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Politiker und Armbrüste: Offene Fragen nach Reichsbürger-Razzia

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Wochenlang liefen die Vorbereitungen für die Beweissicherung und Festnahme der mutmaßlichen Verschwörer. Beamte der Sicherheitsbehörden mehrerer Bundesländer wurden eingeweiht. Intern trug die Operation den Namen "Schatten". Tatsächlich liegt auch nach der Festnahme der Hauptbeschuldigten noch manches im Schatten.

Zwar sind die Ermittler überzeugt, dass Mitglieder der Gruppe gewaltbereit sind und sich als eine Art Vorhut sahen, die bei einem Umsturz Führung übernehmen würde. Dennoch deutet vieles darauf hin, dass die Beweisführung, wenn es zum Prozess kommt, nicht einfach werden dürfte. Denn einige der Ideen, die in der Gruppe kursierten, waren so merkwürdig, dass die Grenze zwischen Wahrnehmung und Realität oft schwer zu ziehen ist. Das gilt vor allem für ihre Vermutung, eine Allianz ausländischer Akteure werde in Deutschland eingreifen.

Wer sind die Reichsbürger?

Überschneidungen mit Corona-Demos

Bei einigen der Verdächtigen soll es Überschneidungen mit der Szene der radikalen Gegner der Anti-Corona-Maßnahmen geben, beispielsweise in Pforzheim. Zum Kreis der Festgenommenen gehört auch ein Polizist, der bei "Querdenker"-Protesten aufgetreten war und sich gegen seine Entlassung aus dem Polizeidienst juristisch zur Wehr setzt. Fest steht: Die während der Pandemie beschlossenen Einschränkungen spielten auch in Verlautbarungen von Mitgliedern der Gruppe in den sozialen Medien eine Rolle.

Einige der Beschuldigten kennen einander schon sehr lange. So hatten zwei der Festgenommenen in den 90er Jahren gemeinsam bei der Bundeswehr gedient, im Fallschirmjägerbataillion 251, das später teilweise im Kommando Spezialkräfte (KSK) aufging.

Waffen verschwunden?

Während der Durchsuchungen am Mittwoch sind zwar etliche Waffen gefunden worden. Das waren allerdings laut einer ersten Aufstellung hauptsächlich Signalschuss- oder Schreckschusswaffen sowie Schwerter und Armbrüste. Mit anderen Worten: Nicht genügend Ausrüstung für das Umsturz-Szenario, auf das sich die Gruppe vorbereitet haben soll.

Liste mit Politikernamen

Die Durchsuchungen waren auch am Donnerstag noch nicht vollständig abgeschlossen. Dass direkt nach dem Zugriff lediglich eine Kurzwaffe und zwei Langwaffen, die scharfe Munition verschießen, entdeckt wurden, wirft dennoch Fragen auf: Gibt es vielleicht noch geheime, bisher unentdeckte Waffendepots? Und haben Verdächtige womöglich Wind von der geplanten Razzia bekommen und rechtzeitig Waffen verschwinden lassen? Mehrere der Verdächtigen besaßen nach Angaben aus Sicherheitskreisen eine waffenrechtliche Erlaubnis, etwa als Sportschützen.

Bei einem Beschuldigten sei eine Liste mit Namen von Abgeordneten gefunden worden, heißt es. Ohne Anmerkungen, sodass die Bedeutung dieser Liste unklar ist. Die betroffenen Politiker und Politikerinnen seien aber informiert worden, hieß es.

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  • Wochenlang liefen die Vorbereitungen für die Beweissicherung und Festnahme der mutmaßlichen Verschwörer. Beamte der Sicherheitsbehörden mehrerer Bundesländer wurden eingeweiht.
  • Intern trug die Operation den Namen "Schatten". Tatsächlich liegt auch nach der Festnahme der Hauptbeschuldigten noch manches im Schatten.

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