Munitionskauf des Täters: Schreiben der slowakischen Behörden veröffentlicht

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Der Attentäter von Wien wollte in der Slowakei Munition für sein Sturmgewehr kaufen. Er war erfolglos, die Slowakei hat die österreichischen Behörden darüber informiert. Die Justiz verneint eine solche Information erhalten zu haben. Die Indizien, dass es Mitwisser oder gar Komplizen gab, verdichten sich.

Jener 20-Jährige, der am Montagabend in der Wiener Innenstadt vier Menschen ermordet und 22 weitere zum Teil schwer verletzt hat, wollte sich offenbar im Juli 2020 Munition für ein Sturmgewehr vom Typ AK-47 in der Slowakei besorgen. Das berichten "Süddeutsche Zeitung", NDR und WDR. Dabei wurde der Attentäter von einem weiteren Mann begleitet.

Der Täter von Wien war in der Slowakei aber erfolglos. Die slowakische Zeitung "Deník N" berichtet unter Berufung auf Sicherheitskreise, dass er die Patronen nicht bekam, weil er keinen Waffenschein vorweisen konnte. Die Behörden sollen demnach ihre österreichischen Amtskollegen über den Besucher und sein Kaufinteresse unterrichtet haben. Das bestätigte am Dienstagabend das österreichische Innenministerium auf Anfrage des Rechercheverbundes aus SZ, WDR und NDR.

Slowakei will Österreich gewarnt haben - Justiz dementiert

Die slowakische Polizei bestätigte den Kaufversuch am Mittwoch in einem Facebook-Posting. Demnach wurden auch die österreichischen Behörden über den Fall informiert. Die slowakische Polizei erhielt im Sommer die Information, dass verdächtige Personen aus Österreich versuchten, Munition zu kaufen. Es sei ihnen aber nicht gelungen, etwas zu erwerben, schrieb die Behörde auf Facebook. Sofort sei die österreichische Polizei informiert worden. Weitere Kommentare seitens der slowakischen Behörden werde es nicht geben, um die Ermittlungen in Österreich nicht zu gefährden.

Die Leiterin der Sektion Einzelstrafsachen im Justizministerium, Barbara Göth-Flemmich, erklärte am Mittwoch, dass bei der Justiz kein Hinweis über den versuchten Munitionskauf in der Slowakei eingegangen sei. 

Wenn man darüber eine Meldung erhalten hätte, wäre das ein Grund gewesen, den Mann wieder in Haft zu nehmen, so Göth-Flemmich. Bei der erfolgten bedingten Entlassung sei nämlich vom Gericht vorgesehen worden, dass der 20-Jährige drei Jahre unter Beobachtung stehen soll. 

Wie Nina Bussek, Sprecherin der Wiener Staatsanwaltschaft, erklärte, sei der Journalstaatsanwalt erst in der in der Nacht des Anschlags informiert worden, dass es im Juli einen Kaufversuch gegeben habe. Im Vorfeld habe man davon nichts gewusst.

Informiert war definivit die Polizei, die den Attentäter von Wien auch identifizierten. Das geht aus einem Dokument hervor, das die FPÖ am Mittwochabend per Presseaussendung veröffentlichte. Sie veröffentlichte das slowaksiche Original sowie die dazugehörige deutsche Übersetzung.

Begleiter bei Reise in die Slowakei

Der Attentäter war zu diesem Zeitpunkt bereits wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verurteilt und vorzeitig aus der Haft entlassen worden und demnach als Gefährder bekannt. Laut deutschen Medienberichten wurde er bei seiner Fahrt in die Slowakei von einem weiteren Mann begleitet. Offenbar wurde für die Reise ein Auto verwendet, das auf die Mutter eines der Polizei bekannten Islamisten angemeldet ist.

Attentäter wäre im Juli aus Haft entlassen worden

Göth-Flemmich erklärte zudem, dass der Attentäter auch bei Verbüßung der gesamten 22 Monate, zu denen er im April 2019 in einem Terror-Prozess als IS-Sympathisant verurteilt worden war, spätestens Mitte Juli auf freien Fuß gesetzt worden wäre. Denn die Dauer der Verwahrung in der Türkei war auf die Haftstrafe anzurechnen, wo er im September 2018 beim Versuch, sich der Terrormiliz anzuschließen, festgenommen und anschließend nach Österreich ausgeliefert worden war.

14 Festnahmen in Österreich, zwei Verdächtige in der Schweiz

Im Zuge der Ermittlungen wurden in Wien und Niederösterreich insgesamt 14 Verdächtige im Alter zwischen 16 und 28 Jahren festgenommen. Zudem wurden in Zusammenarbeit mit Schweizer Behörden am Dienstag zwei Männer im schweizerischen Winterthur verhaftet, wie der "Tagesanzeiger" berichtet. Die Verdächtigen sollen mit dem Attentäter von Wien Kontakt gehabt haben. Polizeiliche Ermittlungen hätten dann zur Identifizierung eines 18- und eines 24-jährigen Schweizers geführt. Die beiden Männer seien am Dienstagnachmittag in Abstimmung mit den österreichischen Behörden durch die Spezialeinheit EG Diamant in Winterthur verhaftet worden.

ribbon Zusammenfassung
  • Der Attentäter von Wien versuchte offenbar im Juli 2020 in der Slowakei Munition für sein Sturmgewehr zu kaufen.
  • Er war erfolglos, da er keinen Waffenschein vorweisen konnte. Die slowakischen Behörden haben ihre österreichischen Amtskollegen daraufhin gewarnt.
  • Der Attentäter soll bei der Fahrt in die Slowakei von einer Person begleitet worden und im Auto eines Islamisten unterwegs gewesen sein.
  • Die Justiz dementierte einen solchen Hinweis erhalten zu haben. Innenminister Karl Nehammer bestätigte das Schreiben und gestand schwere Fehler ein.
  • In Österreich wurden 14 Verdächtige festgenommen. Auch in der Schweiz wurden zwei mutmaßliche Kontaktpersonen des Attentäters verhaftet.

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