Vinzenz-Gruppe warnt vor "Kahlschlag" in der Orthopädie
Man sei verwundert und irritiert, versicherte David Pötz, der Geschäftsführer der Wiener Vinzenz-Kliniken im Gespräch mit Medienvertretern. Anlass für die Sorge ist der Expertenentwurf für den Regionalen Strukturplan Gesundheit. Dieser befinde sich derzeit in Begutachtung. Er würde eine massive Einschränkung bei den Kapazitäten vorsehen, sagte Pötz.
Betroffen sind die beiden Wiener Schwerpunktspitäler Herz-Jesu-Krankenhaus sowie das Orthopädische Spital Speising. Diese würden zu den führenden Häusern im Bereich Knie- und Hüftgelenksersatz gehören, wurde betont. Laut der Gruppe werden dort jährlich rund 16.000 Operationen durchgeführt und rund 120.000 Patientinnen und Patienten versorgt.
Die gemeinnützigen Krankenhäuser würden über einen Versorgungsauftrag im öffentlichen Gesundheitswesen verfügen, erläuterte Pötz. Die Finanzierung erfolgt über die Stadt bzw. den Wiener Gesundheitsfonds. Verwiesen wurde heute auf bereits erzielte Effizienzsteigerungen. Laut Elvira Czech, der Geschäftsführerin des Herz-Jesu Krankenhauses, müssten Betroffene nach Hüft- oder Knie-OPs im Durchschnitt nur mehr drei oder vier Tage im Spital bleiben.
Der Durchschnitt in Österreich liege bei sieben Tagen, führte sie aus. Auch die Tagesklinikquote sei sehr hoch. Diese weiter zu senken, ist schwierig, wie die Vinzenz-Gruppe betont. Durch weitere Strukturmaßnahmen könnten Einschränkungen kaum kompensiert werden. "Eine Halbierung ist jedenfalls undenkbar", sagte Pötz.
Längere Wartezeiten befürchtet
Der im Strukturplan vorgesehene Abbau sieht laut den Unternehmensvertretern folgendermaßen aus: In Speising soll von 240 auf 116 Betten reduziert werden, im Herz-Jesu-Krankenhaus von 90 auf 50. "Die bevorstehende Reduktion würde dazu führen, dass sich die Versorgung verschlechtern würde", zeigte sich auch Bernhard Tousek, der Geschäftsführer des Spitals in Speising überzeugt. Die Wartezeit bei elektiven, also planbaren Operationen, werde sich verlängern, warnt man.
Die Spezialisierung der Krankenhäuser sei gemeinsam mit der Stadt entwickelt worden, gibt man zu bedenken. Man verstehe auch, dass mit Steuermitteln verantwortungsvoll umgegangen werden müsse. Die Kapazitäten im Bereich der Orthopädie zu reduzieren, entspreche aber nicht dem tatsächlichen Bedarf, ist man überzeugt. Denn dieser werde sich laut Prognosen bis 2040 vervierfachen. Verantwortlich dafür sei die demografische Entwicklung.
Die Vinzenz-Gruppe - zu der in Wien noch die Spitäler St. Josef, Göttlicher Heiland und das Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern gehören - hofft nun, in Gesprächen mit der Stadt das drohende Szenario abwenden zu können. Am 3. Dezember ist laut Geschäftsführer Pötz dazu ein Termin mit Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) geplant.
Reduktion für Rathaus vertretbar
Dessen Büro hielt in einer der APA übermittelten Stellungnahme fest, dass der Wiener Gesundheitsverbund der Vinzenz-Gruppe schon vor einiger Zeit ein Kooperationsangebot für die orthopädisch-traumatologische Versorgung gemacht hat. Zugleich wurde bekräftigt, dass man es für möglich erachte, die Zahl der Betten in den Fondskrankenhäusern "etwas zu reduzieren". Denn die Gesundheitsversorgung werde Schritt für Schritt ambulanter. Die Zahl der tagesklinischen Plätze werde darum erhöht, auch der Ausbau der regionalen Gesundheitszentren werde forciert.
Konkret soll die Bettenanzahl in den Wiener Fondskrankenhäusern bis Ende 2030 von rund 9.200 auf 8.400 Betten verringert werden. Davon seien aber nicht alle Abteilungen gleichermaßen betroffen, hieß es. In einigen Fächern wie der Psychiatrie, der Pädiatrie oder der Neurologie wird es laut Hacker-Büro in den nächsten Jahren sogar mehr Betten als jetzt geben. In der orthopädisch-traumatologischen Versorgung wird die Anzahl "nur geringfügig" von 1.029 auf 1.006 schrumpfen. Der Schwerpunkt soll in diesem Fach in der akuten Versorgung liegen.
Gleichzeitig soll es bis 2030 rund 500 Betten zusätzlich in den Bereichen Remobilisation und Nachsorge sowie Akutgeriatrie geben. Im Büro des Stadtrats hielt man weiters auch fest, dass man die Anzahl von Gastpatientinnen und -patienten dem österreichischen Durchschnitt anpassen will. Besonders im orthopädischen Bereich sei deren Anteil beträchtlich. "Da diese Zahl in den kommenden Jahren spürbar zurückgehen wird, ist es auch möglich, die Bettenanzahl in diesem Fach zu reduzieren, vor allem wenn es um planbare Eingriffe geht."
ÖVP stärkt Gruppe den Rücken
Die Gesundheitssprecherin der Wiener Volkspartei, Ingrid Korosec, stärkte der Gruppe den Rücken. "Das ist keine behutsame Anpassung - das ist ein Kahlschlag in der hochspezialisierten Versorgung. Gerade ältere Menschen werden unter diesen Kürzungen leiden", zeigte sich Korosec überzeugt. "Diese beiden Kliniken versorgen jeden zweiten orthopädischen Patienten in Wien."
Sie seien Vorzeigebeispiele für das, was Rot-Pink angeblich fördern wolle: Qualität durch Spezialisierung, kurze Verweildauern, hohe Tagesklinik-Anteile. Die Vinzenz-Gruppe habe ihre Hausaufgaben gemacht, trotzdem drohe nun Kürzung und Halbierung, kritisierte die ÖVP-Politikerin.
Zusammenfassung
- Die Vinzenz-Gruppe warnt vor einer Halbierung der orthopädischen Betten in ihren Wiener Kliniken, konkret von 240 auf 116 in Speising und von 90 auf 50 im Herz-Jesu-Krankenhaus.
- Jährlich werden in den beiden betroffenen Häusern rund 16.000 Operationen durchgeführt und etwa 120.000 Patient:innen versorgt.
- Die Geschäftsführung befürchtet durch die geplanten Kürzungen längere Wartezeiten für Patient:innen, insbesondere bei planbaren Operationen.
- Laut Stadt Wien ist eine Reduktion der Fondskrankenhaus-Betten bis 2030 von rund 9.200 auf 8.400 vorgesehen, wobei die orthopädisch-traumatologischen Betten nur geringfügig von 1.029 auf 1.006 sinken sollen.
- Die ÖVP kritisiert die Pläne als "Kahlschlag" und warnt, dass besonders ältere Menschen unter den Kürzungen leiden würden.
