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BVT, HNA und Abwehramt: Die heimischen Nachrichtendienste und ihre Aufgaben

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Durch die Ermittlungspannen beim Anschlag in Wien rücken die heimischen Nachrichtendienste wieder in den Fokus. Welche es gibt und was sie zu tun haben.

Heeresnachrichtendienst, Abwehramt und das Amt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. In Österreich gibt es drei Nachrichtendienste - keine Geheimdienste. Während die Haupaufgabe von Nachrichtendiensten die Beschaffung und Auswertung von Informationen ist, setzen Geheimdienste operative Maßnahmen. Geheimdienste führen verdeckte Operationen zum Zwecke der Beeinflussung durch, Nachrichtendienste nur zum Zwecke der Informationsbeschaffung.

Die Erkenntnisse der Nachrichtendienste sollen der Entscheidungsfindung der obersten politischen und militärischen Führung dienen. Nachrichtendienste entstanden primär aus militärischen Notwendigkeiten, und das schon in der Antike. Die Bandbreite der gesammelten Informationen reicht von Nachrichten über Land und Leute bis hin zur detaillierten Beschreibung von Herrschaftssystemen und deren strategischer Ausrichtung.

Amt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung

Als polizeiliche Staatsschutzbehörden fungieren in Österreich das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) und neun Landesämter für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT). Das BVT ist Teil einer Sicherheitsbehörde und organisationsrechtlich in der Sektion II, Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit, des Bundesministeriums für Inneres (BMI) eingegliedert. Die LVT sind organisatorisch den jeweiligen Landespolizeidirektionen (LPD) zugehörig und somit auch Teil einer Sicherheitsbehörde.

Das BVT ist 2002 aus der Staatspolizei sowie einigen Sondereinheiten (EDOK und EBT - Einsatzgruppe zur Bekämpfung des Terrorismus) entstanden.

Aufgaben

Die Aufgaben des BVT sind im Polizeilichen Staatsschutzgesetz folgendermaßen definiert: "Der polizeiliche Staatsschutz dient dem Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit sowie von Vertretern ausländischer Staaten, internationaler Organisationen und anderer Völkerrechtssubjekte nach Maßgabe völkerrechtlicher Verpflichtungen, kritischer Infrastruktur und der Bevölkerung vor terroristisch, ideologisch oder religiös motivierter Kriminalität, vor Gefährdungen durch Spionage, durch nachrichtendienstliche Tätigkeit und durch Proliferation sowie der Wahrnehmung zentraler Funktionen der internationalen Zusammenarbeit in diesen Bereichen."

Zu den Kernaufgaben des BVT zählen damit die Bekämpfung extremistischer und terroristischer Phänomene, von Spionage, des internationalen Waffenhandels, des Handels mit Kernmaterial und der organisierten Kriminalität in diesen Bereichen. Darüber hinaus obliegt dem BVT die Veranlassung und Koordination bzw. Umsetzung von Personen- und Objektschutzmaßnahmen, der Schutz von Vertretern ausländischer Staaten, internationaler Organisationen und anderen Völkerrechtssubjekten. Das BVT erstellt jährlich den Verfassungsschutzbericht.

Heeresnachrichtenamt (HNA)

Das HNA, der einzige strategische Auslandsnachrichtendienst der Republik Österreich, hat sicherheitspolitisch relevante Informationen über Regionen und Akteure, welche Auswirkung auf die nationale Sicherheit Österreichs und somit der EU haben, zu beschaffen, aufzubereiten und der obersten politischen und militärischen Führung der Republik in Form von Lageberichten und Lagevorträgen darzustellen.

Zusätzlich zu den politischen und militärischen Bedarfsträgern Österreichs unterstützt das HNA auch das "Situation Center" der EU und den EU Militärstab durch bedarfsgerechte Nachrichten.

