung für das weibliche Geschlechtsorgan. Die britische BBC darf keine Kraftausdrücke übertragen und legte Beschwerde ein.
Zack: Conte durfte "Serving Kant" nicht mehr in ihrem Song verwenden. Es sei laut ESC ein "vulgärer Begriff für die äußerlichen, primären weiblichen Geschlechtsorgane". Zudem sei nur das eine Wort auf Maltesisch und der Rest auf Englisch.
Zu viel Haut geht für EBU nicht
Auch gegen das Outfit der Finnin Erika Vikman regte sich Widerstand. Sie setzte in der Bühnenshow zu ihrem Song "Ich komme", in dem es um die weibliche Lust geht, auf Fetischlook mit viel nackter Haut. Der EBU ist das Outfit zu anzüglich.
Übrigens: Der deutsche Beitrag "Baller" des österreichischen Duos Abor & Tynna war in der Ursprungsfassung nicht regelkonform. Denn es wurde hörbar Autotune eingesetzt.
Darf Österreich hoffen?
Aktuell muss ebenso der schwedische Beitrag, die Band KAJ mit "Bara Bada Bastu", schwitzen. Schweden führt die Wettquoten aktuell an, ihr Song soll aber Ähnlichkeiten zum indischen Lied "Enough is Enough" aufweisen. Viele fordern eine Disqualifikation Schwedens.
Bisher hat sich die EBU dazu noch nicht gemeldet. Da Schweden bereits am Dienstag im Halbfinale steht, wird sich daran wohl nichts mehr ändern.
Für Österreichs Song-Contest-Starter JJ, dessen Bühnenshow bisher noch für keine Kontroverse sorgte, wäre eine Disqualifikation Schwedens ein Vorteil. Bei den Buchmachern liegt Österreich aktuell auf Platz 2!
Zusammenfassung
- Unter dem Motto "United by Music" (z. Dt.: "Vereint durch Musik") wird der Song Contest heuer in Basel über die Bühne gehen.
- Gerade wegen mehrerer Skandale und Verbote, die bereits angekündigt wurden, scheint die Maxime etwas fraglich.
- So wurde etwa der Songtitel des maltesischen Beitrags gestrichen. Auch Regenbogenflaggen sind heuer auf der Bühne verboten.