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Raumfahrt-Jahr 2026 mit Mond-Comeback und XL-Ariane 6

Heute, 08:27 · Lesedauer 7 min

In der Welt der Raumfahrt präsentieren sich Zeitpläne oft recht dehnbar, besonders wenn es um bemannte Raumfahrt-Ambitionen geht. In der ersten Jahreshälfte 2026 soll es nun aber wirklich so weit sein: Die USA wollen mit dem "Artemis"-Programm wieder Menschen zum Mond bringen bzw. zunächst rundherum schicken. Vier US-Astronauten sind für die zehntägige Mission "Artemis 2" um den Erdtrabanten gebucht. Europas Raumfahrt geht mit einem Rekordbudget in das neue Jahr.

Im Rahmen der Etat-Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten konnte der aus Tirol stammende Generaldirektor der Europäischen Weltraumagentur (ESA), Josef Aschbacher, gegen Jahresende eine Budgeteinigung in der Höhe von rund 22,1 Mrd. Euro für die Jahre 2026 bis 2028 vermelden. Damit steht Europas Raumfahrt mehr Geld denn je zur Verfügung. In die finanziellen Sphären, wie man sie in den USA erreicht, kommt man damit allerdings bei weitem nicht. Trotzdem ist Europa einer der zentralen Partner im Artemis-Programm, mit dem man das bemannte Comeback auf den Mond anstrebt - der letzte Mensch setzte dort im Jahr 1972 seinen Fuß auf.

Nach zahlreichen Verschiebungen will man sich im Startfenster von Februar bis April 2026 mit einem Start der Trägerrakete SLS dem historisch bedeutsamen und medienwirksamen Ziel annähern. Die ESA liefert mit dem Europäischen Servicemodul (ESM) eine wichtige Komponente des "Orion"-Raumschiffs, das die Astronauten in die Mondumlaufbahn bringen soll. Das Wiener Unternehmen TTTech und Magna in Graz steuern Komponenten für Orion und ESM bei. In fernerer Zukunft will die ESA gemeinsam mit der NASA auch eine Mondstation bauen. "Gateway" soll den Mond umkreisen, ähnlich wie die ISS die Erde.

Dafür soll dann auch Platz für europäische Astronautinnen und Astronauten auf späteren Missionen - nämlich "Artemis 4" und "Artemis 5" - sein. Neben einem Raumfahrer aus Deutschland soll auch ein französischer oder italienischer Kollege oder eine Kollegin zum Zug kommen, verkündete Aschbacher kürzlich.

Japan holt Proben vom Mars-Mond Phobos

Erst jüngst wurde bekannt, dass jedenfalls US-Präsident Donald Trump wieder so schnell wie möglich US-Astronauten zum Mond schicken will - untermauert durch ein von ihm Ende Dezember unterzeichnetes Dekret, in dem er von der Raumfahrtbehörde NASA eine Mondlandung bis zum Jahr 2028 verlangt. Bemannte Missionen zum Mars, auf die vor allem Tech-Milliardär Elon Musk gedrängt hatte, stellt der US-Präsident damit offenbar vorerst zurück.

Dagegen zielt die Japanische Mission MMX (Martian Moons eXploration) Richtung Mars: Die Sonde soll 2026 starten, um die beiden Marsmonde Phobos und Deimos zu erforschen. Geplant ist, Oberflächenproben von Phobos zu sammeln und diese 2031 zur Erde zurückbringen.

Basteln an Mega-Börsengang von SpaceX

Apropos Musk: Der Exzentriker und Politik-Ausflügler ins Trump-Kabinett will im kommenden Jahr mit seiner Weltraumfirma SpaceX an die Börse. Es dürfte einer der größten Börsengänge der Geschichte werden, wenn nicht der größte überhaupt. Davon kann die europäische Weltraumindustrie bisher nur träumen.

