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Nach Angriff auf Pensionist

"Jagd auf Migranten": Rassistische Krawalle erschüttern Spanien

16. Juli 2025 · Lesedauer 3 min

Ein Angriff auf einen 68-Jährigen hat in der südspanischen Kleinstadt Torre Pacheco eine Welle rechtsextremer Gewalt ausgelöst. Angefacht durch Falschinformationen in sozialen Netzwerken marschierten rechtsextreme Gruppen durch die Straßen und griffen gezielt Menschen mit Migrationshintergrund an.

Ein 68-jähriger Pensionist wurde am vergangenen Mittwoch in der 40.000-Einwohner-Gemeinde im Süden Spaniens auf offener Straße angegriffen. Gegenüber spanischen Medien bestätigte er, dass er ohne Grund von drei nordafrikanischen Jugendlichen attackiert worden sei.

Bilder seines geschwollenen Gesichts sowie ein vermeintliches Video des Angriffs verbreiteten sich rasch in sozialen Netzwerken – das Video stellte sich später jedoch als falsch heraus.

Sowohl die Polizei als auch das Opfer bestätigten, dass die Aufnahme in keinem Zusammenhang mit dem Vorfall stand.

Rechtsextreme "Jagd" nach Migranten

Trotz der Richtigstellung nutzten rechtsextreme Gruppen die Situation, um gezielt gegen Menschen mit nordafrikanischem Hintergrund vorzugehen.

In Telegram-Kanälen und über andere Plattformen wurden Gleichgesinnte aus ganz Spanien mobilisiert, um nach Torre Pacheco zu reisen und sich einer regelrechten "Jagd" anzuschließen.

Am Wochenende erreichten die Ausschreitungen ihren Höhepunkt: Vermummte Täter zerstörten Autos und verwüsteten gezielt Geschäfte, die von Menschen mit Migrationshintergrund geführt werden.

Ein Kebab-Restaurant wurde vollständig zerstört. Der Besitzer berichtete dem Fernsehsender "Antena 3", dass eine mit Macheten, Holzlatten und Steinen bewaffnete Gruppe in das Lokal eindrang: "Wir sind durch die Hintertür geflüchtet", sagte er.

Und weiter: "Das ist keine Gerechtigkeit, das ist Rassismus."

Gewalt und Zusammenstöße auf offener Straße

Die Situation verschärfte sich weiter, als auch Gruppen von Migranten begannen, sich ebenfalls zu bewaffnen und den rechtsextremen Angreifern entgegenzutreten.

Bei den Zusammenstößen kam es zu heftigen Auseinandersetzungen, bei denen auch Polizist:innen mit Flaschen und Gegenständen beworfen wurden.

Der Bürgermeister Pedro Ángel Roca rief Menschen mit Migrationshintergrund dazu auf, nicht auf die Straßen zu gehen und den Angreifern nicht zu begegnen.

Mindestens 14 Personen festgenommen

Bisher wurden 14 Personen festgenommen. Drei davon stehen direkt in Zusammenhang mit dem Angriff auf den 68-jährigen Pensionisten. Einer der Tatverdächtigen wurde im Baskenland festgenommen, als er versuchte, nach Frankreich zu fliehen.

Weitere sieben Festnahmen – darunter ein Mann marokkanischer Herkunft und sechs spanische Staatsbürger – stehen im Zusammenhang mit den Krawallen. Ihnen werde Störung der öffentlichen Ordnung, Hassvergehen und vorsätzliche Körperverletzung vorgeworfen.

Nach verstärkter Polizeipräsenz ist die Lage in Torre Pacheco derzeit unter Kontrolle. Am Dienstag fand zwar noch eine Demonstration statt, dieser folgten laut dem öffentlich-rechtlichen Sender RTVE jedoch weniger als hundert Personen.

Eine Stadt im Ausnahmezustand

Zur Normalität wird Torre Pacheco aber wohl noch länger nicht zurückkehren können. Der Großteil der Geschäfte und Lokale in der Kleinstadt sind weiterhin geschlossen.

Bewohner:innen der Stadt distanzierten sich deutlich von den gewalttätigen Gruppen. "Diese Leute vertreten Torre Pacheco nicht und kommen von außen, um zu provozieren", sagte etwa ein Mann gegenüber RTVE.

Der Bürgermeister der Stadt betonte, dass 30 Prozent der Einwohner von Torre Pacheco aus Einwandererfamilien stammen - vor allem aus Marokko. Der Großteil lebe bereits seit über 20 Jahren in Torre Pacheco und sei fest in die lokale Landwirtschaft eingebunden.

Es gebe aber natürlich auch Straftaten. Er forderte eine erhöhte Polizeipräsenz für das gesamte Jahr und ein Versammlungsverbot für rechtsextreme Gruppen in der Stadt.

Zusammenfassung
  • Ein Angriff auf einen 68-Jährigen hat in der südspanischen Kleinstadt Torre Pacheco eine Welle rechtsextremer Gewalt ausgelöst.
  • Angefacht durch Falschinformationen in sozialen Netzwerken marschierten rechtsextreme Gruppen durch die Straßen und griffen gezielt Menschen mit Migrationshintergrund an.
  • Bei Zusammenstößen mit Gruppen von Migranten kam es zu heftigen Auseinandersetzungen.
  • Mindestens 14 Menschen wurden festgenommen.