Deradikalisierung
Social-Media-Verbot würde Radikalisierung nicht verhindern
Am Montag stand vor dem Wiener Straflandesgericht ein 15-Jähriger, der einen Anschlag am Wiener Westbahnhof geplant hatte. Er sammelte Waffen, baute an einer Bombe und legte einen Treueschwur auf den IS ab. Er radikalisierte sich unter anderem via TikTok. Der Schüler war nach länderübergreifenden Ermittlungen am 10. Februar in der elterlichen Wohnung in Währing festgenommen worden.
Am Montagnachmittag lautete das Urteil: zwei Jahre teilbedingte Haft. Acht Monate davon sind unbedingt. Da er bereits fünf Monate in U-Haft verbracht hat, wird er in rund drei Monaten entlassen.
Zum Umfeld des Jugendlichen hatte die Deradikalisierungsstelle DERAD bereits Monate vor dem Bekanntwerden der Pläne Kontakt.
Das Umfeld seien "die üblichen Verdächtigen", in dem es oft schwer sei, zu potenziellen Gefährder:innen durchzudringen, erklärt Moussa Al-Hassan Diaw, Islamforscher und Mitgründer der NGO DERAD – Extremismusprävention, Dialog und Demokratie.
Feindbilder sind hier auch andere Muslim:innen, die den Glauben in den Augen Radikaler nicht "richtig" ausleben würden. Im Falle des 15-Jährigen kommt als Feindbild die Demokratie und Gesellschaft, mit der Polizei als Teil des Staatsapparats hinzu. Es gab konkrete Anschlagspläne auf Polizist:innen.
Social-Media Verbot kein vollständiger Schutz
"Radikalisierung bei jungen Leuten, das kann relativ schnell gehen, leider", so Diaw. Eine Rolle dabei spielen auch soziale Netzwerke und Messengerdienste, über die unter anderem ins Ausland kommuniziert wird.
Ein Social-Media-Verbot für junge Menschen würde Online-Radikalisierung aber nicht grundsätzlich verhindern können. Gerade im digitalen Raum gibt es dutzende Plattformen und Messenger, die gar nicht alle vollständig für junge Menschen verboten werden können.
Das Ziel, die Gesellschaft hier zu bekämpfen, sei ein zentrales Ziel in der Ideologie junger Extremisten. Ziel des Vereins ist es, junge Menschen so gut wie möglich von derartiger Ideologie fernzuhalten.
Hürden dabei sind auch interne Strukturen und alternative "Hilfsvereine", die allerdings nicht vollständig vor extremistischem Gedankengut schützen würden, erklärt der Experte.
Zusammenfassung
- Ein 15-jähriger Schüler wurde am Wiener Straflandesgericht zu zwei Jahren teilbedingter Haft verurteilt, weil er einen Anschlag am Westbahnhof plante, Waffen sammelte und dem IS die Treue schwor.
- Die Radikalisierung erfolgte unter anderem über TikTok und andere soziale Netzwerke, wobei laut Islamforscher Moussa Al-Hassan Diaw eine schnelle Radikalisierung bei Jugendlichen möglich ist.
- Ein Social-Media-Verbot würde laut Experten Online-Radikalisierung nicht grundsätzlich verhindern, da es zahlreiche Plattformen und Messenger gibt, die nicht vollständig kontrolliert werden können.