APA/TOBIAS STEINMAURER

Kurz kriegt "Schwammerl" und vage Rückendeckung von Blümel

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Der ehemalige ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel war am Donnerstag der nächste prominente Zeuge im Prozess gegen Sebastian Kurz und Bernhard Bonelli. Er gab dem ehemaligen Kanzler vage Rückendeckung. Kurz holte zur Selbstverteidigung aus.

"Nicht so päpstlich" nehmen wollte Richter Michael Radasztics das Gesetz, wonach Angeklagte nach Zeugenbefragungen zwar Stellung nehmen dürfen, aber keine allgemeinen Plädoyers halten sollten.

Sebastian Kurz nutzte das und holte am Donnerstag nach der Befragung von Gernot Blümel erneut zu einem ausführlichen Verteidigungsstatement aus.

Kurz meinte, er habe das Bedürfnis, etwas zu sagen, nachdem er tagelang zugehört hatte. Tagelang habe man sich mit Sachen beschäftigt, die jahrelang her sind. Aber noch nie habe er so viel Wissen darüber gehabt wie jetzt.

Personalentscheidungen waren "Schwarmintelligenz"

Worte seien auf die Goldwaage gelegt worden und Äpfel mit Birnen verglichen worden, führte er in seiner emotionalen Stellungnahme aus. Seine Stimme überschlug sich zwischendurch. Er kriege langsam "Schwammerl".

Unter anderem wollte Kurz das Wort "Auswählen" definieren. Denn er habe Schmid nicht ausgewählt oder unterstützt. Er habe halt zu niemandem gesagt: "Du bist nicht qualifiziert, ich mag dich nicht." Personalentscheidungen seien vielmehr "Schwarmintelligenz" gewesen. Sei er gefragt worden, habe er aber seine Meinung gesagt, es sei aber "nicht immer alles Bundeskanzler".

Rückendeckung bekam Kurz davor vom ehemaligen Kanzleramtsminister und späteren Finanzminister Gernot Blümel, der die türkis-blaue Regierung mitverhandelt hatte. Auch wenn die Rückendeckung teils etwas vage ausfiel.

Blümel konnte sich teils nicht erinnern, wusste nicht, was er in Akten gelesen hatte oder an was er sich "authentisch" erinnere. Bei Fragen der WKStA nach den türkis-blauen Sidelettern entschlug er sich, weil es in der Einstellung eines Verfahrens gegen ihn hieß, er habe Unwahres gesagt. Ermittelt wird gegen Blümel nicht mehr.

"Bis heute miteinander eng verbunden"

Blümel führte aus, dass er mit Kurz immer noch gut befreundet sei: "Wir sind bis heute miteinander eng verbunden."  Beim nun wichtigen Belastungszeugen und ehemaligen ÖBAG-Chef Thomas Schmid sei das etwas anders: Im Sommer habe man aber telefoniert, man habe sich gegenseitig zum Geburtstag gratuliert.

Kurz wird - wie auch seinem einstigen Kabinettschef Bernhard Bonelli - von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vorgeworfen, seine Rolle bei den Postenbesetzungen etwa für den Aufsichtsrat der ÖBAG im Ibiza-Untersuchungsausschuss kleingeredet zu haben, was beide bestreiten. Thomas Schmid hingegen behauptete, Kurz habe ein Veto-Recht bei Personalentscheidungen gehabt.

Blümel blieb dabei vage. Es sei ständig diskutiert worden, meinte er immer wieder zu den Postenbesetzungen. Letztendlich sei aber der jeweilige Minister - etwa Ex-Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) zuständig gewesen. "Löger hat entschieden. Punkt. Aus.", sagte er einmal. Im Ministerrat hätte jedes Regierungsmitglied ein Veto-Recht gehabt und die Meinung von Sebastian Kurz wäre für viele schon wichtig gewesen.

ÖBAG als "Pipifax"

Für Blümel selbst sei die ÖBAG eher "Pipifax" gewesen, eines von vielen Themen. Auch deswegen wollte er sich an viele Details nicht erinnern können. Das Leben in der Bundesregierung ist das Leben im ständig gefühlten Ausnahmezustand", erklärte er.

Dass Schmid ÖBAG-Vorstand werden wollte, habe er wohl wahrgenommen, so der Zeuge. Ihm, Blümel, sei das aber kein Anliegen gewesen. Und: "Dass eine Planung von Kurz ausgegangen wäre, das entspricht nicht meiner Erinnerung."

"Du bist Familie"

Blümel musste vor Gericht auch seine berühmte Chatnachricht an Schmid erklären: "Du bist Familie" sollte laut dem ehemaligen ÖVP-Politiker heißen: "Wir kennen uns schon lange, mach' dir keine Sorgen!" Zum "Inneren Kreis" habe Schmid aber nicht gezählt, betonte der Zeuge.

Schmid sei ein "expressiver Typ" gewesen, der durchaus zu Übertreibungen geneigt habe. Schmid habe oft bei verschiedenen Leuten "nachgestoßen und war nervig". Er habe beim ÖBAG-Gesetz aber "Knochenarbeit" geleistet und sei deswegen emotional involviert gewesen. Blümel fand durchaus lobende Worte für Schmid – er habe nicht gewollt, dass er das Finanzministerium verlässt, weil er dort Expertise gehabt habe.

Nach Kurz ergriff am Donnerstag auch der Angeklagte Bonelli das Wort. Auch er meinte, dass selbst er oft angegeben habe, dass etwas von Kurz komme, wenn er etwas von jemandem wollte, obwohl er es mit Kurz nicht besprochen hatte. Subtext: Das könnte auch Schmid getan haben. Oder wie Kurz es in seinem Statement formulierte: Wenn etwas gesagt oder geschrieben wurde, heiße das nicht, dass es auch getan wurde.

Russische Zeugen am 31. Jänner

Wie geht es nun weiter? Es schaut zumindest ein voraussichtliches Ende heraus. Der vorerst letzte Prozesstermin ist am 23. Februar. Am 30. Jänner werden davor noch der noch ÖBAG-Aufsichtsratsvorsitzende Helmut Kern, Bernd Brünner, der ehemalige Generalsekretär im Bundeskanzleramt, und die ÖBAG-Aufsichtsrätin Susanne Höllinger befragt.

Am 31. Jänner folgt am Vormittag Günther Helm, am Nachmittag werden die beiden russischen Zeugen befragt, die ein Bewerbungsgespräch mit Schmid geführt haben wollen, in dem Schmid seine eigene Glaubwürdigkeit in Frage gestellt haben soll. Sie werden per Videoschalte nach Russland befragt werden - "falls sie denn kommen", wie der Richter sagte.

Der Liveblog zum Nachlesen:

Liveblog

Sebastian Kurz vor Gericht - Gernot Blümel wird befragt

ribbon Zusammenfassung
  • Der ehemalige ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel war am Donnerstag der nächste prominente Zeuge im Prozess gegen Sebastian Kurz und Bernhard Bonelli.
  • Er gab dem ehemaligen Kanzler vage Rückendeckung.
  • Kurz holte zur emotionalen Selbstverteidigung aus.
  • Am 31. Jänner folgt am Vormittag Günther Helm, am Nachmittag werden die beiden russischen Zeugen befragt, die ein Bewerbungsgespräch mit Schmid geführt haben wollen.