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COP30

1,5-Grad-Ziel aktuell unhaltbar - langfristig aber schon

Heute, 12:00 · Lesedauer 3 min

Am Rande der 30. UNO-Klimakonferenz im brasilianischen Belem (COP30) pocht eine hochkarätige Forschergruppe einmal mehr auf mehr Anstrengungen bei der Treibhausgasreduktion.

 Das Ziel, die Erderhitzung auf ein Plus von 1,5 Grad Celsius gegenüber dem historischen Niveau zu begrenzen, sei mittelfristig nicht zu halten, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. 

Längerfristig könne man es aber sehr wohl erreichen, so die Experten um den österreichischen Klimaforscher Keywan Riahi.

Vorübergehendes "Überschießen der 1,5-Grad-Erwärmungsgrenze"

Parallel zur COP30 trafen einander im Rahmen der alljährlichen Konferenz des "Integrated Assessment Modelling Consortium" (IAMC) - einem wissenschaftlichen Zusammenschluss, der sich mit dem Durchspielen von Klimaszenarien beschäftigt - in der vergangenen Woche in Rio de Janeiro. Mit dabei waren auch mehrere Forschende vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien. 

In Richtung der bis zum 21. November angesetzten UNO-Klimakonferenz hat man nun "evidenzbasierte Einsichten" formuliert.

Man habe die aktuellsten Arbeiten zu Möglichkeiten zum Erreichen der vor zehn Jahren auf der COP in Paris verhandelten Klimaziele mit einem weltweiten Temperatur-Plus von 1,5 bzw. zwei Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau durchgesehen und Ableitungen in Richtung Klimapolitik gemacht. Selbst wenn nun die optimistischsten CO2-Reduktionsversprechen der Staaten schnell und rigoros umgesetzt würden, führt dies "zu einem vorübergehenden Überschießen der 1,5-Grad-Erwärmungsgrenze", heißt es. 

Würden aber massiv Technologien ins Feld geführt, mit denen CO2 wieder aus der Atmosphäre entnommen wird, sei eine Rückkehr unter die 1,5-Grad-Schwelle noch innerhalb dieses Jahrhunderts prinzipiell möglich.

Allerdings weisen die Wissenschafterinnen und Wissenschafter darauf hin, dass auch ein zeitweises Überschreiten - UNO-Generalsekretär António Guterres hat kürzlich ein Verfehlen des 1,5-Grad-Klimaziels in den kommenden Jahren als "unvermeidlich" bezeichnet - große Probleme verursacht: Man müsse verstehen, "dass alle fünf Jahre ohne substanzielle CO2-Emissionsreduktion einen zusätzlichen Temperaturanstieg von etwa 0,1 Grad Celsius" nach sich ziehe. 

Um das wiederum quasi zu reparieren, müssten dementsprechend immer größere Treibhausgas-Mengen wieder aus der Luft entnommen werden - ein Unterfangen, hinter dem noch viele Fragezeichen stehen.

Bis 2035 ist viel zu tun

Es sei nun an der Zeit, die bisher in Aussicht gestellten - bei weitem noch nicht umgesetzten - Reduktionsmaßnahmen weiter nachzuschärfen. Durch die Weiterentwicklung und zunehmende Wirtschaftlichkeit erneuerbarer Energieerzeugung und von Energiespeichertechnologien könnten noch in diesem Jahrzehnt große CO2-Einsparungen auf den Weg gebracht werden. 

Bis 2035 bräuchte es jedenfalls eine Emissionsreduktion um die Hälfte gegenüber dem Wert des Jahres 2024, Produktion und Verbrauch von fossilen Energieträgern müssten auf ein Viertel gegenüber dem Vorjahreswert sinken. Zudem benötige man eine Versechsfachung der Energiegewinnung aus Sonnen- und Windkraft.

Die Auswirkungen der Erwärmung, wie etwa Extremwetter, Hitzewellen oder der Meeresspiegelanstieg, werden jedenfalls mit jedem zusätzlichen Zehntelgrad verheerender. Es brauche dementsprechend klare Finanzierungspfade für großflächige Maßnahmen zur Emissionsreduktion und zur Anpassung an den Klimawandel, betont die weltweit weitverzweigte Wissenschaftergruppe in Richtung der COP30-Verhandler.

Video: Erderwärmung: "1,5-Grad-Ziel ist abgefahren"

Zusammenfassung
  • Eine internationale Forschergruppe betont am Rande der COP30, dass das 1,5-Grad-Ziel kurzfristig nicht erreichbar ist, langfristig aber mit massiver CO2-Entnahme noch im 21. Jahrhundert möglich bleibt.
  • Bis 2035 müssen die weltweiten CO2-Emissionen um 50 Prozent gegenüber 2024 sinken, der Verbrauch fossiler Energieträger auf ein Viertel reduziert und die Energiegewinnung aus Wind- und Sonnenkraft versechsfacht werden.
  • Jede Verzögerung von fünf Jahren ohne substanzielle CO2-Reduktion führt zu einem zusätzlichen Temperaturanstieg von 0,1 Grad Celsius und erhöht den späteren Handlungsbedarf deutlich.