Ebenfalls Richtung Mond blickt auch wieder China: Im August ist der Start der unbemannten Mission "Chang'e 7" geplant. Ein Lander soll mögliche Plätze für eine chinesische Station nahe dem Südpol des Erdtrabanten erkunden. Ebenfalls im nächsten Jahr in den Orbit entsenden will China sein "Xuntian" genanntes Weltraumteleskop.

Rettungsaktion für "Swift"

Mit einer spektakulären Rettungsaktion hat die NASA das private US-Weltraumunternehmen Katalyst beauftragt: Es geht um das 2004 gestartete Weltraumteleskop "Swift", das zwar noch voll funktionsfähig ist, aber zunehmend von seiner Bahn abweicht. Deshalb besteht bis Mitte 2026 eine 50-prozentige Wahrscheinlichkeit für einen unkontrollierten Wiedereintritt in die Erdatmosphäre. Dieses Risiko steigt bis Ende 2026 auf 90 Prozent an. Katalyst erhielt einen Auftrag in Höhe von 30 Mio. Dollar für den Bau eines robotischen Raumfahrzeugs, das nach bisherigen Plänen im Juni 2026 an "Swift" andocken und es in eine stabilere Umlaufbahn bringen soll.

Einen historischen Meilenstein erreicht "Voyager 1" 2026: Im November wird die NASA-Sonde als erstes von Menschen geschaffene Objekt einen Lichttag von der Erde entfernt sein. Ein Lichttag entspricht der Entfernung, die das Licht in 24 Stunden zurücklegt - das sind rund 26 Mrd. Kilometer. Die 1977 gestartete "Voyager 1" war 2012 als erstes Raumschiff in den interstellaren Raum vorgedrungen.

Booster für Ariane 6

Auch in Europa verstärkt man die Aktivitäten: Erstmals mit vier Boosterraketen ausgestattet soll im ersten Quartal 2026 die europäische Trägerrakete Ariane 6 abheben. Überhaupt will die ESA die Startfrequenz der erstmals im Juli 2024 gestarteten neuen Ariane im kommenden Jahr erhöhen. Eine Verdoppelung auf sechs Lift-offs wird laut dem Konzern ArianeGroup angestrebt.

Ariane 6 mit vier Boostern ermöglicht, die Nutzlast von rund 4,5 Tonnen auf 11,5 Tonnen zu erhöhen. Damit macht Europa laut ESA-Angaben einen weiteren Schritt in Richtung Unabhängigkeit von externen Anbietern. Die Trägerraketen werden damit auch attraktiver als Beförderer großer Satelliten bzw. Satelliten-Konstellationen.

Mit dem "Solar Wind Magnetosphere Ionosphere Link Explorer" (SMILE) startet die ESA in Kooperation mit der Chinesischen Akademie der Wissenschaften (CAS) zwischen dem 8. April und dem 7. Mai von Europas Weltraumbahnhof in Kourou (Französisch-Guyana) aus überdies eine wissenschaftliche Mission zur Erforschung der Wechselwirkung zwischen Sonnenwind und der Erdmagnetosphäre. Als Partner dabei ist das Grazer Institut für Weltraumforschung (IWF) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW), das Hardware zu einem der bildgebenden Instrumente, den "Soft X-ray Imager (SXI)", beisteuert und am Magnetometer der Sonde beteiligt ist. Ebenfalls eingebunden ist das Institut für Astrophysik der Universität Wien.

26 Kameras suchen Exoplaneten

Ebenfalls mit IWF- und Uni-Wien-Beteiligung geht der europäische Exoplanetenjäger "PLATO" voraussichtlich im vierten Quartal an den Start. Über mehrere Jahre hinweg soll die Sonde mit 26 Kameras Informationen über an ihren Sonnen vorbei wandernde Exoplaneten sammeln.

