APA/EVA MANHART

Demo gegen Dragqueen-Lesung: Blockade-Versuche in der Innenstadt

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Es sollte nur eine Lesung für Kinder sein, die am Sonntag in der Türkis Rosa Lila Villa eine Dragqueen abhielt. Doch Rechte und Rechtsextreme mobilisieren seit Wochen dagegen. Linke Gruppierungen wollen die Lesung vor ihnen schützen. Bestätigt wurde auch eine Anzeige nach dem Verbotsgesetz.

Schon für den frühen Sonntagvormittag hatten diverse linke Gruppierungen dazu aufgerufen, sich bei der Türkis Rosa Lila Villa an der Linken Wienzeile einzufinden, um mögliche Störaktionen von Rechtsextremen zu verhindern, denn die Forderung nach einem Platzverbot von unter anderem den Grünen und der SPÖ gab die Polizei nicht statt. Das Polizeiaufgebot vor der U-Bahn-Station Pilgramgasse war dennoch groß. Es kam zu Verkehrssperren.

Die Polizei trennte die zwei Gruppierungen zunächst vor der Türkis Rosa Lila Villa. Die Stimmung war laut Augenzeugen angespannt, die Demos waren von lautem Geschrei begleitet, wie PULS 24 vor Ort miterlebte. Selbst mehrere Pressevertreter:innen berichten, dass sie von der Polizei weggeschickt wurden.

Die linken Gruppierungen, die sich direkt vor der Villa versammelten, waren den rechten Gruppierungen zahlenmäßig überlegen, wie PULS 24 Chronik-Chefreporterin Magdalena Punz berichtet.

Polizei-Pufferzone trennt hunderte Rechte und Linke bei Demo

Zu den Klängen von Nummern wie "I Will Survive" wurden Regenbogenfahnen geschwenkt, die geschätzt 400 bis 500 Teilnehmer skandierten etwa "Es gibt kein Recht auf Nazi-Propaganda". Noch bis 18 Uhr läuft eine Solidaritätskundgebung unter dem Motto "Wien ist queer! Drag is not a crime", bei der auch Conchita Wurst auftreten wird.

Anzeige nach Verbotsgesetz

Geschätzte hundert Personen befanden sich auf der anderen Seite, um unter anderem zu den Klängen des Radetzkymarschs gegen die Drag-Queen-Lesung zu protestieren. Unter anderem wurden auch Kreuze und eine Marienstatue hochgehalten. Unter den Demonstranten waren Rechtsextreme, christliche Fundamentalisten und Vertreter der FPÖ. Die Polizei bestätigt, dass es eine Anzeige nach dem Verbotsgesetz gegen einen Teilnehmer der rechten Demo gab, weil dieser den Arm mutmaßlich zum Hitlergruß ausgestreckt haben soll.

Gegen Mittag zog die Demo mit Teilnehmern aus der rechtsextremen Szene dann in Richtung Innenstadt zum Heldenplatz. Laut Polizei wurde das so angemeldet. Dabei sollen linke Aktivist:innen versucht haben, den mittlerweile recht kleinen Zug zu blockieren. Dabei soll es vereinzelt zu Pfefferspray-Einsatz gekommen sein, wie Videos in den sozialen Medien zeigen. Festnahmen gab es laut Polizei keine.

Lesung fand planmäßig statt

Die Lesung für Kinder in der Villa fand nach PULS 24 Informationen hingegen pünktlich und wie geplant statt. Die Stimmung war gut, die Kinder tanzten, berichtet Reporterin Magdalena Punz. Rund 80 Tickets wurden verkauft, rund 40 Kinder kamen mit ihren Eltern. Die Veranstaltung wurde wegen der Demos in den ersten Stock verlegt. Dort inszenierte Künstlerin Freya van Kant als Prinzessin im roten Glitzer-Tüllkleid und auftoupierter blonder Perücke eine Märchengeschichte, wie man sie aus dem klassischen Erlebnis-Kindertheater kennt, samt Tanzeinheit und Fechtrunde mit Schwimmnudeln - nur dass diesmal die Prinzessin den vom Drachen verschleppten Prinzen retten musste und nicht umgekehrt.

