Holocaust-Überlebender: Menschen sind "nicht klüger geworden"

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Zeitzeuge und Ausschwitz-Überlebender Erich Finsches erzählt im PULS 24 Interview seine Geschichte. Darüber, wie er diese Zeit erlebt hat und welche besondere Message er der jüngeren Generation mitgeben will.

Am 9. November vor 85. Jahren ereigneten sich die NovemberpogromeIn der Nacht auf den 10. November 1938 wurden Synagogen in Österreich in Brand gesteckt, jüdische Geschäfte geplündert und Jüd:innen misshandelt.

An diese Zeit erinnert sich der Zeitzeuge Erich Finsches - damals noch ein Kind - sehr gut. Kurz vor den Novemberpogromen 1938 habe man Jüd:innen bereits diskriminiert und zum Teil beschimpft, erzählt der heute 96-Jährige im PULS 24 Interview.

"Eine menschenlose Zeit"

"Fürchterlich" sei diese Zeit gewesen. "Ich habe schon gesehen, was sich abspielt. Ich habe gesehen, wie man die Leute auf den Straßen zusammenschlägt, beschmiert, anrempelt", so Finsches, sie "erniedrigt mit Worten oder durch Taten, nur deswegen, weil sie den jüdischen Glauben hatten oder sie als Jude erkannt wurden."

Auch Frauen und Männer, die "ein bisschen jüdisch gewirkt" oder sich für Jüd:innen eingesetzt haben, seien genauso verprügelt und erniedrigt worden. "Es war eine Katastrophe", fasst Finsches seine Erinnerungen an das dunkelste Kapitel der österreichischen Geschichte zusammen.

"Es war eine menschenlose Zeit", meint der Zeitzeuge. Der Holocaust ist "das größte Übel der Geschichte gewesen".

"Menschen nicht klüger geworden"

"Sowas darf nie wieder vorkommen", betont der 96-Jährige. Bedauerlich findet er es, "dass Menschen auf sowas nicht zurückdenken, dass solche Sachen heute immer wieder passieren können oder immer wieder irgendwelche Diskriminierungen passieren". Die Menschen seien "nicht klüger geworden".

Es sei damals nicht nur die nationalsozialistische Partei gewesen, die glaubte, sie müsse Menschen beherrschen. "Sie hat viele Menschen beherrscht." Vielen habe man "das Gehirn herausgenommen". Joseph Goebbels habe die Menschen "niedergewalzt mit seinen Reden". Aber auch heute sei es nicht viel besser.

Erich Finsches, Helene Maimann, Philipp Blom und Karoline Edtstadler im Interview bei Milborn

Zeitzeuge Erich Finsches, Autorin und Filmemacherin Helene Maimann, Historiker und Journalist Philipp Blom und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) über den Nahost-Konflikt und Antisemitismus in Österreich.

Der Glaube an die Menschheit

Die Regierungen hätten "die ganzen Jahrzehnte verabsäumt, aufkeimende Interessen von nationalsozialistische Gruppen, egal welche Formate sie waren, zu unterbinden" oder "dementsprechend zu belehren, umzuschulen", meint Finsches. Es gehe nicht um den Glauben - die Menschheit sei von Natur aus gut

"Ich glaube an Menschen guten Willens", weil die "Menschen sind von sich aus sind nicht schlecht", sie würden nur "schlecht gemacht werden oder schlecht beeinflusst werden durch Menschen, die minderwertig ausgebildet sind", die "Hass in sich" hätten. "Wenn ich einen Hass hätte auf die Menschen... Was man mir alles angetan hat im Nationalsozialismus, das könne man nicht beschreiben", so der Holocaust-Überlebende.

Es habe auch damals "sehr viele Menschen guten Glaubens gegeben, anständige Menschen". "Es waren nicht alle Verbrecher im Deutschen Reich, die gemordet, geschlagen und gequält haben. Es hat auch unter ihnen Menschen gegeben, die sich wie Menschen benommen haben", betont der Zeitzeuge.

Die Menschen sind von sich aus nicht schlecht. Sie werden nur schlecht gemacht oder schlecht beeinflusst

Zeitzeuge Erich Finsches

Eine Botschaft an die jüngere Generation

Erich Finsches wurde 1927 geborgen - der Ausschwitz-Überlebende ist der älteste Zeitzeuge in Österreich, der noch Schulen besucht. Wenn er den Kindern seine Geschichte erzählt, seien diese "sehr aufgeschlossen". "Sie nehmen das auf, wie ich es ihnen erzähle, ohne Voreingenommenheit, ohne Hass", so Finsches.

Für die jüngere Generation hat er vor allem eine Botschaft: "Lernt, lernt und lernt wieder". Habe man Bildung, sei man von niemandem abhängig, auch von "keiner Partei". 

Aufklärung ist ihm ein besonderes Anliegen. Die Menschen sollen aufgeklärt werden gegen die Diskriminierung von Menschen jeder Art. Das sei wichtig, damit die Menschheit "in Frieden leben kann".

ribbon Zusammenfassung
  • Zeitzeuge und Ausschwitz-Überlebender Erich Finches erzählt im PULS 24 Interview seine Geschichte.
  • Kurz vor den Novemberpogromen 1938 habe man Jüd:innen bereits diskriminiert und zum Teil beschimpft, erzählt der 96-Jährige.
  • "Es war eine menschenlose Zeit", meint der Zeitzeuge. Der Holocaust sei "das größte Übel der Geschichte gewesen".
  • Bedauerlich findet er es, "dass Menschen auf sowas nicht zurückdenken, dass solche Sachen heute immer wieder passieren können oder immer wieder irgendwelche Diskriminierungen passieren". Die Menschen seien "nicht klüger geworden".
  • Vor allem für die jüngere Generation hat er eine ganz besondere Message.