Jahrhundert-Unwetter: Ein Todesopfer in Kärnten

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In Teilen von Kärnten wurde die Bevölkerung gewarnt, ihre Häuser nicht zu verlassen, der Aufenthalt im Freien sei lebensgefährlich. Die ZAMG spricht von einem "100-jährlichen" Unwetter. Ganze Dörfer sind für Rettungskräfte nicht erreichbar, Personen eingeschlossen. Eine Person ist tot.

Schwere Unwetter haben in der Nacht auf Mittwoch ganze Ortschaften im Bezirk Villach-Land verwüstet. Bäche traten über die Ufer, Muren gingen ab und verschütteten die Häuer teils bis zum ersten Stock. Zwei Personen galten am Vormittag als vermisst, bestätigte Bezirkshauptmann Bernd Riepan.    

Wie Riepan sagte, gebe es Meldungen über eine Person, deren Auto steckengeblieben war und die von den Fluten mitgerissen worden sein soll: "Verifiziert ist das aber noch nicht." Die zweite Meldung betraf eine Person, die in einer Garage verschüttet worden sei: "Da liegen die Geröllmassen bis zu eineinhalb Meter hoch. Die Masse ist so hart wie Beton", sagte Riepan.

Todesfall bestätigt 

Einer der beiden Vermissten im Kärntner Unwettergebiet ist am Mittwoch gegen Mittag tot aufgefunden worden. Polizeisprecherin Waltraud Dullnigg bestätigte auf APA-Anfrage einen Bericht des ORF Kärnten. "Die Bergung ist gerade erst im Gange." Der für den Katastrophenschutz zuständige Landesrat Daniel Fellner (SPÖ) sagte, es handle sich um einen 82-Jährigen. Er dürfte das Haus in Treffen verlassen und von einer Mure erfasst worden sein. 

Von einem zweiten Vermissten war zu Mittag weiter nichts bekannt. Es gab Meldungen über eine Person, die im Auto zunächst stecken geblieben und dann mitgerissen worden sein soll.

Gegendtal: Lebensgefahr im Freien

Besonders betroffen war das Gegendtal: In Treffen am Ossiacher See und in der Gemeinde Arriach war noch in der Nacht eine Zivilschutzwarnung ausgegeben worden. Die Bewohner wurden aufgefordert, in den Häusern zu bleiben. In der gesamten Region waren Straßen unpassierbar oder teilweise weggerissen. Einen Überblick über das genaue Ausmaß der Schäden zu erhalten sei schwierig, erklärte Bezirkshauptmann Bernd Riepan: "Wie viele Häuser betroffen sind, kann man wohl erst morgen oder überhaupt erst in den nächsten Tagen abschätzen. Was man allerdings schon jetzt sagen kann: Die Schäden sind enorm."

Zehn bis 15 Menschen, die in ihren vermurten Häusern eingeschlossen waren, wurden am Vormittag mit Hubschraubern geborgen, sagte Riepan. Andere vom Unwetter Betroffene zogen es vor, in ihren Häusern zu bleiben, etwa wenn die oberen Stockwerke weiter bewohnbar waren. Wie viele Menschen in der Region durch die vermurten Straßen zuhause festsaßen, könne man nur schätzen, sagte der Bezirkshauptmann. Notquartiere brauche es derzeit nicht.

Arriach: Keine intakten Straßen mehr

Die Gemeinde Arriach, in die es keine intakten Straßen mehr gab, sei vorerst gut versorgt, sagte Riepan. Bis spätestens in ein, zwei Tagen müsse es gelingen, eine Behelfsstraße von Himmelberg aus zu errichten, um die Versorgung mit Wasser, Lebensmitteln und Medikamenten zu gewährleisten. Auch andernorts in der betroffenen Region waren Ortschaften ohne intakte Wasserversorgung. Der Fokus liege momentan darauf, die Hauptverkehrsverbindungen wieder befahrbar zu machen, um Trinkwasser zu den Menschen zu bringen, sagte der Bezirkshauptmann.

Laut Energieversorger Kelag waren am Nachmittag noch rund 2.000 Kundenanlagen ohne Strom, betroffen waren unter anderem Arriach und das Gegendtal. Riepan sagte, dass man am Donnerstag Kelag-Monteure zu den Schadstellen im Netz fliegen werde.

Großraum Treffen "komplett überflutet"

"Mehrere Bäche sind über die Ufer getreten. Der Großraum Treffen ist komplett überflutet und vermurt", sagte Hans-Jörg Rossbacher von der Landesalarm- und Warnzentrale (LAWZ) Mittwochfrüh auf APA-Anfrage. Ein Einsatzstab wurde einberufen, er tagte im Feuerwehrhaus in Treffen. Erstes Ziel der rund 30 Feuerwehren, die in dem Gebiet im Einsatz sind, war es vorerst, Häuser zu erreichen, in denen noch Personen eingeschlossen sind. In den frühen Morgenstunden startete ein Polizeihubschrauber zu Erkundungsflügen, auch das Bundesheer wurde angefordert.

