Wien Energie: Streit und Sorge um "Schutzschirm"

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Wien Energie benötigt laut Bund offenbar Garantien von rund sechs Milliarden Euro, um Sicherheitsleistungen für Käufe an der Strombörse tätigen zu können. Wiens Finanzstadtrat Peter Hanke bittet um einen "Schutzschirm". Am Dienstag soll es weitere Gespräche geben.

Wien Energie trat am am Wochenende an die Bundesregierung heran, weil es finanzielle Hilfe für die Erbringung von Sicherheitsleistungen für Stromkäufe an der Strombörse benötigt. Von 1,75 Milliarden war noch am Wochenende nach einem Energiegipfel im Kanzleramt die Rede.

 

Jakob Wirl erklärt die Lage bei Wien Energie.

Diese Summe - es geht um Sicherheiten für geplante Stromeinkäufe an der Börse - könne Wien Energie mit Hilfe der Stadt Wien noch aufbringen. Doch offenbar steht weiterer Finanzierungsbedarf von rund sechs Milliarden Euro ins Haus, für die Hilfen des Bundes notwendig werden, wie das Finanzministerium in einer Presseaussendung am Montag mitteilte.

Wien Energie droht Ausschluss von Strombörse

Die Folge einer Nichtzahlung der Wien Energie würde ein recht unmittelbarer Ausschluss vom Börsenhandel sein. Die Wien Energie müsste Geschäfte rückabwickeln, was dazu führen würde, dass die Energielieferverträge von zwei Millionen Kundinnen und Kunden gefährdet wären.

Darüber hinaus wurde der Bundesregierung bestätigt, dass die Stadt Wien bereits Milliardenbeträge an Sicherheiten für den Landesenergieversorger übernommen hat und dass die finanziellen Spielräume nun erschöpft sind. Laut Wiens Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) hat die Stadt Wien zwei mal 700 Millionen gezahlt.

So entstand das Milliarden-Desaster

Grundsätzlich gebe es bereits bestehende Instrumente des Bundes, auf die die Stadt Wien in der aktuellen Situation zugreifen könne, so das Ministerium. Aktuell gehen die Überlegungen im BMF in Richtung eines Kredites in Milliardenhöhe, der über die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur abgewickelt wird. 

Hanke bittet um Schutzschirm

Wiens Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) hat sich am Montagnachmittag erstmals in der Causa zu Wort gemeldet. Er plädierte für einen bundesweiten "Schutzschirm" durch den Bund, da derzeit an der Börse "Mondpreise" für Strom verlangt würden. Die Wien Energie sei besonders betroffen, da die Eigenproduktion geringer sei. Ein Schutzschild könne aber auch anderen Firmen helfen. Für Kritik sorgt die geplante Abwicklung.

Peter Hanke war auch zu Gast im PULS 24 Newsroom LIVE:

Bundesländer wie Tirol oder Vorarlberg, die mehr Energie selbst aufbringen könnten, wären hier nicht so sehr betroffen. Wien sei gezwungen, mehr Strom an den Handelsplätzen zu kaufen. "Das ist ein ganz normaler Vorgang." Nötig seien dabei stets Sicherheitsleistungen, also Kautionen, für bereits für die Zukunft abgeschlossene Geschäfte. Nun sei der Strompreis "nach oben explodiert".

"Wir kommen an einen Punkt, wo wir eine bundesweite Lösung brauchen." Dass die Abwicklung jetzt wie vom Finanzministerium angedacht über die Bundesfinanzierungsagentur stattfinden könnte, sorgt im Rathaus jedoch für keine große Begeisterung. Dabei werde nicht direkt, sondern wieder über die Stadt abgerechnet. "Das ist nicht das, was wir gefordert haben." 

Doppelbauer: "Werden volle Aufklärung fordern"

Er bekräftigte jedoch, dass es sich bei der Wien Energie um ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen handle, das auch keine Verlust schreibe. Die Stadt habe zuletzt bereits selbst Garantien bereitgestellt, also über jene hinaus, die vom Unternehmen üblicherweise selbst aufgebracht würden.

Hanke: Bis zu 10 Milliarden Euro

Laut seinem Büro wurden schon im Juli 700 Millionen Euro entsprechend verwendet. Am heutigen Montag war es noch einmal der gleiche Betrag. "Das sind keine verlorenen Summen", beteuerte Hanke. Vielmehr würden diese nach Abschluss des Geschäftes wieder zurückfließen.

Alles sei, so schwor Hanke, korrekt abgewickelt worden. Die Stadt habe die Kompetenz, hier sofort tätig zu werden. Den Vorwurf der Intransparenz wies er zurück. Man werde dies bei der nächsten Sitzung des zuständigen Ausschusses einbringen.

Krauss: "Es liegt ein Riesenfinanzskandal vor"

Wie hoch ein solches Schutzschild aktuell ausfallen müsse, sei schwer zu sagen, da sich die Preise täglich ändern würden, betonte er. Das Schutznetz könne auch bis zu 10 Milliarden Euro betragen. Der Wiener Finanzstadtrat vermutet nämlich, dass auch andere Energieunternehmen möglicherweise noch weiter Garantielinien brauchen werden.

Der Wiener Vorschlag an den Bund entspricht laut Hanke in etwa dem, was international bereits umgesetzt wurde. In der Schweiz oder in Deutschland würde es derartige Modelle bereits geben. Es sei "höchst an der Zeit", hier entsprechende Schritte zu setzen.

 

Laut Angaben des Finanzministeriums gegenüber der APA wird Dienstagfrüh noch weiterverhandelt: "Angesichts der im Raum stehenden Summen braucht es jedenfalls auch Verhandlungen auf politischer Ebene", hieß es aus dem Büro von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) am Montagabend.

Rendi-Wagner: "Strommarkt funktioniert einfach nicht mehr"

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hat im ORF-"Sommergespräch" die Stadt Wien beim Vorgehen rund um die Wien Energie verteidigt, die im chaotischen Energiemarktumfeld plötzlich Milliarden vom Bund braucht. Wie die SPÖ Wien sprach sich Rendi-Wagner für einen bundesweiten Schutzschirm aus.

"Der europäische Strommarkt funktioniert einfach nicht mehr in dieser Krise", machte die SPÖ-Chefin geopolitische Gründe für die Finanzierungslücke bei der Wien Energie geltend. Das Merit-Order-Prinzip müsse auf europäischer Ebene ausgesetzt werden oder hätte schon ausgesetzt werden müssen. Sie wisse erst seit "gestern", dass die Wien Energie so viel Geld brauche. Jedenfalls müssten alle Energieversorgungsunternehmen Strom für die nächsten zwei, drei Jahre im Voraus kaufen können, daher hätten Deutschland oder die Schweiz schon Lösungen für solche. Dringend brauche es solche Sicherheitsgarantien für Energieunternehmen auch hierzulande.

ribbon Zusammenfassung
  • Wien Energie benötigt offenbar Garantien von rund sechs Milliarden Euro, um Sicherheitsleistungen für Käufe an der Strombörse tätigen zu können.
  • Geschieht dies nicht, würde der Energieversorger von der Börse ausgeschlossen und könnte die Versorgung nicht mehr garantieren.
  • Der Bund erwägt nun, mit einem Kredit auszuhelfen. Der Wiener Stadtrat Peter Hanke (SPÖ) hatte sich für einen bundesweiten Schutzschirm ausgesprochen.
  • Laut Angaben des Finanzministeriums gegenüber der APA wird Dienstagfrüh noch weiterverhandelt.

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