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Wahlwochenende

Rechtes "Desaster" in Portugal, reuiger Rechtspopulist in Rumänien

Heute, 10:57 · Lesedauer 4 min

In gleich drei EU-Ländern standen am Wochenende wichtige Wahlen auf dem Programm. Während bei den Präsidentschaftswahlen in Rumänien ein Proeuropäer siegte, ist nach einem Rechtsruck in Portugal von einem "Desaster" und großer "Ungewissheit" die Rede. In Polen steht derweil eine Stichwahl an.

In Rumänien wird der als Underdog ins Präsidentenrennen gezogene Nicusor Dan neues Staatsoberhaupt. Nach Auszählung der Stimmen in knapp 99 Prozent der Wahllokale lag er uneinholbar vor dem Rechtspopulisten George Simion.

Der Proeuropäer und Liberalkonservative liegt dem aktuellen Auszählungsstand nach bei rund 54,1 Prozent, Simion bei rund 45,9 Prozent. Nicusor war bislang parteifreier Oberbürgermeister von Bukarest.

"Aufschwung der Demokratiebefürworter"

Die Wahlbeteiligung war bei der Stichwahl mit 65 Prozent höher als in der ersten Runde vor zwei Wochen, als sie 53 Prozent betragen hatte. Der rumänische Politologe Sergiu Miscoiu bezeichnete die hohe Beteiligung als "fast beispiellos und geprägt von einem Aufschwung der Demokratiebefürworter".

"Noch nie ist eine Wahl so entscheidend gewesen, mit so offensichtlichen geopolitischen Auswirkungen", sagte er der Nachrichtenagentur AFP.

Auftritt mit EU-Fahne

Vor Dans Bukarester Wahlkampfsitz versammelten sich am späten Sonntagabend Abertausende Rumäninnen und Rumänen, die ihm ausgelassen zujubelten. Der Wahlsieger selbst trat mit zwei Fahnen vor die Menschen - als Erstes schwenkte er die Fahne der Europäischen Union und erst danach die rumänische.

In einer ersten Reaktion nach Bekanntgabe der beiden Exit Polls hatte der parteilose liberalkonservative Politiker versprochen, angesichts der schweren politischen Krise bereits am Montag auf Tuchfühlung zu den proeuropäischen Parteien zu gehen, um schnellstmöglich eine Mehrheitsfindung zu ermöglichen.

Rechtspopulist Simion sah sich erst als Sieger

Der unterlegene Rechtspopulist Simion vermied es zunächst, seine Wahlniederlage einzuräumen. In einer ersten Reaktion nach Veröffentlichung der Exit Polls, die ihn um knapp zehn Prozentpunkte hinter Dan liegen sahen, hatte der 38-Jährige nichtsdestotrotz behauptet, der "überdeutliche Wahlsieger" zu sein, der seinen Sieg "im Namen des Volkes" beanspruche.

Später gestand er Dan den Sieg zu: "Ich möchte meinem Gegner, Nicusor Dan, gratulieren", sagte Simion in der Nacht zu Montag in einem im Onlinenetzwerk Facebook veröffentlichten Video. "Er hat die Wahl gewonnen, und das war der Wille des rumänischen Volkes."

"Existenzielle Bedrohung": Rechtsruck in Portugal

Ein rekordverdächtiger Rechtsruck überschattet derweil den Sieg der Konservativen von Ministerpräsident Luís Montenegro bei der vorgezogenen Parlamentswahl in Portugal. Die rechtspopulistische Partei Chega könnte zweitstärkste Kraft werden. Portugiesische Medien sprechen von einem "historischen Ergebnis", von "Desaster" und "Ungewissheit".

Der TV-Sender CMTV sieht eine "existenzielle Bedrohung" für die Traditionsparteien, die spanische Zeitung "El País" sogar eine "Revolution".

Montenegros Aliança Democrática (AD) kam bei der dritten Neuwahl seit 2022 auf knapp 33 Prozent der Stimmen - rund vier Prozentpunkte mehr als bei der letzten Wahl im März 2024. Im Fokus steht jedoch Chega (Es reicht), das mit über 22,5 Prozent der Stimmen mindestens 58 der 230 Parlamentssitze erobert.

Die Sozialisten (PS), die vor einem guten Jahr noch mit absoluter Mehrheit regiert hatten, kommen bei etwas mehr Stimmen als Chega ebenfalls auf 58 Sitze. Aber: Die vier Sitze, die nach der Zählung der Auslandsstimmen noch vergeben werden, gehen traditionell mehrheitlich an die Rechtspopulisten.

"Wir schreiben Geschichte. Von nun an wird in Portugal nichts mehr wie vorher sein", rief Chega-Chef André Ventura unter dem ohrenbetäubenden Jubel seiner Anhänger. 

Stichwahl in Polen

In Polen müssen die Wählerinnen und Wähler in einer Stichwahl am 1. Juni über einen neuen Präsidenten entschieden. Nach der ersten Runde am Sonntag sahen Prognosen in der Nacht den liberalkonservativen Kandidaten Rafal Trzaskowski (53) aus dem Regierungslager von Premier Donald Tusk bei 31,1 Prozent der Stimmen.

Karol Nawrocki (42) von der rechtsnationalistischen PiS erhielt 29,1 Prozent. Ein Sieg Trzaskowskis würde den Weg für die Reformen der Tusk-Regierung frei machen.

Da keiner der beiden im ersten Anlauf die nötige absolute Mehrheit erhielt, ist ein zweiter Wahlgang nötig. Die Wahlbeteiligung lag Prognosen zufolge bei 66,8 Prozent. Das amtliche Endergebnis wird nicht vor Montagabend erwartet.

Zusammenfassung
  • In Rumänien wurde der parteifreie proeuropäische Kandidat Nicusor Dan mit rund 54,1 Prozent der Stimmen zum neuen Präsidenten gewählt.
  • Rechtspopulist George Simion kam auf 45,9 Prozent und räumte schließlich seine Niederlage ein.
  • Trotz eines Rückstandes von knapp zehn Prozentpunkten hatte der 38-jährige Simion zunächst behauptet, der "überdeutliche Wahlsieger" zu sein.
  • Derweil sprechen nach einem historischen Rechtsruck in Portugal nationale Medien von einem "Desaster", "Ungewissheit" und einer "existentiellen Bedrohung".
  • Auch in Polen wurde am Wochenende gewählt.
  • Dort kommt es nach der ersten Runde der Präsidentschaftswahl zu einer Stichwahl zwischen Rafal Trzaskowski (31,1 Prozent) und Karol Nawrocki (29,1 Prozent).