Martin Holzner/PULS 24

Snacks für die Liebe – wissenschaftlich erwiesen

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Von wegen trockene Zahlen. PULS 24 Kolumnistin Theresa Lachner bringt zusammen, was zusammen gehört: Sex und Statistik.

"Und, hast du noch einen weisen Ehe-Tip für uns?" fragt meine Sexualtherapeutenkollegin am Vorabend ihrer Hochzeit. Hab ich natürlich. Auch für Sie.

Hier ist er, wissenschaftlich erwiesen: haben Sie immer genügend Snacks parat, vor allem abends. Denn Paare die ihren Blutzuckerspiegel stabil halten, sind weniger aggro aufeinander. "Low glucose relates to greater aggression in married couples", ja, das hat jemand erforscht, und das Studiendesign is a thing of beauty: 107 verheiratete Paare wurden angewiesen, drei Wochen lang jeden Morgen vor dem Frühstück und jeden Abend vor dem Schlafengehen ihren Blutzucker zu messen.

Außerdem gaben sie den Ehepartner*innen jeweils eine Voodopuppe mit je 51 Nadeln, und der Anweisung, diese je nach Wutlevel auf den oder die Partnerin zu verwenden: 21 Tage lang sollten die Partner*innen jeweils allein die Puppe foltern und sich dabei ihre*n Partner*in vorstellen.

Am Ende der 21 Tage wurden die Paare ins Labor bestellt. Dort traten sie in einem fingierten Geschicklichkeitstest gegeneinander an. Der oder die randomisiert ausgewählte Sieger*in durfte anschließend dem oder der Partner*in per Kopfhörer ein Best Of an füchterlichen Geräuschen vorspielen: Zahnarzt-Bohrer und Krankenwagensirenen, Fingernägel die auf einer Tafel kratzen... Lautstärke und Länge der Geräuschfolter standen den Sieger*innen dabei frei.

Diese Geräusche wurden dann allerdings nicht wirklich den Partner*innen vorgespielt, sondern von einem Computer aufgezeichnet – ein bewährtes Tool zum Messen von Aggressionen.

Das Studienergebnis kann jeder Mensch nachvollziehen, der schon mal ohne Notfall- Schokolade gemeinsam zu lange im Stau stand: Teilnehmende mit niedrigem Glukoselevel folterten ihre Voodoo-Puppe mit mehr Nadeln und ihre*n Partner*in länger und mit lauteren Geräuschen.

Die Erklärung der Wissenschaftler*innen? Wut ist schwerer in den Griff zu bekommen als andere Emotionen. Das erfordert viel Selbstkontrolle. Und die ist irgendwann alle – dieser Effekt nennt sich Ego-Depletion, die Ermüdung der menschlichen Selbstkontrolle und Willenskraft. Der wiederrum steht im Zusammenhang mit dem Verbrauch von Glukose im Gehirn: je mehr und je öfter wir uns zusammenreißen müssen, um Dinge zu tun, die im Widerstand zu unseren Impulsen stehen, umso mehr Glukose verbrennen wir dabei.

Niedrigere Glukoselevel im Blut können also dazu führen, dass wir nach der Steuererklärung nicht mehr allzu viel Willenskraft übrig haben, jetzt auch noch nett zu unsere*m Partner*in zu sein.

Gönnen Sie sich also erst mal einen (gemeinsamen) Snack, bevor Sie ein Grundsatzgespräch vom Zaun brechen. Möglicherweise sind Sie ja gar nicht so wütend – sondern nur hangry.

Theresa Lachner ist systemische Sexualberaterin und Gründerin des größten deutschsprachigen Sexblogs LVSTPRINZIP sowie des gleichnamigen Podcasts und Buchs.

Quellen

https://www.pnas.org/doi/10.1073/pnas.1400619111

https://de.wikipedia.org/wiki/Ego-Depletion

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  • Von wegen trockene Zahlen.
  • PULS 24 Kolumnistin Theresa Lachner bringt zusammen, was zusammen gehört: Sex und Statistik.

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