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Türkei

"Politische Racheaktion": Haftbefehl gegen Istanbuler Oppositionschef

08. Juli 2025 · Lesedauer 3 min

In der Türkei hat die Staatsanwaltschaft einem TV-Bericht zufolge Haftbefehl gegen den Istanbuler Regionalvorsitzenden der führenden Oppositionspartei CHP (Cumhuriyet Halk Partisi) erlassen.

Wie der Sender "Habertürk" am Dienstag berichtete, soll Özgür Çelik von der Polizei zum Verhör gebracht werden. Die Istanbuler Generalstaatsanwaltschaft hat die Sicherheitskräfte im Rahmen der Ermittlungen wegen des Vorwurfs der "Wahlmanipulation als Gegenleistung für Vorteile" bei den Wahlen 2023 zum Provinzvorsitz der CHP Istanbul angewiesen. 

Im Rahmen der Ermittlungen wurden 10 Verdächtige, darunter der Vorsitzende der CHP Istanbul, Özgür Çelik, in die Direktion für Sicherheit der Provinz Istanbul, Abteilung für die Bekämpfung von Finanzkriminalität, überstellt, wie "T24" schreibt.

"Politische Racheaktion"

Von Seiten der CHP folgt heftige Kritik: "Die De-facto-Haftentscheidung gegen unseren Istanbuler Provinzvorsitzenden Özgür Çelik ist eindeutig eine Einschüchterung, eine politische Racheaktion", schreibt Burhanettin Bulut auf X.

Die AKP-Regierung versuche jede "abweichende Stimme zum Schweigen zu bringen, indem sie die Justiz als Knüppel benutzt". "Wir werden vor dieser dunklen Ordnung nicht kapitulieren", schreibt Bulut auf X.

https://x.com/eczburhan/status/1942533765525319759

Zuvor war bekannt geworden, dass das türkische Innenministerium den CHP-Bürgermeister von Antalya abgesetzt hat.

Istanbuls Bürgermeister in U-Haft

Die türkischen Behörden gehen seit Monaten gegen die sozialdemokratische republikanische Volkspartei (CHP) vor allem in Istanbul vor. So war der Bürgermeister der Metropole, Ekrem Imamoglu, im März wegen Korruptionsvorwürfen in Untersuchungshaft genommen worden. 

İmamoğlu gilt als der wichtigste politische Rivale von Langzeit-Machthaber Recep Tayyip Erdoğan. Er bestreitet die gegen ihn erhobenen Vorwürfe. 

Seine Inhaftierung hatte die größten Straßenproteste seit einem Jahrzehnt und einen Ausverkauf an den türkischen Finanzmärkten ausgelöst.

Seit Oktober vergangenen Jahres sind bereits Hunderte Mitglieder der CHP ins Visier der Justiz geraten. Die Beschuldigten weisen die gegen sie erhobenen Vorwürfe zurück. Die CHP bezeichnet die Ermittlungen als politisch motiviert, was die Regierung bestreitet.

15 Bürgermeister in U-Haft

Erst am Wochenende hatte es Medienberichten zufolge erneuten Festnahmen von Oppositionellen gegeben. Die türkischen Behörden setzten demnach die der CHP angehörenden Bürgermeister der Großstädte Antalya, Adana und Adiyaman sowie weitere Oppositionelle fest. 

Hier stand der Generalstaatsanwaltschaft in Istanbul zufolge unter anderem der Vorwurf der Erpressung im Raum.

Was Antalya betrifft, so sei der Grund der Absetzung von Bürgermeister Muhittin Böcek ein Haftbefehl und laufende Ermittlungen wegen Korruption, teilte das Ministerium in Ankara am Montagabend auf der Plattform X mit.

Inzwischen sitzen 15 Bürgermeister der CHP in Untersuchungshaft.

"Mord an Justiz"

Die säkulare CHP war aus den landesweiten Kommunalwahlen im vergangenen Jahr als stärkste Kraft hervorgegangen, was als Denkzettel für Präsident  Erdoğan gewertet wurde. 

Die CHP bezeichnete die jüngsten Festnahmen als "Mord an der Justiz". Sie hätten zum Ziel, die Partei mit Hilfe der Justiz zu unterdrücken und den Wählern ihren Willen zu rauben, hieß es in einer Erklärung der Provinzvorsitzenden. 

Die türkische Justiz steht seit Jahren in der Kritik, parteiisch zu agieren und Ermittlungen gegen oppositionelle Politiker politisch zu instrumentalisieren. Die islamisch-konservative Regierung weist das zurück und behauptet, die Justiz sei unabhängig.

Zusammenfassung
  • Gegen den Istanbuler CHP-Regionalvorsitzenden Özgür Celik wurde ein Haftbefehl erlassen, der im Zusammenhang mit Ermittlungen zu parteiinternen Wahlen steht.
  • Insgesamt befinden sich aktuell 15 Bürgermeister der CHP in Untersuchungshaft, darunter auch der Bürgermeister von Antalya, Muhettin Böcek, dem Korruption vorgeworfen wird.
  • Seit Oktober 2023 sind bereits Hunderte Mitglieder der CHP ins Visier der Justiz geraten, während die Partei die Ermittlungen als politisch motiviert bezeichnet und die Regierung auf die Unabhängigkeit der Justiz verweist.