DHK/Martina Draper

Deutsche Wirtschaft wünscht sich von Österreich "mehr Aufmerksamkeit"

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Die deutsche Wirtschaft fühlt sich in Österreich nicht ausreichend wahrgenommen.

"Wir würden uns manchmal mehr Aufmerksamkeit für die Bedeutung unserer bilateralen Wirtschaftsbeziehungen wünschen", sagte Thomas Gindele, Geschäftsführer der Deutschen Handelskammer in Österreich, im Gespräch mit der APA. Immerhin hänge 30 Prozent der österreichischen Wertschöpfung an deutschen Investoren und der wirtschaftlichen Verflechtung mit Deutschland.

Unternehmen mit österreichischen Anstrich

Die nackten Zahlen sprechen eine klare Sprache. Rund 6.500 Firmenniederlassungen oder deutsche Beteiligungen an österreichischen Firmen gibt es, 217.000 Deutsche wohnen in Österreich, sie stellen die bei weitem größte Ausländergruppe im Land dar. Deutschland ist Österreichs mit Abstand wichtigster Exportmarkt. Im Gegenzug ist aber auch Österreich - pro Kopf gerechnet - Deutschlands größter Absatz- und Investitionsmarkt. Dazu kommt, dass die meisten ausländischen Touristen in Österreich aus Deutschland kommen - was letztlich zu einer ausgeglichenen Leistungsbilanz zwischen den beiden Ländern führt, wie Gindele anmerkt.

Aber emotional flutscht es bei den Österreicherinnen und Österreichern noch immer nicht so ganz, manche Vorbehalte sind zu spüren: "Ich kann mir durchaus vorstellen, dass bei der Markenbildung ein deutsches Unternehmen glaubt, es ist besser, sich mit einem österreichischen Anstrich am Markt zu etablieren", umschreibt es Gindele. Letztlich falle oft nicht auf, dass ein Unternehmen in Österreich eine deutsche Mutter hat. Von der Lufthansa-Tochter AUA über die Rewe-Tochter Billa oder die Deutsche-Telekom-Tochter Magenta bis zur Aldi-Tochter Hofer gibt es dafür zahlreiche Beispiele. Gerade die Einzelhändler streichen auch hervor, wie viel regionale, österreichische Produkte sie führen.

Vierzig bis fünfzig deutsche Firmen haben in Österreich einen "zweiten Hauptsitz", schätzt Gindele. Insbesondere werde von Wien aus oft noch Osteuropa mit betreut. Dieser Trend sei allerdings rückläufig, weil sich viele große internationale Unternehmen nach Bereichen aufgliedern und diese dann nach nationalen Märkten arbeiten und direkt nach Deutschland berichten.

Wirtschaft verschmelzt in Grenzgebieten

Gindele streicht zugleich hervor, dass es nicht nur große bekannte Firmen sind, denen die Verflechtung zu verdanken ist, sondern insbesondere zahlreiche deutsche KMU, die mit 150 bis 200 Mitarbeitern in Österreich produzieren und dabei "gar nicht so auf dem Radarschirm sind". In Grenzregionen wie etwa Oberösterreich verschmelze die Wirtschaft ohnehin zunehmend - bis hin zu einem schnellen Friseurbesuch auf der anderen Seite der Staatsgrenze.

"Hürden" will Gindele für deutsche Unternehmen in Österreich nicht sehen, aber doch "Anforderungen". Abgesehen von den doch vorhandenen Kulturunterschieden, an die sich deutsche Firmen erst gewöhnen müssten, gehe es manchmal in Österreich zu bürokratisch zu, wenn deutsche Mitarbeiter in Österreich eingesetzt werden sollen. Manche öffentliche Ausschreibungen seien so gestaltet, dass deutsche Firmen nicht zum Zuge kommen. Aber Gindele nennt umgehend auch gewisse deutsche Regeln, die von Österreichern als diskriminierend empfunden werden. "Ich kann das ein Stück weit nachvollziehen, dass ein Land versucht, seine Wirtschaft ein bisschen zu schützen".

Aber auch auf dem informellen Niveau erlebt Gindele, der seit bald 18 Jahren die DHK in Österreich führt, die Zusammenarbeit sehr positiv. Einerseits seien viele Chefs der deutschen Niederlassungen persönlich gut vernetzt im Land. Das täten sie zwar nicht, um Interessen der deutschen Wirtschaft zu fördern wie Gindele versichert, verbessere aber indirekt die Zusammenarbeit, sind sie doch auch Mitglieder der DHK. Aber es kämen auch regelmäßig Minister zu Veranstaltungen der DHK, wenn nötig finde die DHK ein offenes Ohr für Anliegen. Wobei die DHK nicht die Interessen der einzelnen Niederlassungen vertrete, sondern der deutschen Wirtschaft allgemein, sagt Gindele.

ribbon Zusammenfassung
  • Die deutsche Wirtschaft fühlt sich in Österreich nicht ausreichend wahrgenommen.
  • "Wir würden uns manchmal mehr Aufmerksamkeit für die Bedeutung unserer bilateralen Wirtschaftsbeziehungen wünschen", sagte Thomas Gindele, Geschäftsführer der Deutschen Handelskammer in Österreich.

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