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Wie Europas Staaten mit Corona in der Weihnachtszeit umgehen

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In Frankreich sind die strengen Ausgangsbeschränkungen ein weiteres Stück gelockert worden. In Italien nehmen die Todesfälle zu. Schweden hat beim Schutz der Älteren versagt.

Seit Dienstag können sich die Menschen im Land tagsüber wieder ohne Formulare und Einschränkungen bewegen. Neu ist allerdings eine Art abendlicher Ausgangssperre. In Deutschland ist die Corona-Lage nach Einschätzung des staatlichen Robert Koch-Instituts (RKI) so ernst wie nie zuvor in der Pandemie. Die Fallzahlen seien so hoch wie noch nie, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler.

In Frankreich dürfen die Menschen zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr nur mit triftigem Grund auf die Straße - dazu zählen der Arbeitsweg, Kinderbetreuung oder medizinische Notfälle. Es ist außerdem erlaubt, Haustiere auszuführen. Anders als vorher ist es aber in diesem Zeitraum nun nicht mehr möglich, Sport zu treiben oder zu spazieren.

Für viele Menschen im Land fühlt sich die neue Regelung daher teilweise gar nicht wie eine wirklich große Lockerung an. Die zuvor geltenden Ausgangsbeschränkungen waren in Paris zum Beispiel kaum noch kontrolliert worden. Auch sind die Lockerungen nun weniger weitgehend als zunächst angekündigt. Eigentlich sollten auch Kinos, Theater oder Museen wieder öffnen. Da die Zahl der Neuinfektionen aber nicht so stark gesunken ist wie erhofft, ist dies nun erstmal verschoben worden. Eventuell können sie ab dem 7. Jänner öffnen.

Heiliger Abend ohne Einschränkungen

Die Regierung hat ein neues Formular für die abendlichen Einschränkungen online gestellt. Einzig am Heiligen Abend sollen diese nicht gelten. Die Öffnung der Restaurants hatte Präsident Emmanuel Macron für den 20. Jänner in Aussicht gestellt. Premier Jean Castex betonte am Dienstag jedoch, dass dies nicht sicher sei. "Es wird davon abhängen, wie wir die Festtage überstehen", sagte er dem Sender Europe 1. Während der Weihnachtsferien könne das Virus wiederaufflammen.

Macron hatte Frankreich Ende Oktober in einen strengen Lockdown geschickt, erst Ende November durfte der Einzelhandel wieder öffnen. Das Land war von der Corona-Pandemie hart getroffen - konnte aber mit den strengen Regelungen recht schnell Erfolge verbuchen. Seit einigen Wochen stagnieren die Zahlen aber - das Ziel von im Schnitt 5.000 Neuinfektionen pro Tag konnte nicht erreicht werden.

Deutschland: Weiterer Lockdown ab Mittwoch

Mit zwischen 12.000 und 29.000 gemeldeten Neuinfektionen pro Tag lägen die Fallzahlen im Dezember in Deutschland deutlich höher als im November, führte RKI-Präsident Wieler aus. Aktuell seien 325.000 Menschen in Deutschland mit SARS-CoV-2 infiziert, in den Sommermonaten seien es wenige Tausend gewesen. Immer stärker betroffen sei die Gruppe der 80-Jährigen, mit besonders hohem Risiko für schwere und tödliche Krankheitsverläufe.

Am Mittwoch tritt ein weitgehender Lockdown in Deutschland in Kraft, der zunächst bis 10. Jänner gelten soll. Spahn rechnet jedoch nicht mit schnellen Effekten für die Eindämmung der Pandemie. "Auch eine Vollbremsung wird eine lange Bremsspur haben", sagte er.

Die deutschen Gesundheitsämter haben dem RKI 14.432 neue Fälle und 500 Todesfälle binnen eines Tages übermittelt, wie das RKI am Dienstag bekannt gab. Die Gesamtzahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit SARS-CoV-2 gestorben sind, stieg auf 22.475.

Italien: Weiter hohe Zahl an Todesfällen

In Italien stieg die Zahl der Todesopfer in Zusammenhang mit dem Coronavirus wieder stark. Am Dienstag wurden 846 Personen gemeldet, die an oder mit Covid-19 gestorben sind. Am Vortag waren es noch 491 Personen. Damit stieg die Zahl der Toten seit Beginn der Pandemie in Italien auf 65.857. Italien ist vor Großbritannien das europäische Land mit den meisten Coronavirus-Todesopfern.

