Der Tod von Lisa-Maria Kellermayr und die "Wurstigkeit" der Behörden

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Nach Hinweisen aus der PULS 4 Dokumentation zum Todestag der oberösterreichischen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr prüfen die deutschen Behörden neue Spuren. Die oberösterreichischen Behörden hätten laut dem Journalisten Oliver Das Gupta hingegen eine "etwas unglückliche Rolle" gespielt.

Lisa-Maria Kellermayr, Ärztin in Seewalchen am Attersee, wurde monatelang von Corona-Leugner:innen im Netz angegriffen und bedroht. Schließlich sperrte sie ihre Praxis zu und stand - auch wegen Ausgaben für Sicherheitsmaßnahmen - vor einem Schuldenberg. 

Noch immer sind die Verfasser der Hassnachrichten nicht ausgeforscht. Mehrere Verfahren laufen noch. In Berlin und Würzburg wird wegen Ergebnissen der PULS 4 und Joyn Dokumentation geprüft, ob wieder ermittelt wird. Der Anwalt Chan-Jo Jun könnte vom gleichen Täter bedroht worden sein. Investigativjournalist Oliver Das Gupta hat das im Rahmen der Dokumentation der Filmemacherin Alexandra Venier von Forensikern überprüfen lassen. 

Lisa-Maria Kellermayr beging vor einem Jahr Suizid. Das Gupta ist nun "latent optimistisch", dass bei den Ermittlungen doch noch etwas weitergeht. Spuren würden nach Norddeutschland und in die Gaming-Szene führen. Im Talk mit Justizministerin Alma Zadić, dem ehemaligen Gesundheitsminister Rudolf Anschober und der Journalistin Rosemarie Schwaiger - moderiert von Corinna Milborn - kritisiert Das Gupta aber das bisherige Vorgehen der Behörden. 

Die "Wurstigkeit" in Oberösterreich

Angefangen hat alles mit einem Tweet der Landespolizeidirektion Oberösterreich. Kellermayr kritisierte eine Demonstration von Corona-Maßnahmen-Gegner:innen, die im Zuge einer Demonstration eine Rettungseinfahrt beim Spital in Wels blockierten. Die Polizei bezeichnete das als Falschmeldung. Die Einfahrt war tatsächlich blockiert, die Rettung konnte dennoch fahren. 

Der Tweet der Polizei befeuerte eine Hasswelle gegen die Ärztin aus Seewalchen. In einem Interview unterstellte ein Pressesprecher der Polizei zusätzlich, Kellermayr wolle sich profilieren.

"Eine etwas unglückliche Rolle" spielte die Landesebene in Oberösterreich, resümiert Das Gupta. Der Pressesprecher der Polizei wolle nicht mehr über den Fall reden. Auch die Staatsanwaltschaft Wels habe eine "Spiegel"-Kollegin bei Nachfragen nach dem Fall Kellermayr gefragt, warum das überhaupt von Interesse sei. Auch das Wort "Sommerloch" sei damals gefallen, erzählt der Journalist. Es habe "eine gewisse Wurschtigkeit" geherrscht. Als sich dann die Bundesebene in Form von Staatsschutz-Chef Omar Haijawi-Pirchner einschaltete, war es "wahrscheinlich schon zu spät". 

Auf Bundesebene hätte man bemerkt: "Die in Oberösterreich 'kriegen das nicht gebacken"', meint Das Gupta. Im Bund habe man wenigstens erkannt, dass der Fall wichtig sei, weil er "für so viele Menschen steht". Viele Menschen - vor allem im Gesundheitsbereich - hätten damals Hassnachrichten und Bedrohungen erhalten. Die Täter fühlen sich in der Anonymität sicher.

Das Gupta spricht sich - "ohne ein Plädoyer für den Bundestrojaner halten zu wollen" - für eine Diskussion darüber aus, ob die Behörden in solchen Fällen die richtigen Instrumente hätte. Derzeit hätte man den Eindruck, diese würde aus der "Zeit vor der digitalen Revolution" stammen. 

Schulungen bei Justiz und Polizei

Auch der ehemalige Gesundheitsminister Rudolf Anschober spricht sich dafür aus, dass der Fall Kellermayr bei Polizei und Ärztekammer aufgearbeitet gehöre. Ob das passiert sei, wisse er nicht. Man müsse aus dem Fall lernen, sagt er. Justizministerin Alma Zadić verweist auf das "Hass im Netz"-Paket mit einer niederschwelligen Möglichkeit, Screenshots an Bezirksgerichte zu schicken, auch eine psychosoziale Prozessbegleitung gebe es. Man müsse diese Instrumente aber bekannter machen, gesteht sie zu. Damit Behörden nicht handeln, wie in Oberösterreich, würde man bei Polizei und Justiz Schulungen durchführen. 

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Der Fall Kellermayr: Wiederaufnahme der Ermittlungen wegen PULS 4 Doku

ribbon Zusammenfassung
  • Nach Hinweisen aus der PULS 4 Dokumentation zum Todestag der oberösterreichischen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr prüfen die deutschen Behörden neue Spuren.
  • Die oberösterreichischen Behörden hätten laut dem Journalisten Oliver Das Gupta eine "etwas unglückliche Rolle" gespielt.