Politikwissenschaftler Gressel zur "Unterstützerrolle" von Belarus

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Gustav Gressel, Politikwissenschaftler im European Council of Foreign Relations, vermag es im Moment nicht einzuschätzen, ob die belarussischen Truppen im Krieg in der Ukraine einschreiten werden. Der zivile Ungehorsam in Belarus gegen die russische Invasion zeichne sich deutlich ab.

Gressel kann aktuelle Berichte, wonach erste belarussische Truppen in die Ukraine einmarschiert seien, nicht unabhängig verifizieren. "Auch Satellitenbilder helfen hier wenig", führt der Politikwissenschaftler aus - denn "Russen und Belarussen verwenden das gleiche Kriegsgerät".

Belarus als "Gamechanger"

Ein Kriegseintritt von Belarus wäre für Gressel dann ein "Gamechanger", wenn die belarussischen Soldaten den Bereich zwischen Kiew und der westlichen Grenze zu Polen abschneiden würden. Hierbei handelt es sich um eine "wichtige Flucht- und Versorgungslinie", so der Politikwissenschaftler. Die aktuellen Truppen in der Ukraine reichen für so einen Vorstoß "im Moment nicht aus". Für Gressel heißt das, dass man nur mehr abwarten könne.

Weitere Friedensgespräche im Grenzgebiet zwischen der Ukraine und Belarus würden für die Ukraine nur dann funktionieren, "wenn davor eine partielle Waffenruhe für die Region vereinbart" wird, erklärt Gressel. Aus Sicht der Ukraine würde man lieber auf neutralem Boden mit den Russen verhandeln, so der Politikwissenschaftler. "Das wären zum Beispiel die Türkei oder in den Nachbarländern möglich."

Lukaschenkos Anbhängigkeit

Laut dem Politikwissenschaftler ist der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko von Putin und Russland sehr abhängig. Russland sei fast "der einzige Staat, welcher ihn noch als Machthaber anerkennt", gibt Gressel zu bedenken. Vor allem finanziell und wirtschaftlich brauchen Belarus und Lukaschenko persönlich Unterstützung aus Moskau. "Deswegen werden einige Gefallen von Russland natürlich erfüllt", sagt Gressel.

Lukaschenko müsse aktuell viele schmerzhafte Zugeständnisse machen – z.B. die Abstimmung über einen Unionsstaat mit Russland oder die Stationierung von russischen Atomwaffen. Laut dem Politikwissenschaftler führt Lukaschenko im aktuellen Konflikt auch eine "Unterstützerrolle" aus, damit er nicht noch mehr "persönliche Macht" an Putin abgeben müsse.

Ziviler Widerstand 

In Belarus gibt es laut Gressel im Moment auch einen zivilen Widerstand gegen den Krieg. "Es gibt mehrere hunderte Verhaftungen in den letzten Tagen", so der Politikwissenschaftler. Außerdem gebe es auch Berichte von Sabotagen am belarussischen Eisenbahnnetz, welches "sehr wichtig ist für die Verlegung von Truppen in die Ukraine" sei, so Gressel.

Ob der Ausgang der russischen Invasion in der Ukraine irgendwelche Auswirkungen auf Belarus haben werde, darauf kann der Politikwissenschaftler keine Antwort geben: "Das bleibt schwer zu sagen", so Gressel.

ribbon Zusammenfassung
  • Gustav Gressel, Politikwissenschaftler im European Council of Foreign Relations, vermag es im Moment nicht einzuschätzen, ob die belarussischen Truppen im Krieg in der Ukraine einschreiten werden.
  • Gressel kann aktuelle Berichte, worüber erste belarussische Truppen in die Ukraine einmarschiert seien, nicht unabhängig verifizieren.
  • Ein Kriegseintritt von Belarus wäre für Gressel dann ein "Gamechanger", wenn die belarussischen Soldaten im Bereich zwischen Kiew und der westlichen Grenze zu Polen abschneiden würden.
  • Der zivile Ungehorsam in Belarus gegen die russische Invasion zeichne sich aber deutlich ab.

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