Die Zahl der registrierten Neuinfektionen stieg in Italien innerhalb von 24 Stunden von 12.030 auf 21.799. Die Zahl der in Spitälern behandelten Covid-19-Patienten sank von 27.765 auf 27.342, berichtete das Gesundheitsministerium in Rom. Die Zahl der Patienten auf den Intensivstationen fiel auf 3.003, das sind 92 weniger als am Montag. Derzeit befinden sich 636.958 Personen in Heimisolation.

Schweiz: Spitäler an Belastungsgrenze

Schweizer Krankenhäuser sind wegen der Corona-Pandemie an der Belastungsgrenze - und der Ruf nach einem Lockdown wird immer lauter. "Wir können uns nicht vorstellen, dass wir um einen Lockdown herumkommen", sagte der Direktor des Universitätsspitals Zürich (USZ), Gregor Zünd. Im Kanton Zürich liege der R-Wert bei 1,16 - das heißt, dass 100 Infizierte rechnerisch 116 weitere Menschen anstecken.

Am Dienstag meldete das Bundesamt für Gesundheit 4.271 neue Corona-Infektionen. Über sieben Tage betrachtet lag die Ansteckungsrate pro 100.000 Einwohner zuletzt über 300, in Deutschland liegt sie unter 180.

Schweden versagte bei Schutz der älteren Mitbürger

Schweden hat es nach Angaben einer eingesetzten Corona-Kommission nicht geschafft, seine älteren Mitbürger vor dem Coronavirus zu schützen. Länger bekannte strukturelle Probleme sowie mehrere Faktoren wie der Mangel an geeigneter Schutzausrüstung und die späte Einführung umfassender Tests hätten dazu beigetragen, dass die Altenpflege schlecht vorbereitet und schlecht ausgerüstet zur Handhabe einer Pandemie gewesen sei, heißt es in einem Bericht.

"Die Strategie zum Schutz der Älteren ist gescheitert", urteilte die Kommission. Die Angestellten in der Altenpflege seien in der Krisensituation großteils alleine gelassen worden. Die Verantwortung für die Versäumnisse liegt der Kommission zufolge letztlich bei der amtierenden Regierung und den Vorgängerregierungen.

Schweden hat in der Corona-Krise eine spezielle Strategie mit weniger strikten Maßnahmen verfolgt. Bisher wurden mehr als 340.000 bestätigte Corona-Infektionen sowie 7.667 damit in Verbindung stehende Todesfälle verzeichnet.

 

Britische Behörden informierten die Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterdessen über eine in Großbritannien gefundene neue Variante des Coronavirus SARS-CoV-2. Studien dazu liefen, wie eine Sprecherin der WHO am Dienstag in Genf sagte. "Bisher wissen wir sehr wenig über diese Variante", sagte der Physiker Richard Neher, der am Biozentrum der Universität Basel die Evolution von Viren und Bakterien erforscht. Unklar sei etwa, ob eine der Mutationen mit einer reduzierten Erkennung durch das Immunsystem einhergehe. Die britischen Behörden erforschten dies zur Zeit, so die WHO.

Weil die neue Virusvariante in kurzer Zeit bei mehr als 1.000 Menschen im Südosten Englands nachgewiesen wurde, prüfen die britischen Behörden auch, ob sie ansteckender ist als die bekannten Varianten. "Ob sich die Variante tatsächlich schneller ausbreitet, kann man zu diesem Zeitpunkt nicht sagen", meinte Neher. "Das plötzliche Auftreten könnte auch durch Superspreader-Anlässe zu erklären sein."

Nach Angaben der WHO haben die schon bekannten Varianten des Virus im Hinblick auf Ansteckungswege oder Schwere der Krankheit Covid-19, die es auslösen kann, sich kaum oder gar nicht anders verhalten als das zuerst identifizierte Virus. Es gebe aus Großbritannien bisher auch keine Hinweise, dass dies bei der neuen Variante anders sei.

ribbon Zusammenfassung
  • In Frankreich sind die strengen Ausgangsbeschränkungen ein weiteres Stück gelockert worden.
  • Seit Dienstag können sich die Menschen im Land tagsüber wieder ohne Formulare und Einschränkungen bewegen.
  • In Italien stieg die Zahl der Todesopfer in Zusammenhang mit dem Coronavirus wieder stark.
  • Am Vortag waren es noch 491 Personen.
  • Am Dienstag meldete das Bundesamt für Gesundheit 4.271 neue Corona-Infektionen.