Wesentliche Rechtsgrundlage der Tätigkeit der nachrichtendienstlichen Aufklärung ist das Militärbefugnisgesetz (MBG). Darin heißt es: "Die nachrichtendienstliche Aufklärung dient der Beschaffung, Bearbeitung, Auswertung und Darstellung von Informationen über das Ausland oder über internationale Organisationen oder sonstige zwischenstaatliche Einrichtungen betreffend militärische und damit im Zusammenhang stehende sonstige Tatsachen, Vorgänge und Vorhaben."

Abwehramt

Das Abwehramt wurde 1985 aus dem Heeresnachrichtenamt herausgelöst. Ziel war es, eine deutlichere Trennung zwischen den Aufgabenfeldern der nachrichtendienstlichen Aufklärung und jenen der nachrichtendienstlichen Abwehr zu schaffen. Die Aufgabe des Abwehramts ist der Schutz nach innen. Es soll Bedrohungen der militärischen Rechtsgüter (Personen, Sachen, Geheimnisse) wie Spionage, Sabotage, Subversion und Extremismus abwehren. Seine gesetzliche Definition lautet folgendermaßen: "Die nachrichtendienstliche Abwehr dient dem militärischen Eigenschutz durch die Beschaffung, Bearbeitung, Auswertung und Darstellung von Informationen über Bestrebungen und Tätigkeiten, die vorsätzliche Angriffe gegen militärische Rechtsgüter zur Beeinträchtigung der militärischen Sicherheit erwarten lassen.

Wer kontrolliert die Arbeit der Nachrichtendienste?

Die Arbeit dieser Ämter verläuft zwar abseits der öffentlichen Wahrnehmung, aber keinesfalls abseits der demokratischen Kontrolle. Neben der Dienst- und Fachaufsicht im Verteidigungsministerium wird die Arbeit der Heeres-Dienste durch einen unabhängigen Rechtsschutzbeauftragten, den ständigen Unterausschuss zum Landesverteidigungsausschuss und weitere staatliche Kontrollorgane beaufsichtigt. Die Arbeit des BVT wird u.a. von einem Rechtsschutzbeauftragten sowie vom Unterausschuss des Innenausschusses kontrolliert.

Geschichte der Nachrichtendienste

Die Entstehung der militärischen Nachrichtendienste in Österreich reicht zumindest bis zu den Napoleonischen Kriegen zurück. Ab 1802 sind erste Versuche eines strukturierten "militärischen Nachrichtenwesens" in der österreichischen Monarchie nachweisbar. 1850 wurde ein Evidenzbüro im Generalquartiermeisterstab geschaffen. Seit Maria Theresia verfügte die Monarchie über "Geheime Polizeiagenten", deren Hauptaufgabe die Überwachung der öffentlichen Sittlichkeit war. Im Gegensatz dazu hatte das Evidenzbüro als Nachrichtendienst eine sicherheitspolitisch/militärische Ausrichtung nach Außen (Auslandsnachrichtendienst). Ab den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts musste sich dieses auch mit der Spionageabwehr befassen. 1889 wurde der erste russische Spion in der Monarchie in Galizien verurteilt.

Das Ende der Österreichisch-ungarischen Monarchie führte zur Auflösung des Evidenzbüros. Zeitgleich wurde im neu geschaffenen Staatsamt für Heerwesen eine Dienststelle für den Nachrichtendienst eingerichtet. Nach der Wiedererlangung der österreichischen Souveränität wurde neuerlich eine Organisationseinheit für den militärischen Nachrichtendienst geschaffen, zuerst als Teil des Amtes für Landesverteidigung im Bundeskanzleramt und später im Verteidigungsministerium. Parallel dazu entwickelte sich ein dementsprechender Abwehrbedarf zum Schutz der eigenen, militärischen Vorbereitungsmaßnahmen. Im Jahr 1972 wurde das neu geschaffene Heeres-Nachrichtenamt (HNaA) mit der Auslandsaufklärung und Abwehr betraut; letztere Aufgabe wurde 1985 aus dem HNaA herausgelöst und zu dessen Wahrnehmung das Abwehramt geschaffen.

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  • Durch die Ermittlungspannen beim Anschlag in Wien rücken die heimischen Nachrichtendienste wieder in den Fokus. Welche es gibt und was sie zu tun haben.

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