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"It came home": England verwirklicht Wembley-Traum

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Die lange Wartezeit hat ein Ende, bei der 13. Auflage hat Englands Frauen-Fußball-Nationalteam endlich den EM-Pokal stemmen dürfen. Neutral gesehen hat das beste Team des Turniers auch die Oberhand behalten, auch wenn der 2:1-Final-Triumph nach Verlängerung gegen Rekordchampion Deutschland am Sonntag im Londoner Wembley Stadium glücklich war. Der Jubel kannte danach keine Grenzen, die Glückwünsche trudelten auch von höchster politischer Ebene ein.

Österreichs Teamchefin Irene Fuhrmann hatte schon im EM-Vorfeld betont, dass England mit der Installierung von Wiegman als neuer Trainerin im Jahr 2021 einen klugen Schachzug gemacht habe. Die Performance der "Lionesses" in den letzten Wochen unterstrich das. Die 52-jährige Niederländerin führte nach ihrem Heimatland 2017 fünf Jahre später auch den nächsten EM-Gastgeber zum Titelgewinn. Dieser war von vielen Seiten herbeigesehnt worden, der Druck war dementsprechend groß. Sie hielt dem Stand und ließ sich auch von einer Corona-Infektion nicht aus der Bahn werfen.

"Es ist unglaublich. Die Spielerinnen haben den Sieg unbedingt gewollt und jeden Tag daran gearbeitet, sich zu verbessern. Es war ein sehr enges Match, aber wir haben es gewonnen. Ich bin stolz, wie wir das Turnier beendet haben", sagte Wiegman. Ella Toone (62.) brachte die Gastgeberinnen voran, Chloe Kelly avancierte in der 110. Minute zur Matchwinnerin und ließ ihren Emotionen freien Lauf, indem sie sich das Trikot vom Leibe riss.

"Oh mein Gott, es ist unfassbar. Das sind die Sachen, aus denen Träume gemacht sind", betonte Kelly. Die 24-Jährige war erst im April nach einem Kreuzbandriss zurückgekehrt. "Ich habe immer daran geglaubt, dass ich hier dabei sein kann, aber dann auch noch den Siegtreffer zu erzielen - einfach nur wow."

Erster England-Titel seit über 50 Jahren

Ihr Team bezeichnete sie als "ganz spezielle" Truppe. Für die war nur Feiern angesagt, was sich auch in den nächsten Tagen nicht ändern wird. Historisch war der Triumph nicht nur auf Frauen-Ebene, war es doch der erste große Titel für England im Fußball seit dem Männer-WM-Erfolg 1966. Die Männer waren 2021 im EM-Finale gegen Italien (2:3 i.E.) in London noch knapp am Triumph vorbeigeschrammt.

Auch deshalb stellten sich angefangen von der britischen Königin Elizabeth II. bis hin zu Prinz William, der die Medaillen verteilte, oder Premierminister Boris Johnson höchste politische Vertreter mit Gratulationen ein. Auch von Sportlerseite gab es viele Lobeshymnen. Am Montagnachmittag war ein großer Empfang auf dem Trafalgar Square in London angesetzt. Ein gebührender Rahmen für Kapitänin Leah Williamson und Co.

"Das Vermächtnis dieses Turniers und dieses Teams ist eine Veränderung in der Gesellschaft. Wir haben alle zusammengebracht", freute sich Williamson. Auch Wiegman war sich bewusst, dass der Erfolg eine besondere Auswirkung haben wird. "Dieses Turnier hat so viel gemacht für den Frauenfußball aber auch für die Gesellschaft und Frauen in der Gesellschaft in England, ich denke aber auch in Europa und auf der ganzen Welt", verlautete Englands Teamchefin.

England nun auch WM-Mitfavorit

Eines wird sich auch sportlich ändern, die Ansprüche steigen weiter. "Die Erwartungen werden jetzt durch die Decke gehen", wusste Wiegman. Wie auch jetzt, werde es auch bei der WM 2023 in Australien und Neuseeland nicht einfach sein, den Titel zu holen. Ihre Spielerinnen haben Lunte gerochen. "Jetzt müssen wir schauen, die WM zu gewinnen", sagte Abwehrspielerin Lucy Bronze. Vorerst gilt es, die Qualifikation im September erfolgreich abzuschließen, da wartet am 3. September als erste Pflichtspiel-Hürde nach dem EM-Titel in Wiener Neustadt Österreich.

Die ÖFB-Elf hatte im EM-Eröffnungsspiel nur 0:1 gegen den Europameister verloren. Dieser nahm sich an Kapitänin Viktoria Schnaderbeck und Co. nach Schlusspfiff ein Vorbild. Wie die Österreicherinnen nach den Siegen gegen Nordirland (2:0) und Norwegen (1:0) wurde die Pressekonferenz gecrasht. Torfrau Mary Earps und Bronze sprangen sogar auf den Tisch, während sie "Football's Coming Home" sangen. "Ich glaube, wir haben den Pokal gewonnen", scherzte Wiegman, die das Geschehen amüsiert verfolgte.

Danach wurde sie allerdings auch emotional und erklärte, warum sie während des Spiels ihr Armband geküsst hatte. "Es hat meiner Schwester gehört, die Anfang des Jahres gestorben ist. Ich habe sie heute vermisst, aber ich glaube, sie war im Querbalken", so die Niederländerin mit Blick auf einen Lattenschuss von Deutschlands Lina Magull beim Stand von 1:1.

Endrunde bricht sämtliche Rekorde

Stolz kann England auf ein Turnier der Rekorde sein. Einer davon wurde am Sonntag mit der höchsten EM-Zuschauerzahl aller Zeiten (87.912) aufgestellt. Auch deshalb kamen mehr als doppelt so viele Fans zu den Partien als noch 2017. Die Medienberichterstattung war nicht mehr vergleichbar, Beth Mead, die Spielerin des Turniers, und Co. waren zuletzt etwa auf den Titelseiten der Zeitungen omnipräsent.

"Die vergangenen Jahre waren unglaublich. Wir haben wirklich viel investiert, und die Lionesses haben die Chance genutzt und etwas Unglaubliches geschafft. Der EM-Titel wird für den Frauenfußball im Land wie ein Turbo wirken", sagte der Chef des englischen Verbandes, Mark Bullingham.

ribbon Zusammenfassung
  • Die lange Wartezeit hat ein Ende, bei der 13. Auflage hat Englands Frauen-Fußball-Nationalteam endlich den EM-Pokal stemmen dürfen. Neutral gesehen hat das beste Team des Turniers auch die Oberhand behalten, auch wenn der 2:1-Final-Triumph nach Verlängerung gegen Rekordchampion Deutschland am Sonntag im Londoner Wembley Stadium glücklich war. Der Jubel kannte danach keine Grenzen, die Glückwünsche trudelten auch von höchster politischer Ebene ein.

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