50 Jahre ESA - Leichte Erhöhung des Austro-Beitrags
Die Weltraumforschung sei durchaus ein Stück weit "eine Trägerrakete für den Standort Österreich", wurde Infrastrukturminister Peter Hanke (SPÖ) in einer Aussendung zitiert. Im Rahmen der Industriestrategie 2035, die derzeit erarbeitet wird, solle der Bereich gezielt weiter gestärkt werden. Bei der ESA-Ministerratskonferenz im November will man daher Österreichs Beitrag von zuletzt 260 Mio. Euro (2023-2025) "auf bis zu 320 Mio. Euro" für die kommenden drei Jahre heben.
Man versuche seitens der ESA, bei dem Treffen in Bremen (Deutschland) ein "ambitioniertes Programm auf den Tisch zu legen", so Aschbacher vor Journalisten. Österreich habe einen am Bruttonationalprodukt orientierten Beitrag im ESA-Pflichtprogramm von 2,12 Prozent. Von Aschbachers derzeitigem ESA-Budgetvorschlag von insgesamt 23 Mrd. Euro ausgehend würde Österreich daher eigentlich auf etwas über 470 Mio. Euro zu liegen kommen: "Das wäre das, was Österreich erreichen sollte oder könnte, um im Trend zu sein mit anderen Ländern", so der aus Tirol stammende ESA-Generaldirektor. Er unterstrich, dass Österreich allgemein bei den Forschungsausgaben über dem EU-Schnitt liege, "und das ist wirklich lobenswert", aber im Bereich Weltraum hinke man hinterher.
Auch Dieter Grebner, Präsident von Austrospace und Geschäftsführer der Weltraumfirma Peak Technology (OÖ), verwies auf mehr benötigte Anstrengungen, im Inland wie auch in der Großregion: "Wir dümpeln in Europa etwas hinterher." Gerade auch mit Blick auf die geopolitische Lage, dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine und den sichtbaren Abhängigkeiten von den USA, sei das Hinterherhinken "unnotwendig". Technologisch sei man in Europa gut genug aufgestellt, es fehle "an Skalierung und dem Tun".
"Nur mit Wachstumspfad ist es möglich"
"Nur mit einem Wachstumspfad ist es möglich", sagte Karin Tausz, Geschäftsführerin der Forschungsförderungsgesellschaft FFG, "dass wir nicht nur den wachsenden Anforderungen des Sektors gerecht werden, sondern schlussendlich auch die Ziele der österreichischen Weltraumstrategie 2030 erfüllen". Global sei die Weltraumwirtschaft eine sehr stark wachsende Domäne, so Aschbacher, mit einem Wachstum von geschätzten zehn Prozent pro Jahr. Das Plus gehe vor allem auch darauf zurück, dass es sehr viel Nutzung des Weltraums "für den täglichen Bedarf" gebe, etwa bei Meteorologie oder Landwirtschaft über die Erdbeobachtung. Aber "Europa muss aufpassen", dass es auch im Vergleich zu den Anstrengungen, die etwa Länder wie die USA, Indien oder China unternehmen, nicht weiter ins Hintertreffen gerät.
Österreich habe sich in den Bereichen Satellitenkomponenten, Weltraumforschung und Quantenkommunikation "extrem gut positioniert", sagte Sabine Herlitschka, Vizepräsidentin der Industriellenvereinigung (IV) und Infineon-Vorstandsvorsitzende. Sie unterstrich, dass man über die unmittelbaren Weltraumaktivitäten vor allem auch andere Sektoren erschließen könne. Laut Schätzungen liegt das Exportverhältnis bei ESA-Investitionen bei 1 zu 4 und schafft damit vielfache Erlöse für österreichische Unternehmen. Die Bruttowertschöpfung der Weltraumwirtschaft in Österreich - der Sektor besteht aus rund 150 Unternehmen mit rund 1.300 Beschäftigten - beträgt laut Austrospace ungefähr 240 Mio. Euro.
