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Was die Behörden getan haben, um Kellermayr zu schützen

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Der Tod der von radikalen Impfgegnern bedrohten Ärztin sorgte weit über die Grenzen Österreichs hinweg für einen sehr lauten Aufschrei. Fehler der Behörden verneinte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) stets. Nun listete der Innenminister auf, wie vorgegangen wurde.

Vor gut einem Monat sorgte der Freitod der Ärztin Lisa-Maria Kellermayr für Entsetzen und einen Aufschrei weit über die Grenzen der Republik hinaus. Was ist passiert? Kellermayr war eine engagierte Ärztin - auch in der Corona-Krise. Und erntete nicht nur Dank, sondern auch sehr viel Hass und Morddrohungen. Sie ging zur Polizei, diese reagierte mit einem fragwürdigen Tweet und einem Interview im "Ö1"-Mittagsjournal und gab ihr die Mitschuld an den Angriffen. Sie habe sich verstärkt "in die Öffentlichkeit" gedrängt und "ihr persönliches Fortkommen befördern" wollen, erklärte der Sprecher der LPD Oberösterreich damals. Sie trage also eine "Mitschuld" an den Drohungen. Eine Bedrohungslage wurde verneint. Kellermayr schloss ihre Praxis Ende Juni. Einen Monat später wurde sie tot in ihrer Praxis gefunden.

November 2021

Kurz nachdem Kellermayr im Juni ihre Praxis schloss, stellten SPÖ-Abgeordnete eine Anfrage an Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) mit dem Titel: "Drohungen gegen Gesundheitspersonal – was tun Sie, Herr Innenminister?" Nun folgte die Beantwortung. Demnach zeigte Kellermayr bereits am 22. November 2021 eine Drohmail auf der Polizeiinspektion Schörfling an.

"Die Betroffene wurde noch am selben Tag zum Sachverhalt schriftlich einvernommen und sie wurde umfassend über ihre Opferrechte informiert." Es folgten laut der Beantwortung weitere "kriminalpolizeiliche Beratungsgespräche". Während die Ordination geöffnet war, "wurden als sicherheitspolizeiliche Maßnahmen eine verstärkte Bestreifung" vereinbart. Zusätzlich wurde "mindestens einmal täglich eine direkte Kontaktaufnahme mit der Betroffenen" vereinbart.

DSN-Gespräche und Beratung

Im Juni 2022 nahm der Direktor der Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst auf Ersuchen von Karner direkten Kontakt auf. Am 1. Juli habe eine Evaluierung der Sicherheitsmaßnahmen in Ordination und Wohnung stattgefunden. Aufgrund "baulicher Maßnahmen" sei der Sicherheitsstandard dort als hoch eingestuft worden. "Die Beratung konzentrierte sich daher auf allgemeine Verhaltensmaßnahmen, Sicherheit im häuslichen Bereich, Nutzung eines Fahrzeuges, Umgang mit verdächtigen Postsendungen, Verhalten bei Drohanrufen und Bombendrohungen, Verhaltensempfehlungen in Ausnahmesituationen. Auch ein individuelles Training zum Schutz vor Übergriffen im öffentlichen Raum wurde angeboten."

Ermittelt wurde laut der Beantwortung seit Ende 2021. "Seit 3. Mai 2022 wurde die Bearbeitung aller Drohungen unmittelbar in kooperativer Fallbearbeitung von der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst und dem Landesamt Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Oberösterreich mit Unterstützung der örtlichen Polizeiinspektion vorgenommen." Bis zum Anfragezeitpunkt, 30. Juni 2022, "konnte jedoch keine Täterschaft eruiert werden". 

SPÖ: Medizinierin hat nötigen Schutz nicht bekommen

Obwohl laut Anfragebeantwortung bereits Ende 2021 die Exekutive im Fall Kellermayr aktiv geworden ist, sah sich die Ärztin im Juni 2022 veranlasst, ihre Ordination zu schließen. Daher könne laut SPÖ-Abgeordneter Sabine Schatz der Schluss nahe liegen, dass die Medizinerin nicht den Schutz bekommen habe, den sie "für die Aufrechterhaltung ihrer Tätigkeit benötigen würde". Dazu hielt der Innenminister allgemein fest, dass das "grundsätzliche Modell des vorbeugenden Schutzes auf der Erstellung einer Gefährdungseinschätzung mit Festlegung der Gefährdungsstufe" beruhe. Die Prämisse liege "in der Gewährleistung des bestmöglichen Schutzes" sowie "im effektiven und effizienten Ressourceneinsatz", wird Schatz in der "Kronen Zeitung" zitiert.

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  • Der Tod der von radikalen Impfgegnern bedrohten Ärztin sorgte weit über die Grenzen Österreichs hinweg für einen sehr lauten Aufschrei. Fehler der Behörden verneinte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) stets. Nun listete der Innenminister auf, wie vorgegangen wurde.

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