Rutte fordert "robuste Sicherheitsgarantien" für die Ukraine
"Und genau daran arbeiten wir derzeit", fügte Rutte hinzu. Es müsse sichergestellt werden, "dass Russland sich an jedes Abkommen hält" und "niemals wieder versuchen wird, auch nur einen Quadratkilometer der Ukraine zu erobern", betonte der NATO-Generalsekretär.
US-Präsident Donald Trump hatte bei dem Gipfeltreffen mit Selenskyj, Rutte und europäischen Staats- und Regierungschefs in Washington am vergangenen Montag Sicherheitsgarantien für die Ukraine vorgeschlagen, die sich am Beistandsartikel des NATO-Vertrags orientieren sollten. Wie diese Sicherheitsgarantien genau aussehen sollen, ist aber noch unklar.
Rutte lobte Trump. Trump habe Bewegung in die Verhandlungen gebracht. Er "hat aber auch klargemacht, dass die USA involviert sein werden bei der Gewährung von Sicherheitsgarantien für die Ukraine", sagte Rutte.
Nach dem Willen von Trump soll es zudem im Rahmen seiner diplomatischen Friedensbemühungen für die Ukraine erstmals seit Kriegsbeginn ein bilaterales Treffen zwischen Putin und Selenskyj geben. Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte allerdings am Freitag, es sei "kein Treffen geplant". Putin sei "bereit, Selenskyj zu treffen, wenn die Agenda für einen solchen Gipfel fertig ist", sagte Lawrow dem US-Sender NBC. Selenskyj hatte Putin zuvor vorgeworfen, der "Notwendigkeit" eines direkten Treffens für Friedensverhandlungen auszuweichen.
Beim Treffen mit Rutte sagte Selenskyj, es werde jeden Tag auf mehreren Ebenen über die "Struktur und Infrastruktur" der Sicherheitsgarantien diskutiert. Es handle sich um "eine Menge Arbeit", die nicht einfach sei, gab er zu bedenken.
Selenskyj bat um weitere Hilfe bei der Finanzierung der Rüstungsindustrie. Insbesondere bei der Drohnenproduktion habe die Ukraine großes Potenzial. "Es ist kein Geheimnis, es handelt sich um etwas mehr als sechs Milliarden (US-Dollar)", sagte Selenskyj im Hinblick auf den Finanzbedarf. Der Präsident bezeichnete dabei Drohnen als Waffe Nummer eins.
Auch über die Finanzierung von Waffenkäufen in den USA durch die NATO-Staaten sei gesprochen worden. "Wir haben das mit Mark besprochen: es könnte im Monat eine Milliarde (US-Dollar) sein, aber auch etwa 1,5 Milliarden", so der Ukrainer.
Lob auch für Rutte
Rutte lobte auch den ukrainischen Präsidenten als wichtigen und verlässlichen Partner Kiews seit Beginn des russischen Angriffskriegs.
Auf die Frage nach der Entsendung von Soldaten der Unterstützerländer in die Ukraine sagte Rutte, es sei zu früh, "um genau zu sagen, wie das Ergebnis aussehen" werde. Es sei aber auch klar, "dass wir eine Wiederholung des Budapester Memorandums oder des Minsker Abkommens nicht wollen", weil diese keine ausreichenden Sicherheitsgarantien enthalten hätten.
Im sogenannten Memorandum von Budapest von 1994 verzichtete die Ukraine auf die damals noch auf ihrem Gebiet stationierten sowjetischen Atomwaffen. Im Gegenzug erhielt sie Sicherheitsgarantien sowohl von den USA als auch von Russland, die unter anderem den Respekt der Grenzen umfassten. Das Minsker Abkommen sollte nach der russischen Invasion der Krim Frieden in der Ostukraine stiften, konnte den russischen Angriff im Jahr 2022 aber nicht verhindern.
Ruttes Besuch war wie bei solchen Reisen in die ukrainische Hauptstadt üblich, im Vorfeld aus Sicherheitsgründen nicht angekündigt worden. Trotz der diplomatischen Bemühungen um ein Ende des Krieges gibt es immer wieder russische Angriffe in der Ukraine. Nach ukrainischen Angaben griff Russland die Ukraine in dieser Woche so heftig wie seit langem nicht an. Auch während Ruttes Besuch waren Luftalarmsirenen in Kiew zu hören. Am Sonntag begeht die Ukraine ihren 34. Unabhängigkeitstag.
Estland erklärte sich unterdessen bereit, sich mit einer Truppenstärke von bis zu einer Kompanie an einem Einsatz zur Sicherung des Friedens in der Ukraine zu beteiligen. Dies sagt Ministerpräsident Kristen Michal am Freitag bei einer Pressekonferenz mit seinem finnischen Amtskollegen in Tallinn.
Zusammenfassung
- NATO-Generalsekretär Mark Rutte forderte bei einem unangekündigten Besuch in Kiew 'robuste Sicherheitsgarantien' für die Ukraine und betonte, dass Russland sich künftig an Abkommen halten müsse.
- Selenskyj bezifferte den Finanzbedarf für die ukrainische Drohnenproduktion auf über sechs Milliarden US-Dollar und sprach von monatlichen Kosten für US-Waffenkäufe zwischen einer und 1,5 Milliarden US-Dollar.
- Estland kündigte am Freitag an, sich mit bis zu einer Kompanie an einer möglichen Friedensmission in der Ukraine zu beteiligen, während während Ruttes Besuch Luftalarm in Kiew herrschte.