ESA geht Richtung Verteidigungstechnologien
Speziell angesichts der geopolitischen Situation, aber auch seitens der von den USA bereits in den Raum gestellten Kürzungen bei der US-Raumfahrtbehörde NASA unterstrich man, dass sich Europa unabhängiger aufstellen, stärker und schneller werden müsse - und auch im Sicherheitsbereich einiges nachzuholen hat: So richtet sich die ESA nun verstärkt auf Technologieentwicklung im Verteidigungsbereich aus: "Die ESA kann im Verteidigungsbereich arbeiten, nicht im Angriffsbereich", so Aschbacher, das sei auch abgeklärt worden.
Bei der Ministerratskonferenz soll etwa ein neues Programm namens "European Resilience from Space" (ERS) aufgelegt und ein System aufgebaut werden, das sich etwa an US-"SpaceX Starshield" orientiert und mit Hilfe von Satelliten eine gezielte Beobachtung bestimmter Gebiete in hoher zeitlicher Frequenz zur Sicherheitsüberwachung ermöglichen soll. Mit einem zweiten Programm sollen "kritische Technologien" weiter vorangetrieben werden, etwa KI-, Sensor- oder Quantentechnologien, z.B. für die sichere Kommunikation. Um Investitionen in diesen Bereichen zu tätigen, verwiesen die Experten auch auf Möglichkeiten, hier Verteidigungsbudgets anzuzapfen: "Weltraumtechnologie ist eine Dual-Use-Technologie."
Großereignisse im Festjahr
Abseits der großen geopolitischen Überlegungen, steht ein kulturell-wissenschaftliches Ereignis an: Am 31. Mai liefert auch die ESA - in ihrem Jubiläumsjahr - gemeinsam mit WienTourismus einen Beitrag zum Strauss-Festjahr ab. Anlässlich des 200. Geburtstages von Johann Strauss gibt es eine Live-Performance der Wiener Symphoniker im Museum für angewandte Kunst in Wien. Als Höhepunkt soll der Donauwalzer durch die "Deep Space Antenne" der ESA in Cebreros (Spanien) in Richtung Voyager 1 gesendet werden.
Einen Tag zuvor jährt sich die Unterzeichnung der ESA-Konvention und damit der Geburtstag der Raumfahrtorganisation zum 50. Mal: An diesem Tag im Jahr 1975 unterzeichneten Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Niederlande, Schweden, Schweiz und Spanien das Übereinkommen zur Gründung einer Europäischen Weltraumorganisation. Österreich - seit 1987 vollwertiges Mitglied - ist heute einer von insgesamt 23 Mitgliedstaaten. Mit dem Tiroler Josef Aschbacher wird die Raumfahrtagentur seit Mitte 2021 erstmals von einem Österreicher geleitet. Das Jubiläum wird u.a. auch im Rahmen von "Graz in Space" von 4. bis 5. September gefeiert. Von 23. bis 27. Juni findet das alle drei Jahre abgehaltene "Living Planet Symposium" der ESA statt, diesmal in Wien. Erwartet werden rund 5.000 Wissenschafterinnen und Wissenschafter.
(S E R V I C E - "Waltz into space": https://go.apa.at/9wumNzM1; "Living Planet Symposium": https://lps25.esa.int/)
Zusammenfassung
- Österreich will seinen ESA-Beitrag von zuletzt 260 Mio. Euro auf bis zu 320 Mio. Euro für die nächsten drei Jahre anheben, wie das Infrastrukturministerium zum 50. Jubiläum der ESA ankündigte.
- ESA-Direktor Josef Aschbacher betonte, dass Österreich nach dem ESA-Budgetvorschlag eigentlich über 470 Mio. Euro beitragen müsste, um im europäischen Trend zu liegen.
- Die ESA richtet ihren Fokus angesichts geopolitischer Unsicherheiten verstärkt auf Verteidigungstechnologien und plant neue Programme wie das sicherheitsorientierte "European Resilience from Space".
- Die österreichische Weltraumwirtschaft besteht aus rund 150 Unternehmen mit etwa 1.300 Beschäftigten und erwirtschaftet eine Bruttowertschöpfung von rund 240 Mio. Euro.
- Im Jubiläumsjahr sind mehrere Großereignisse geplant, darunter eine Live-Performance der Wiener Symphoniker und das "Living Planet Symposium" mit rund 5.000 Wissenschaftler:innen in Wien.