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Gegen die Lesung mobilisierten Rechtsextreme und christliche Fundamentalisten sowie die Freiheitliche Jugend, Personen aus dem Umfeld der Corona-Maßnahmen-Gegner und Verschwörungsideologen seit Wochen. Auch die FPÖ selbst, aber auch die ÖVP griffen die Veranstaltung verbal an. 

Forderung nach Schutzzone abgelehnt

Aktivist:innen sowie Vertreter:innen von SPÖ und Grünen forderten deswegen im Vorfeld von der Polizei, eine Schutzzone um die Villa zu errichten, damit die Lesung ohne Störungen stattfinden könne. Eine Schutzzone gab es dann nicht. Die Polizei teilte mit, man werde einen Schutzbereich von 50 Metern einrichten, der mit Tretgittern gesichert sei. 

Grüne Frauensprecherin: "Solidarität stärker als Hetze"

"Statt einer großflächigen Schutzzone werde es nur eine Trennung der beiden gleichzeitig stattfindenden Demos durch eine Sperre geben. "Es zeigt, wo die Prioritäten bei der Polizei liegen: Nämlich die rechtsextreme Demo zu schützen und nicht die Villa, die Lesung/Show für Kinder, Regenbogenfamilien oder queere Safespaces", kritisierte etwa von Denise Van de Cruze vom Villa Vida, dem Lokal, in dem die Lesung stattfindet. 

Dragqueen-Lesungen und auch die Türkis Rosa Lila Villa selbst waren in der Vergangenheit immer wieder Ziel von An- und Übergriffen. Mutmaßliche Rechtsextreme klettern in der Nacht auf den 29. März auf ein Baugerüst und brachten ein Plakat mit einer gegen die Community gerichteten Parole an der Villa an.  Im Juni 2022 wurde der Zugang zur Bücherei Mariahilf zugemauert, um die Lesung der Dragqueen Candy Licious zu verhindern. Zuvor hatten rechtsextreme Gruppen gegen die Veranstaltung gehetzt.

Achtung, Drag Queen!?

Auch ÖVP gegen Lesung

Während Wiens Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS) die Demos gegen die Lesung als "ein Zeichen von Intoleranz" bezeichnete, stellte sich die Wiener ÖVP auf die Seite der Gegendemos. Wiens ÖVP-Chef Karl Mahrer bezeichnete die Lesung in einer Aussendung vom Samstag als "nicht unschuldig". Er verlangte von Wiederkehr die Einstellung aller Förderungen der Stadt Wien für Projekte und Vereine, "die Kinder und Jugendliche einseitig beeinflussen". 

ribbon Zusammenfassung
  • Es sollte nur eine Lesung für Kinder sein, die am Sonntag in der Türkis Rosa Lila Villa an der Linken Wienzeile eine Dragqueen abhielt.
  • Doch Rechte und Rechtsextreme mobilisieren seit Wochen dagegen. Linke Gruppierungen wollen die Lesung vor ihnen schützen.
  • Die linken Gruppierungen, die sich direkt vor der Villa versammelten, sind den rechten Gruppierungen zahlenmäßig überlegen.
  • Gegen Mittag zog die Demo mit Teilnehmern aus der rechtsextremen Szene dann in Richtung Innenstadt. Laut Polizei wurde das so angemeldet. 
  • Dabei sollen linke Aktivist:innen versucht haben, den mittlerweile recht kleinen Zug zu blockieren. Dabei soll es vereinzelt zu Pfefferspray-Einsatz gekommen sein, wie Videos in den sozialen Medien zeigen. Festnahmen gab es laut Polizei keine.