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Familien betroffen

Mindestsicherung kürzen "verschärft Notlagen, gefährdet Existenz"

17. Okt. 2025 · Lesedauer 4 min

Um budgetär 200 Millionen Euro zu sparen, schränkt die Stadt Wien den Bezug der Mindestsicherung ein. Kritik kommt von mehreren Organisationen - die Kürzung bedeute für viele einen "Schritt in die akute Armut". Notlagen würden verschärft werden und "Integration, Bildung und Existenz" gefährden.

Die Regelungen sollen Anfang 2026 in Kraft treten - sparen wird man unter anderem bei den subsidiär schutzberechtigten Personen.

"In existenzsicherem Ausmaß"

Sie haben künftig keinen Anspruch mehr auf Leistungen der Mindestsicherung. Damit würden Leistungen auch für subsidiär Schutzberechtigte in "existenzsicherndem Ausmaß" angepasst, zeigt man sich zuversichtlich.

Bis es so weit ist, werden jedoch alle Betroffenen in die Grundversorgung überführt. Das gilt auch für Geflüchtete, denen der Status bereits zuerkannt wurde - und nicht erst für Personen, die kommendes Jahr neu in das System aufgenommen werden.

Während die FPÖ und ÖVP weitere Einsparungen fordern, kritisierten die Wiener Grünen die Kürzungen für "besonders vulnerable Gruppen". Maßnahmen wie die Abschaffung des Eltern-Familienzuschlags würden die Kinderarmut in der Stadt "massiv" verschärfen, hieß es in einer Aussendung.

Großteil der Bezieher Kinder und Menschen mit Behinderung

Laut dem Büro von Wiener Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) ist die Zahl der Menschen, die in Wien die Mindestsicherung beziehen in den letzten zwölf Monaten zurückgegangen. Trotzdem hatten im September 2025 noch rund 135.000 Menschen Anspruch auf entsprechende Leistungen. 

55 Prozent der Beziehenden stehen dem Arbeitsmarkt laut Rathaus nicht zur Verfügung - da der überwiegende Großteil Kinder und Menschen mit Behinderung sind.

Österreich muss sparen: Kürzungen bei Mindestsicherung

"Schritt in akute Armut"

Gerade das könnte ein Grund sein, warum von vielen Organisationen Kritik zu der geplanten Maßnahme kommt.

"Kinder und Jugendliche, sowie auch Menschen mit chronischen Krankheiten sind ohnehin einer Vielzahl von Belastungen und Benachteiligungen ausgesetzt", meinte zum Beispiel Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser. Die geplanten Änderungen würden bedeuten, dass viele Betroffene ihre Mieten nicht mehr zahlen könnten. "Insgesamt führt sie dieser Schritt in akute Armut und Wohnungslosigkeit und verschlechtert ihre Chancen auf Bildung, Teilhabe und Integration noch zusätzlich", so Moser.

Caritas-Wien-Direktor Klaus Schwertner bemängelte in sozialen Medien, dass besonders Familien mit Kindern betroffen seien. Er habe Verständnis für notwendige Sparmaßnahmen, die Bundesländer sollten sich bei Unterstützungsleistungen aber nicht gegenseitig unterbieten. 

"Die Kürzungen verschärfen Notlagen und gefährden Integration, Bildung und Existenz. Das ist kein Sparprogramm, sondern ein Abbau sozialer Sicherheit – mit Folgen für uns alle", schrieb Schwertner. 

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"Menschenfeindlichste und teuerste Sparen"

Auch SOS Mitmensch richtete den eindringlichen Appell an die Stadt Wien, den angekündigten Ausschluss von subsidiär Schutzberechtigten von der Mindestsicherung nicht umzusetzen. Der Entzug der Mindestsicherung hätte zur Folge, dass "9.000 Frauen, Männern und Kindern buchstäblich der Boden unter den Füßen weggezogen würde", so die Menschenrechtsorganisation.

"Menschen in existenzielle Nöte zu katapultieren ist das menschenfeindlichste und teuerste Sparen. Wem nutzt es, wenn Mieten nicht mehr bezahlt und Kinder nicht mehr ausreichend versorgt werden können?", so die Organisation. SOS Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak betont auch: Die menschlichen, sozialen und finanziellen Folgekosten sind weit höher als die anvisierten kurzfristigen Spareffekte

"Bei allem Respekt für den Spardruck, es ist absurd zu glauben, dass es ein Gewinn wäre, wenn Familien delogiert werden müssen und in Elendsquartieren oder im schlimmsten Fall auf der Straße landen. Man muss nur eine Sekunde innehalten und daran denken, was das mit den betroffenen Kindern macht, um zu erkennen, dass das der falsche Weg ist", rief Pollak die Stadtregierung zur Rücknahme der angekündigten Maßnahme auf.

336.000 Menschen leben in "absoluter Armut"

Am heutigen "Tag der Armut" kommen auch dramatische Zahlen zu der Armutslage in Österreich. 1,5 Millionen Menschen in Österreich sind armuts- oder ausgrenzungsgefährdet - das sind 17 Prozent der österreichischen Bevölkerung.

336.000 Menschen leben hierzulande bereits in absoluter Armut. "Das bedeutet, sie können ihre Wohnung nicht ausreichend heizen, sie haben nicht regelmäßig eine ausgewogene Mahlzeit. Und bei unvorhergesehenem Problem - wie wenn zum Beispiel die Waschmaschine kaputt geht - können sie das nicht ersetzen", ordnet PULS 24-Reporterin Nadja Buchmüller ein.

336.000 Menschen in Österreich leben in absoluter Armut

Zusammenfassung
  • Um budgetär 200 Millionen Euro zu sparen, schränkt die Stadt Wien den Bezug der Mindestsicherung ein.
  • Kritik kommt von mehreren Organisationen: Die Kürzung bedeute für viele einen "Schritt in die akute Armut".
  • Notlagen würden verschärft werden und "Integration, Bildung und Existenz" gefährden.