Tat an Grazer Schule
"Ich traute ihm das zu": Sportschütze über Training mit Amokläufer
"Ich traute ihm das zu", sagt Tamm in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "profil". Er habe sich nicht vorstellen können, "wie so jemand einen Psychotest" für eine Waffenbesitzkarte bestehen könne, meint der 65-Jährige.
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Als er im Urlaub in Kroatien von der Tat erfahren hatte, habe er sofort an den 21-Jährigen denken müssen, erklärt Tamm.
"Elf Leute sind gestorben, und wir waren unbewusst ein Glied in einer langen Kette. Immer wieder habe ich mich gefragt: Was hätte man anders machen müssen?"
Training mit Amokläufer "gruselig"
Als Neuling hatte der spätere Täter beim Schützenverein unter Anleitung eines Fachwartes trainiert.
Er habe sich "immer ganz hinten ins Eck gesetzt" und sei nicht an Kontakt interessiert gewesen: "Oberflächlich kann ich schon nachvollziehen, warum ihn andere nur als 'liaben Buam' gesehen haben. Weil er so ruhig war."
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Ihm selber sei der junge Mann aber seit einem gemeinsamen Schießtraining unheimlich gewesen: "Nach einem guten Schuss lobte ich ihn, schaute ihm von der Seite ins Gesicht und erschrak, wie regungslos er blieb. Da war nichts. Es war gruselig", schildert der 65-Jährige.
"Ich wich zurück und war froh, als die weiteren fünf Schuss verbraucht waren. Dann sagte ich. 'Das Training ist vorbei.'"
Ruf nach schärferen Waffengesetzen
Zum Thema Waffenbesitz in Österreich meint der Sportschütze im Interview, es brauche "einen Psychotest am Anfang, wenn man mit dem Schießen beginnt. Nicht am Ende, kurz bevor ich die Waffe kaufe".
In den Schützenvereinen selbst brauche es außerdem "intensivere Eingangsgespräche und mehrere Leute, die Neulinge abwechselnd beim Schießen betreuen, um sich ein besseres Bild machen zu können".
Auch einen weiteren Umstand sieht der 65-Jährige kritisch: "Neulinge nehmen nur ganz selten den Weg über Schützenvereine, um später eine Waffenbesitzkarte lösen zu können - zumindest bei uns. In den sechs Jahren, in denen ich im Verein bin, kann ich mich an zwei bis drei Fälle erinnern. Das läuft sonst meist über die Waffenhändler."
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Zusammenfassung
- Nach dem Amoklauf eines 21-Jährigen in Graz mit zehn Todesopfern meldete sich der 65-jährige Sportschütze Georg Tamm zu Wort, der mit dem Täter trainierte. Er habe ihm die Tat zugetraut.
- Der Sportschütze kritisiert, dass der Psychotest für die Waffenbesitzkarte erst kurz vor dem Waffenkauf stattfindet, und fordert einen solchen Test bereits zu Beginn der Schießausbildung.
- Er berichtet von seinem Unbehagen beim Training mit dem späteren Täter und fordert intensivere Eingangsgespräche sowie wechselnde Betreuung von Neulingen im Schützenverein.