Meinl-Reisinger gegen "Frieden um jeden Preis" in Ukraine
Das sei auch die Botschaft der europäische Staatsmänner an Trump gewesen, erklärte Meinl-Reisinger Bezug nehmend auf die Souveränität und Territorialrechte der Ukraine bei einer Podiumsdiskussion in der Tiroler Gemeinde. Sie sei jedenfalls "sehr stolz" gewesen angesichts des Gipfels im Weißen Haus: "Man konnte sehen: Europa ist wichtig." Das Treffen sei auch "sehr gut organisiert" gewesen.
Ganz andere Gefühle hatte die Außenministerin übrigens offenbar gehegt, als sie den vorangehenden Alaska-Gipfel zwischen Trump und Russlands Präsident Wladimir Putin mitverfolgte: "Ich konnte nicht schlafen. Als ich die Pressekonferenz sah, habe ich mich nicht sehr gut gefühlt. Ich dachte mir: 'Das Schlimmste ist passiert."
Die eineinhalbstündige Podiumsdiskussion im voll besetzten Elisabeth Herz-Kremenak Saal des Alpbacher Congresszentrums drehte sich - moderiert von Puls 4-Infochefin Corinna Milborn - angesichts des Ukraine-Krieges vor allem um die daraus zu ziehenden Schlüsse für die Europäische Union. Man war sich weitgehend einig: Es müsse aufgerüstet und intensiv an einer gemeinsamen Verteidigungsunion gearbeitet werden.
Österreich fühle sich als Mitglied der EU verantwortlich, an einer Verteidigungsunion oder Verteidigungseinheit mitzubauen, machte Meinl-Reisinger klar. Wenn es nach ihr und den NEOS ginge, auch verbunden mit einer "unity of command" - also unter einem gemeinsamen militärischen Kommando. Sie wisse, dass letzteres nicht die "gemeinsame Position der Bundesregierung" sei, räumte die Außenministerin ein. Gleichzeitig geißelte sie die dahin gehende mögliche "Veto-Politik" der Nationalstaaten auf europäischer Ebene beim Aufbau entsprechender Strukturen. Die NEOS hatten sich in der Vergangenheit wiederholt für eine europäische Armee ausgesprochen.
Europa müsse in Sachen Verteidigungspolitik jedenfalls "mit einer Stimme" sprechen. Derzeit könne man aufgrund des Operierens mit Vetos "nicht einmal eine Strategie haben". Bezüglich der österreichischen Neutralität merkte die NEOS-Chefin unter anderem an, dass man "nicht neutral sein kann angesichts einer derartigen Bedrohung", wie sie der Ukraine-Krieg zutage gefördert habe.
Diskussion um verteidigungspolitische Zukunft
Die ebenfalls anwesende rumänische Außenministerin Oana Țoiu merkte an, dass man "beide Fragen" beantworten müsse - sowohl was eine stärkere wirtschaftliche als auch sicherheitspolitische Integration betrifft. Es gebe jedenfalls eine "Bedrohung innerhalb Europas" - und diese betreffe die eigene Verteidigungsfähigkeit.
Etwas weniger offensiv in Sachen gemeinsamer Militärstruktur als Meinl-Reisinger zeigte sich indes der tschechische Außenminister Jan Lipavský. Man müsste schon einen "europäische Nation" haben, um in weiterer Folge auch eine "europäische Armee" aufbauen zu können.
"Now the job is defending" meinte unterdessen der frühere Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger. Er hielt ein feuriges Plädoyer für eine eigenständige europäische Verteidigungs- und Sicherheitspolitik. Derzeit sei man "total fragmentiert", was die Heere in Europa betrifft. Das müsse der Vergangenheit angehören. Auch er sprach sich für "eine Stimme" und die Etablierung des Mehrheitsprinzips in diesen Fragen aus. Man brauche ein "Europa, das schützt". Die verteidigungspolitische Abhängigkeit von den USA sei wohl auch dafür verantwortlich, dass die EU in Sachen Handelspolitik nicht härter gegen Trump auftreten könne.
Im Übrigen fragte Ischinger: "Wo war Europa in Alaska" und spielte damit auf die Zuschauerrolle beim Trump-Putin-Gipfel an. Er schlug zudem vor, die "eingefrorenen russischen Vermögenswerte" direkt der Ukraine zukommen zu lassen.
Erste Group CEO Peter Bosek merkte indes in diesem Zusammenhang unter anderem an, dass Europa derzeit "nicht selbstbewusst" genug sei, um in den wesentlichen Fragen global zu reüssieren.
"Europe in the World Days" noch bis Dienstag
Die "Europe in the World Days" beim Europäischen Forum Alpbach dauern noch bis 26. August. Den Abschluss bildet dabei das Closing mit u.a. Nobelpreisträger Joseph E. Stiglitz zu geowirtschaftlichen Umbrüchen, Handelskriegen und wechselnden Allianzen.
Zusammenfassung
- Die Diskussionsteilnehmenden waren sich weitgehend einig, dass Europa angesichts der Bedrohung durch den Ukraine-Krieg sicherheitspolitisch enger zusammenrücken muss, wobei die Veranstaltung noch bis zum 26. August andauert.