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ÖTV-Team will nicht wieder 13 Jahre auf Viertelfinale warten

Heute, 06:01 · Lesedauer 4 min

Österreichs Davis-Cup-Team hat die hohe Hürde Italien im Viertelfinale in Bologna zwar nicht überwunden, doch die Jahresleistung gibt Hoffnung. Es muss keinesfalls wieder 13 Jahre dauern, bis die Truppe von Jürgen Melzer erneut die besten acht Nationen der Welt erreicht. Auch wenn viele Komponenten wie passender Gegner und Belag zusammenspielen müssen. Bei der Auslosung für 2026 am Sonntag in Bologna wird Österreich wohl gesetzt sein, wie immer wäre ein Heimspiel erwünscht.

"Wir müssen stolz darauf sein, was wir erreicht haben. Es ist nach einer Niederlage immer bitter dazusitzen, vor allem bin ich davon überzeugt, die erste Partie kann ganz anders ausgehen", bezog sich ÖTV-Kapitän und -Sportdirektor Jürgen Melzer u.a. auch auf drei Satzbälle von Jurij Rodionov gegen Matteo Berrettini. Am Ende hatte Österreich beide Einzel ohne Satzgewinn verloren, die Doppelspieler blieben zur Untätigkeit gezwungen. Und den Italienern fehlten mit Jannik Sinner und Lorenzo Musetti zwei Top-Ten-Spieler.

Dennoch betonte Melzer die enorme Dichte im Tennis. "Das ist eine Weltsportart, da machen 158 Nationen mit im Davis Cup." Voll des Respekts zog er den Vergleich etwa zu einer Wintersportart. "Auch die geben alles. Ich ziehe jeden Hut vor jedem Skispringer, aber die Konkurrenz ist einfach eine andere. Da müssen wir hinleuchten, dass wir uns da nicht so schlecht schlagen." Dennoch braucht man wieder eine gute Auslosung. Gegen Nationen wie etwa Tschechien und mehrere andere ist Österreich weiterhin krasser Außenseiter. "Wir freuen uns, mit stolzer Brust im Februar anzutreten. Hoffentlich in einem Heimspiel, damit wir den Österreichern etwas zum Anfeuern geben." Definitiv sei es nicht unmöglich, wieder ein Final 8 zu erreichen. "Vielleicht sitzen wir in einem Jahr wieder da und sagen, wir haben es zwei Mal hintereinander geschafft."

Viel hängt freilich auch von anderen Faktoren ab: Wie sehr vermag sich etwa Filip Misolic, der dieses Jahr erstmals die Top 100 geknackt hat, steigern? Kann Sebastian Ofner nach seiner neuerlichen Verletzungspause wieder in frühere Regionen vorstoßen und kann Jurij Rodionov sein ihm seit Jahren attestiertes Potenzial endlich voll ausschöpfen? Möglicherweise macht ja auch die große Hoffnung Joel Schwärzler den nächsten Entwicklungssprung.

Potenzial bei Misolic, Rodionov noch nicht ausgeschöpft

Seinen Single-Spielern in Bologna traut Melzer noch einiges zu. "Ich bin immer noch davon überzeugt, dass er sehr gut auf Hartplatz spielen könnte. Es ist ein Lernprozess. Er hat sich über den Sandplatz in die ersten 100 gespielt", sagt er über Misolic. Auch auf Hartplatz sei mehr möglich. "Ich glaube, es liegt viel im Kopf, dass er sich das zutraut." Der Steirer müsse gewisse Dinge anwenden, die man eben auf Hartplatz braucht. Und Rodionov, der in Ungarn mit zwei Siegen zum Davis-Cup-Helden mutiert war, tut sich mit der Konstanz sehr schwer.

Nicht umsonst wurde er gefragt, dass er doch gar nicht wie eine Nummer 177 gewirkt habe. "Ich höre diese Frage, seit ich 18 bin", sagte Rodionov darauf. "Leute, die mich diese Matches spielen sehen, sehen mich nur einmal. Wenn sie 30 Matches sehen, dann habt ihr eure Antwort", antwortete er wortgewandt. So habe er auch in Ungarn stark gespielt. "Dann spielte ich vier Challenger und das beste Resultat war ein Viertelfinale. Das ist schwer zu erklären, ich versuche dieses Problem zu lösen."

Wenn Melzer die beiden vergleichen muss, so sieht er einen Unterschied. "Filip kann man leichter durch diese Tür durchführen, der Jurij muss es selber machen. Das beschreibt es am besten." Es sei wichtig, dass Rodionov Vorschläge seines Trainerteams längerfristig durchzieht, auch wenn der Erfolg nicht gleich passiert. "Ich habe alle Tools, die ich brauche, um im Ranking besser dazustehen. Ich muss einen Weg finden, um diese immer wieder herauszuholen. Ich habe das oft nicht geschafft und bin ehrlich gesagt nicht eine sehr optimistische Person", gestand Rodionov. In beiden Fällen sieht man einmal mehr: Im absoluten Spitzensport macht der Kopf, die Einstellung und das anhaltende Vertrauen in sich selbst den wahren Unterschied aus.

(Von Gerald Widhalm/APA)

Zusammenfassung
  • Österreichs Davis-Cup-Team scheiterte im Viertelfinale in Bologna an Italien und verlor beide Einzel ohne Satzgewinn, obwohl bei Italien mit Jannik Sinner und Lorenzo Musetti zwei Top-Ten-Spieler fehlten.
  • Kapitän Jürgen Melzer betont die enorme Konkurrenz im Davis Cup mit 158 teilnehmenden Nationen und sieht gute Chancen, dass Österreich erneut das Viertelfinale erreicht, vor allem mit einer günstigen Auslosung und Heimvorteil.
  • Spieler wie Filip Misolic, der 2023 erstmals die Top 100 erreichte, Sebastian Ofner und Jurij Rodionov werden als Hoffnungsträger gesehen, wobei mentale Stärke und Konstanz für den weiteren Erfolg entscheidend sind.