Wien-Anschlag: Freunde des Attentäters vor Gericht

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Im Wiener Terror-Prozess werden am Dienstag zwei Freunde des Attentäters befragt.

Im Prozess um sechs Angeklagte, die den Attentäter unterstützt haben sollen, stehen am Dienstag die Befragungen zweier Freunde des Attentäters im Mittelpunkt. Sie sollen ihn nicht nur in seinem Vorhaben bestärkt, sondern ihn auch bei den letzten Vorbereitungen wenige Stunden vor dem Anschlag unterstützt haben.

Belangloses Treffen vor Attentat

Bevor die beiden für den heutigen Prozesstag geplanten Angeklagten vernommen wurden, hatte der Richter noch eine ergänzende Frage an den vergangene Woche befragten Viertangeklagten. Dem 28-Jährigen wurde bei einer ersten Einvernahme wenige Tage nach dem Anschlag ein Foto des Attentäters vorgelegt, den er damals angab nicht zu erkennen. Auf die Frage des Richters, wie er einen Mann, in dessen Wohnung er unmittelbar zuvor mehrere Wochen gelebt hatte, nicht erkennen könne, antwortete der Angeklagte, dass er damals an einer Kopfverletzung litt und den Attentäter deshalb nicht erkannt hätte.

Befragt wurde dann mit dem 22-jährigen Zweitangeklagten ein langjähriger Freund des Attentäters. Dieser hätte bis kurz vor dem Anschlag Kontakt zum Attentäter gehabt. Am Nachmittag des 2. November 2020, wenige Stunden vor dem Anschlag, war er beim Attentäter zuhause - um ihn bei den Vorbereitungen zu unterstützen, wie ihm von der Anklage vorgeworfen wird. Um seinem Freund ein Buch zurückzubringen, verantwortete sich dagegen er vor den Geschworenen.

Der spätere Attentäter habe ihn am 2. November kontaktiert und darum gebeten, ihm ein Buch zurückzubringen, schilderte der 22-Jährige. Er habe sich mit dem Drittangeklagten, einem weiteren Freund des Attentäters, getroffen, und sei dann zur Wohnung des Attentäters gefahren. Weshalb das Buch weder in der Wohnung noch beim Attentäter gefunden werden konnte, könne er sich nicht erklären.

Vor der Wohnungstür habe man sich nur über "Belangloses" unterhalten. Als der Zweit- und der Drittangeklagte gemerkt hätten, dass bald die Gebetszeit komme, hätten sie den späteren Attentäter gefragt, ob sie in seiner Wohnung beten dürften. Das hätte dieser verneint. Komisch sei ihm das nicht vorgekommen, "das war einfach seine Art". Die beiden Angeklagten hätten daraufhin die Wohnung verlassen und in einer Sackgasse in der Nähe ihr Nachmittagsgebet abgehalten.

Hilfe bei Anschlagsziel-Suche?

Angelastet wird den beiden hingegen, die Wohnung nicht nach kurzer Zeit wieder verlassen zu haben, sondern noch während der letzten Vorbereitungen bei dem Attentäter gewesen zu sein. So sollen der Zweit- und der Drittangeklagte den Attentäter bei der Suche nach einem Anschlagsziel unterstützt haben und sich auch während dieser seine Bekennerbotschaft aufnahm in der Wohnung aufgehalten haben.

Vorgeworfen wird dem 22-jährigen österreichischen Staatsbürger außerdem die Verbreitung von IS-Propagandamaterial. Außerdem soll er den Attentäter zur Übergabe des später bei der Tat verwendeten Sturmgewehrs begleitet haben. Er sei sich bewusst gewesen, weshalb der spätere Attentäter in Haft war, und dass dieser regelmäßig zum Deradikalisierungsverein "Derad" musste. Er hätte gemerkt, dass dieser "versuche sich zu bessern", so der Angeklagte.