Muren: Kein Fahrzeug kommt durch

Seit 4.00 Uhr stand das Rote Kreuz im Einsatz, sagte Rot-Kreuz-Sprecherin Melanie Reiter auf APA-Anfrage. Was den Einsatz aber enorm erschwert, sind die Vermurungen: "Ab dem Feuerwehrhaus Treffen kommt man nicht mehr weiter. Es kommt kein Fahrzeug durch, man braucht schweres Gerät." Neben der Katastrophenhilfsmannschaft ist das Rote Kreuz auch mit einem Kriseninterventionsteam im Gegendtal.

Ausgelöst worden waren Muren und Überflutungen durch heftigen Regen in der Nacht. Laut Wetteraufzeichnungen fiel allein in der Zeit von 2.00 bis 6.00 Uhr 117 Liter Niederschlag pro Quadratmeter - damit regnete es innerhalb von vier Stunden so viel wie ansonsten innerhalb von mehreren Wochen.

Orkan-Böen, Strom gekappt, Dächer abgedeckt

Bereits am Dienstagabend hatten die Unwetter in Kärnten begonnen, in Villach, den Bezirken Villach-Land und Feldkirchen sowie rund um den Millstätter See und in Bad Kleinkirchheim rückten 70 Feuerwehren zu 150 Einsätzen aus. Besondere Probleme bereitete Sturm mit teilweise orkanartigen Böen. Bäume stürzten um und ganze Dächer wurden abgedeckt. Laut Polizei wurden auch Stromkabel gekappt. Wie zum Beispiel in Ferlach: Durch einen Blitzschlag stürzte eine 15 Meter hohe Linde auf eine Oberstromleitung. Durch die Zugkraft der niedergedrückten Stromleitung wurden die Dächer von zehn Gebäuden beschädigt, indem die Dach-Stromhalterungen ausrissen.

Bundesheer im Einsatz

Zwei Hubschrauber und rund 100 Soldaten samt schwerem Gerät stehen derzeit in Kärnten im Einsatz, erklärt das Verteidigungsministerium in einer Aussendung. Seit den frühen Morgenstunden war ein Erkundungstrupp der Villacher Pioniere im Einsatz, um die Lage und das Ausmaß der entstandenen Schäden zu beurteilen.

OÖ: 100 Feuerwehr-Einsätze

Auch in Oberösterreich tobten die Unwetter heftig: 60 Feuerwehren mit etwa 900 Kräften waren bei rund 100 Einsätzen gefordert. Ab 19.15 Uhr galt es vor allem in den Bezirken Wels-Land, Grieskirchen und Eferding Wasser aus überfluteten Kellern und Gebäuden zu pumpen, Straßen freizumachen und Brände zu löschen. Mit etwa 21.00 Uhr seien die Notrufe dann weniger geworden, berichtete die Landeswarnzentrale.

Auch die Bezirke Linz-Land, Schärding, Urfahr-Umgebung, Freistadt und Perg waren betroffen. Die meisten Einsätze galten Überflutungen von Kellern, es gab aber auch Verkehrsunfälle und von Bäumen blockierte Straßen, Blitzschläge an Wohnhäusern und landwirtschaftlichen Gebäuden in den Gemeinden Hartkirchen (Bezirk Eferding), Allerheiligen (Bezirk Perg) und Rohrbach-Berg sowie einen brennenden Baum in der Gemeinde Kallham (Bezirk Grieskirchen).

Wieder mehr Einsätze für Mittwoch erwartet

Am Mittwoch ging es schon früh weiter. Der Regen setzte wieder ein, kleinere Gewittern sorgten erneut für vereinzelte Überflutungen. Das Landesfeuerwehrkommando rechnet damit, dass es im Laufe des Tages wieder zu mehr Einsätzen kommen wird.

ribbon Zusammenfassung
  • In Teilen von Kärnten wurde die Bevölkerung gewarnt, ihre Häuser nicht zu verlassen, der Aufenthalt im Freien sei lebensgefährlich.
  • Die ZAMG spricht von einem "100-jährlichen" Unwetter. Ganze Dörfer sind für Rettungskräfte nicht erreichbar, Personen eingeschlossen.
  • Zwei Personen galten am Vormittag als vermisst, bestätigte Bezirkshauptmann Bernd Riepan auf APA-Anfrage entsprechende Medienberichte.
  • Das Bundesheer wurde angefordert, die Häuser teils bis zum ersten Stock von Muren verschüttet.

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