Thailand fliegt Luftangriffe auf Kambodscha
Thailands Armeesprecher Winthai Suvaree sagte, kambodschanische Soldaten hätten am Montag das Feuer auf thailändische Truppen in der Provinz Ubon Ratchathani eröffnet. Dabei seien ein Soldat getötet und acht weitere verletzt worden. Die thailändische Luftwaffe habe daraufhin gezielte Angriffe auf "militärische Ziele in mehreren Regionen" geflogen, um die Attacken aus Kambodscha zu beenden.
Kambodscha warf seinerseits Thailands Armee einen Angriff auf kambodschanische Truppen in den Grenzprovinzen Preah Vihear und Oddar Meanchey vor. Die thailändische Armee habe zudem Panzerschüsse auf Tempel abgegeben, sagte eine Sprecherin des kambodschanischen Verteidigungsministeriums. Kambodscha habe nicht zurückgeschossen.
Bei den Luftangriffen Thailands seien in Preah Vihear und Oddar Meanchey mindestens vier Zivilisten getötet und zehn weitere verletzt worden, teilte Kambodschas Informationsminister Neth Pheaktra mit. Mehr als 1.100 Familien wurden seinen Angaben zufolge aus dem Grenzgebiet in Sicherheit gebracht. In Thailand wurden nach Angaben der Armee etwa 35.000 Menschen evakuiert.
Ende Oktober hatten die beiden südostasiatischen Nachbarländer unter Vermittlung der USA ein Abkommen unterzeichnet, das einen langfristigen Frieden sichern soll. Thailand setzte die Umsetzung des Friedensabkommens vor knapp einem Monat jedoch aus, nachdem laut Armee zwei thailändische Soldaten durch die Explosion einer Landmine nahe der Grenze verletzt worden waren.
Malaysia mahnt zur Zurückhaltung
Der malaysische Ministerpräsident Anwar Ibrahim rief beide Seiten zur Zurückhaltung auf. "Wir fordern beide Seiten dringend auf, maximale Zurückhaltung zu üben", erklärte Anwar, der derzeit den Vorsitz des südostasiatischen Staatenbundes ASEAN innehat, auf der Plattform X.
Auch der einflussreiche frühere Ministerpräsident Kambodschas, Hun Sen, mahnte die eigenen Streitkräfte zur Zurückhaltung gegenüber der "Aggression" des thailändischen Militärs. In einem Facebook-Beitrag schrieb der Vater des amtierenden Ministerpräsidenten Hun Manet jedoch auch: "Die rote Linie für eine Reaktion ist bereits festgelegt worden."
Streit um Hindu-Tempel
Wie das Online-Nachrichtenportal "Khaosod" berichtete, soll das thailändische Militär von einem weiteren Raketenbeschuss Kambodschas in der Nacht auf Dienstag auf Gebiete in Thailand ausgehen. Dem Medium zufolge kündigte die Armee an, jene Bedrohung "nach besten Kräften abzuwehren" und darauf zu reagieren. Den thailändischen Luftangriff am frühen Morgen auf Gebiete nahe der Tempelanlage Prasat Preah Vihear bezeichnete das Verteidigungsministerium als Vergeltungsschlag, nachdem bei einem kambodschanischen Angriff im Grenzgebiet ein thailändischer Soldat getötet worden sei.
Der Hindu-Tempel Prasat Preah Vihear, der seit 2008 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, wird von beiden südostasiatischen Ländern beansprucht. Der Konflikt um den Zugang zur Tempelanlage sowie grundsätzlich die Grenzziehung schwelt seit Jahrzehnten.
Unklare Grenzziehung aus der Kolonialzeit
Im Juli waren bei fünftägigen Gefechten auf beiden Seiten mindestens 43 Menschen getötet und 300.000 weitere vertrieben worden. Die Gefechte markierten eine erneute Eskalation in dem seit Jahrzehnten andauernden Streit um die Grenzziehung im sogenannten Smaragd-Dreieck, wo die thailändische Provinz Surin und die kambodschanische Provinz Oddar Meanchey sowie Laos aneinander grenzen. Hintergrund des Konflikts ist eine unklare Grenzziehung aus der Kolonialzeit.
Thailand und Kambodscha streiten seit mehr als einem Jahrhundert um die Souveränität an nicht markierten Punkten entlang ihrer 817 Kilometer langen Landgrenze. Diese wurde 1907 von Frankreich kartiert, als es Kambodscha als Kolonie beherrschte. Die Spannungen führten wiederholt zu Gefechten, wie etwa zu einem wochenlangen Artilleriebeschuss im Jahr 2011.
Zusammenfassung
- Thailand hat nach einer Eskalation im Grenzgebiet erneut Luftangriffe auf Kambodscha geflogen, wobei beide Seiten mindestens fünf Tote und zahlreiche Verletzte meldeten.
- Der Streit um die Tempelanlage Prasat Preah Vihear und die unklare Grenzziehung entlang der 817 Kilometer langen Grenze sorgen seit Jahrzehnten für wiederkehrende Konflikte zwischen beiden Ländern.
