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Grazer Erwachsenenvertreter zu sechs Jahren Haft verurteilt

03. Juli 2025 · Lesedauer 4 min

Ein Erwachsenenvertreter ist am Donnerstag im Grazer Straflandesgericht wegen Untreue zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Der Mann hat seit 2019 Klienten rund 714.000 Euro aus der Tasche gezogen und das Geld teils für sich selbst, teils für einen Freund verwendet. Die Anklage listete 37 Geschädigte auf, allerdings könne die Zahl durchaus höher sein, denn das seien nur jene, die man nachweisen konnte. Der Beschuldigte gestand alles. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Der Ankläger fasste im Eröffnungsplädoyer die Vorwürfe zusammen: "Sie haben die Befugnis über fremdes Vermögen missbraucht." Es geht um unzählige Transaktionen, teils über verschiedene Konten. Zudem soll sich der Grazer - sogar auf seinen Visitenkarten - als Magister ausgegeben haben. Statt für Medikamente und Arztkosten, wie auf den Überweisungen angegeben, verwendete der Mann das Geld für sich selbst und zum Teil für eine Firma, die er mit einem Freund betrieb, der ebenfalls von den veruntreuten Geldern profitiert haben soll.

Der Angeklagte selbst gab an, dass etwa die Hälfte des Geldes an seinen Freund ging, der ihm im Gegenzug angeblich einen Darlehensvertrag über 350.000 Euro unterzeichnet habe. Wohin der Rest kam, blieb vorerst unklar und konnte auch der Beschuldigte nicht aufklären. "Besonders perfide" sei laut Staatsanwalt, dass die Opfer nun teilweise kein Geld mehr haben und die öffentliche Hand für deren Unterhalt oder Pflege aufkommen müsse - "also wir alle sind Geschädigte". Der verpflichtenden Rechnungslegung sei der Mann auch nicht immer nachgekommen. Der Ankläger bedankte sich auch bei den zahlreichen Rechtsanwälten, die die Interessen der Geschädigten vertreten, und die mit hohem Rechercheaufwand die Anklage in diesem Umfang erst möglich gemacht hätten.

Der Verteidiger des Angeklagten meinte, dass sein Mandant eigentlich ein hilfsbereiter Mensch sei und begonnen habe, "Vermögenswerte zu verschieben, um Schwächeren zu helfen". Das sei natürlich nicht erlaubt, weshalb sich der Beschuldigte auch schuldig bekenne. Als der Erwachsenenvertreter dann selbst am Wort war, unterstrich er das: "Ich habe auf die harte Art und Weise lernen müssen, Nein zu sagen und nicht ein idiotisches Helfersyndrom auszuleben. Es war dumm und blöd. Ich weiß nicht, wie es so weit kommen konnte."

Angeklagter: "Es war ein Geben und Nehmen"

Nach und nach verstrickte sich der Angeklagte aber immer weiter im Netz der Fragen der Richterin und machte Angaben, die bei seinem Verteidiger für immer mehr Kopfschütteln sorgten. Auf die Frage, warum er für so viele Menschen als Erwachsenenvertreter fungierte, meinte der Angeklagte, er habe damit den Behörden einen Gefallen getan, denn Erwachsenenvertreter sind rar: "Es war ein Geben und Nehmen." Daraufhin meinte die Richterin: "Dieser Satz ist fast schon lustig, wenn es nicht so tragisch wäre."

Der Angeklagte versuchte darzulegen, dass er Gelder "von Einkommensstärkeren an Einkommensschwächere" umverteilt habe. Dabei sei es aber auch zu "Schlampigkeiten" gekommen. Auf weitere Details wollte er dann - wohl auf Anraten seines Verteidigers - nicht eingehen: "Die tun ja nichts zur Sache." "Das entscheide schon noch ich", entgegnete die Richterin forsch.

Unklarheiten bei Vermögenswerten des Beschuldigten

Rechtsanwalt Peter Edelsbrunner, einer der Opfervertreter, nahm den Beschuldigten nach der Richterin auch noch in die Mangel und meinte zu ihm, dass er den Schaden wohl nicht wieder gutmachen könne, auch wenn er das beteuere: "Und was Sie uns als Geständnis verkaufen wollen, ist das Wort Geständnis nicht wert." Er sehe auch keine Reue. Die Wohnung des Beschuldigten soll nun zwar verkauft werden und einen Großteil des Schadens wieder gutmachen, allerdings sei ein Mieter in der Wohnung, was den Wert deutlich mindere. Daraufhin entbrannte unter den zahlreichen Anwälten eine lautstarke Auseinandersetzung. Der Verteidiger des Erwachsenenvertreters meinte resignierend: "Sie bekommen Ihr Geld schon."

Für ein Raunen im gut besetzten Grazer Schwurgerichtssaal sorgte der Fall eines Mannes im Rollstuhl, den der Beschuldigte vertreten hatte. Der Angeklagte hatte von ihm rund 55.000 Euro abgezweigt, führte der Opfervertreter aus. Außerdem könnte es noch weitere Geschädigte geben. Am Ende entschied das Schöffengericht, dass der Mann sechs Jahre Haft verbüßen soll. Die bisherige Untersuchungshaft wird ihm angerechnet. Weder die Staatsanwaltschaft noch der Angeklagte gaben eine Erklärung ab. Das Urteil ist daher noch nicht rechtskräftig. Die Richterin wolle außerdem noch entscheiden, ob die Liegenschaften des Mannes beschlagnahmt werden. Diese Entscheidung werde später schriftlich bekannt gegeben.

Zusammenfassung
  • Ein Erwachsenenvertreter aus Graz wurde am Donnerstag wegen Untreue zu sechs Jahren Haft verurteilt, nachdem er seit 2019 rund 714.000 Euro von mindestens 37 Klienten veruntreut hatte.
  • Der Angeklagte verwendete das Geld teils für sich selbst, teils für einen Freund, mit dem er einen Darlehensvertrag über 350.000 Euro abschloss, wobei die tatsächliche Zahl der Geschädigten noch höher liegen könnte.
  • Die öffentliche Hand muss nun teilweise für die Versorgung der Opfer aufkommen, während das Urteil noch nicht rechtskräftig ist und die Richterin über eine mögliche Beschlagnahmung der Liegenschaften entscheiden will.