Drittangeklagter wollte sich IS anschließen

Ebenfalls befragt wurde am Dienstag der 24-jährige Drittangeklagte. Auch er sei seit einigen Jahren guter Freund des Attentäters gewesen. Der spätere Attentäter reiste bekanntlich schon 2018 in die Türkei, mit dem Ziel von dort aus weiter nach Syrien zu fahren und sich dem IS anzuschließen. Im selben Verfahren wurde auch der Drittangeklagte zu 22 Monaten Haft verurteilt, weil er die Ziele des Islams guthieß, den Treueschwur leistete und gegenüber anderen das Ziel bekannt gab, ins Gebiet des IS zu reisen um dort an Kampfhandlungen teilzunehmen.

Nachdem beide im Dezember 2019 aus der Haft entlassen wurden, hätten sie vorerst wenig Kontakt gehabt. Der Kontakt habe sich erst wieder ab dem 23. Oktober intensiviert. An diesem Tag seien die Eltern des Drittangeklagten nicht zuhause gewesen, von da an stand "seine Tür allen Freunden offen", so auch dem späteren Attentäter.

Seine Einstellung habe er seit seiner Haft geändert, für das, wofür er verurteilt wurde, "schäme er sich", betonte der Angeklagte mehrmals. Dem gegenüber legte der Richter Auswertungen seiner Handydaten, die zeigen, dass er nach seiner Enthaftung mehrere Tausend Videos von Predigern angesehen hatte, die Gutachter als radikal-islamistisch bezeichnen.

Attentäter zuletzt am Anschlagstag gesehen

Das letzte Mal gesehen habe er den Attentäter am 2. November. Im Wesentlichen bestätigte er die Geschichte des Zweitangeklagten. Das Buch, den Grund für den Besuch, habe er jedoch an diesem Tag nicht gesehen. "Nur den Abdruck in einer Tragetasche", ergänzte er auf mehrere Nachfragen des Richters hin. Im Nachhinein frage er sich, wie der spätere Attentäter "so ruhig sein hat können".

Am Weg nach Hause leitete der Attentäter ihm ein Video auf Instagram weiter. Darin war auf Arabisch zu hören: "Bald - so Gott will - werden wir es (Anm. Kalifat) zurückbringen, wie es ursprünglich war" sowie die Hashtags #Islamischer Staat und #Kalifat. Der Angeklagte reagierte darauf mit den Worten "jeje", so viel wie "jaja". Zustimmung zu den Inhalten sei das keine gewesen, er spreche gar kein Arabisch und habe den Inhalt nicht verstanden, so der Viertangeklagte.

Die Auswertungen seiner Handydaten zeigten auch, dass er mehrmals den Namen eines französischen Lokals in unmittelbarer Nähe des späteren Anschlagsziel suchte. Bei selbigem Lokal rief der Attentäter am Nachmittag des 2. November an, vermutlich da dieses als Anschlagsziel in Frage kam. Die Ankläger gehen davon aus, dass sich sowohl der Zweit- als auch der Drittangeklagte zur Zeit des Anrufs in dessen Wohnung waren.

Gefälschte Dokumente über Drittangeklagten

Auch soll der Drittangeklagte versucht haben, für den späteren Attentäter gefälschte Dokumente für eine erneute Ausreise zu beschaffen. Wie den anderen Angeklagten auch, wird ihm die Weiterleitung von IS-Propagandamittel vorgeworfen. Außerdem soll er sich in den frühen Morgenstunden vor dem Anschlag mit dem Attentäter darüber ausgetauscht haben, wie man Handys auf Werkseinstellungen zurücksetzen kann sowie entsprechende Videos dazu angesehen haben.

Somit wurden nun alle Angeklagten einvernommen. Der Prozess wird am Dienstag, 20.12, mit den ersten Zeugenbefragungen fortgesetzt. Geladen werden Zeugen zum Fünft- und Sechstangeklagten, die weiter erläutern sollen, wie der Attentäter zu Waffen und Munition kam.

ribbon Zusammenfassung
  • Im Prozess um sechs Angeklagte, die den Attentäter unterstützt haben sollen, stehen am Dienstag die Befragungen zweier Freunde des Attentäters im Mittelpunkt.
  • Sie sollen ihn nicht nur in seinem Vorhaben bestärkt, sondern ihn auch bei den letzten Vorbereitungen wenige Stunden vor dem Anschlag unterstützt haben.

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