Vor mittlerweile rund 25 Jahren startete die aus vier Satelliten bestehende "Cluster-Mission" der ESA zur Vermessung des Weltraumwetters. Das IWF war eng in die Mission und ihre Entwicklung eingebunden, die sich als wissenschaftlich äußerst ertragreich entpuppte. Am 31. August und 1. September werden die letzten beiden im Orbit verbliebenen Cluster-Satelliten in der Erdatmosphäre verglühen.

Ebenfalls stark von Grazer Experten begleitet, geplant und umgesetzt wird seit Jahren die europäisch-japanische Mission "BepiColombo". Nach Vorbeiflügen in den vergangenen Jahren wird sie im November ihr ultimatives Ziel, den Gesteinsplaneten Merkur, erreichen und beginnen, diesen zu erkunden. Mit an Bord sind auch Komponenten der Wiener Weltraumfirma Beyond Gravity.

Bundesheer entwickelt eigene Satelliten

Gegen Ende 2026 wird es auch rund um die "Hera"-Mission der ESA interessant. Die Asteroidenabwehr-Sonde soll untersuchen, was der Einschlag der Sonde "Dart" vor drei Jahren auf dem Asteroiden Dimorphos an- bzw. ausgerichtet hat. Am Ort ihrer Bestimmung soll sie im November ankommen.

Am Boden bleiben heißt es für das Österreichische Weltraumforum (ÖWF), allerdings wählt man 2026 eine neue "Klasse" an Analog-Astronauten und -Astronautinnen aus. Sechs Kandidaten werden Mitte des Jahres mit dem Training am Raumanzug-Simulator des ÖWF beginnen und für die 2027 geplante nächste Mars-Analog-Mission in Portugal trainieren.

Seitens des Bundesheers treibt man im kommenden Jahr zwei Satellitenprojekte namens "LEO2VLEO" und "BEACONSAT" weiter voran: Vorgesehen ist der Bau von insgesamt vier Satelliten, teilweise in Kooperation mit den Niederlanden. Dabei handle es sich um "einen zentralen Baustein der österreichischen militärischen Weltraumstrategie", wie das Verteidigungsministerium gegenüber der APA erklärte. Die Sonden sollen das Bundesheer vor allem im Bereich Satellitennavigation, -kommunikation und -bildern unterstützen. Man arbeite mit den beteiligten Unternehmen "derzeit auf Hochtouren daran, die vorgesehenen Projektmeilensteine zu erreichen und die geplanten Startziele termingerecht einzuhalten". Da aber verfügbare Plätze auf Trägerraketen rar sind, werde der "Start des Satelliten für LEO2VLEO nunmehr in das zweite Quartal 2027 verschoben". Das rein österreichisch vorangetriebene BEACONSAT-Projekt könnte bereits Ende 2026 abheben. Details zum Zeitplan will das Verteidigungsressort zeitnah bekanntgeben.

(S E R V I C E - https://www.esa.int/, https://www.nasa.gov/)

Zusammenfassung
  • Die USA wollen im Frühjahr 2026 mit der Artemis-2-Mission erstmals seit 1972 wieder vier Astronauten zum Mond schicken und dabei Europas Servicemodul ESM nutzen.
  • Die ESA erhält für 2026 bis 2028 ein Rekordbudget von rund 22,1 Milliarden Euro und investiert verstärkt in Projekte wie die neue Ariane-6-Rakete, die mit vier Boostern bis zu 11,5 Tonnen Nutzlast transportieren kann.
  • Japan startet 2026 die MMX-Mission, um Proben vom Marsmond Phobos zu sammeln und diese 2031 zur Erde zurückzubringen.
  • SpaceX plant im kommenden Jahr einen der weltweit größten Börsengänge, während China mit Chang’e 7 eine Mondmission und mit Xuntian ein Weltraumteleskop ins All schickt.
  • Das österreichische Bundesheer entwickelt mit BEACONSAT und LEO2VLEO eigene Satellitenprojekte, wobei der Start von BEACONSAT bereits Ende 2026 erfolgen könnte.