Bußjäger zur Neutralität: Politisches Verhalten Österreichs "sicher nicht" neutral

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Die Neutralität Österreichs sei durch den EU-Beitritt eingeschränkt worden, sagt Staatsrechts-Professor Peter Bußjäger im PULS 24 Interview. Das Verständnis war aber immer schon ein militärisches, kein politisches, denn geholfen habe Österreich in großen Krisen schon immer. Vor einem Ablegen der Neutralität und einem NATO-Beitritt warnt er.

Österreich verhalte sich im Ukraine-Krieg militärisch neutral, beim politischen Verhalten könne man aber "sicherlich nicht" von Neutralität sprechen, erläutert Staatsrechts-Professor Peter Bußjäger im PULS 24 Interview. Unser Neutralitätsverständnis sei aber keines einer politischen Neutralität, sondern der militärischen. Und die sei gewahrt.

Humanitäre Hilfe habe Österreich seit der Wiedergewinnung der Souveränität nach dem Zweiten Weltkrieg immer schon geleistet. Auch nach dem Ungarn-Aufstand (1956, Anm.) und beim Einmarsch des Warschauer Paktes in der Tschechoslowakei (1968, Anm.) hätte sich Österreich nicht politisch neutral verhalten.   

EU-Beitritt hat Neutralität eingeschränkt

"Das Neutralitätsverständnis hat sich in den letzten Jahrzehnten sicherlich gewandelt. Die Teilnahme an den EU-Sanktionen wäre vor dem EU-Beitritt in dieser Form sicherlich nicht denkbar gewesen." Österreich sei aktiver und ergreife laut Bußjäger Partei. Der unscheinbare Artikel 24 J im Bundesverfassungsgesetz habe die Neutralität verändert und eingeschränkt. Er wolle aber damit nicht sagen, dass sie "ausgehöhlt" wurde. Die Änderung ermögliche aber, die momentanen Entscheidungen der EU mitzutragen.

Die Neutralität sei aber weiterhin nach Einschätzung Bußjägers Teil der österreichischen Identität. Durch sie könne Österreich Dinge tun, auf die man auch stolz sei. Man sei "eine Plattform als unabhängiger Vermittler bei Konflikten". Sich aktiv an Kampfhandlugen zu beteiligen sei aber nicht mit unserem Neutralitätsverständnis vereinbar, genauso wenig wie Waffen in die Ukraine zu liefern.

"Trittbrettfahrer" Österreich

In den vergangenen Jahrzehnten sei Österreich, indem es neutral war, auch "Trittbrettfahrer" gewesen. Man habe geringere Militärausgaben gehabt und konnte das Bundesheer auf einem sehr niedrigen Niveau ausstatten.

Man könne über die Neutralität diskutieren, müsse aber vorsichtig damit sein. Würde Österreich der NATO beitreten, glaubt Bußjäger, dass man damit "Öl ins Feuer" gießen würde. Außerdem müsse man sich bewusst sein, dass dann ins Bundesheer investiert werden müsse. Außerdem könne man dann nicht mehr selbst entscheiden, was man dem Heer zumutet oder nicht zumutet. Man wäre dann in einem Verteidigungsbündnis und müsse im Verteidigungsfall auch dafür einstehen.

Neutralitäts-Aus mit Zweidrittelmehrheit

Die Neutralität kann man ablegen, indem man die Verfassung ändert, erklärt der Staatsrechts-Professor. Dazu bräuchte es eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat. Der Bundesrat müsste dabei nicht zustimmen und auch eine Volksabstimmung brauche es nicht. Sollte diese Entscheidung aber wirklich anstehen, würde Bußjäger trotzdem empfehlen, die Österreicher und Österreicherinnen abstimmen zu lassen.

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  • Die Neutralität Österreichs sei durch den EU-Beitritt eingeschränkt worden, sagt Staatsrechts-Professor Peter Bußjäger im PULS 24 Interview. Das Verständnis war aber immer schon ein militärisches, kein politisches, denn geholfen habe Österreich in großen Krisen schon immer. Vor einem Ablegen der Neutralität und einem NATO-Beitritt warnt er.

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