Russland-Sanktionen: Altkanzler Kern reagiert ablehnend

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Viele ehemalige Politiker Österreichs, die jetzt in Russland beruflich tätig sind, reagieren verhalten bis ablehnend auf die angekündigten Sanktionen im Zuge der Ukraine-Krise.

Sollte Moskau einen großen Krieg in der Ukraine beginnen, dürfte der Westen weitere Sanktionen verhängen mit dem Ziel die Beziehungen zu Russland auf ein Minimum zu reduzieren. Betroffen davon wären wohl auch die Jobs zahlreicher österreichischer Ex-Spitzenpolitiker. Diese zeigen sich dementsprechend zurückhalten, was wirtschaftliche Strafmaßnahmen gegen Russland betrifft. 

Österreichs Altkanzler in Russland

So spricht sich der Ex-SPÖ-Kanzler und ehemalige ÖBB-Chef Christian Kern, mittlerweile unter anderem Eigentümervertreter im Aufsichtsrat der russischen Staatsbahn, am Dienstag gegenüber den "Salzburger Nachrichten" im Konflikt mit Russland gegen eine "Rhetorik der donnernden Faust" aus. "Sanktionen haben bestenfalls symbolische Wirkung. Einen Regime- oder Politikwechsel können sie nicht bewirken", erklärte der Ex-Kanzler. Außerdem sei nicht alles an der russischen Argumentation falsch, so Kern. Allerdings wolle er keinesfalls als "Russland-Versteher" in der aktuellen Situation rüberkommen, so Kern gegenüber dem "Standard", sein Mandat aufgeben wolle er aber auch nicht, denn dieses sei "einfach eine hochinteressante Aufgabe, die ich auch für null Euro machen würde".

 

Ex-ÖVP-Kanzler Wolfgang Schüssel, der im Board of Directors, einer Art Aufsichtsrat, des russischen Ölkonzerns Lukoil sitzt, hielt sich bisher mit Äußerungen zur Tagespolitik zurück. An seinem Posten bei Lukoil will er festhalten. Über seine Sprecherin Heidi Glück ließ der ehemalige Bundeskanzler ORF und "Standard" ausrichten, dass Lukoil an der Londoner Börse notiert und außerdem keine Staatsfirma sei. Daher gebe es auch keine Notwendigkeit, davon zurückzutreten. Für ein Jahr saß Schüssel auch im Aufsichtsrat des größten russischen Mobilfunkers MTS, die Tätigkeit endete jedoch schon 2019.

Eher im Hintergrund tätig seit dem Ende seiner Zeit als Politiker war indes der ehemalige SPÖ-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer. So war er bei einem Kreml-nahen Think-Tank engagiert. Das "Dialogue of Civilizations Research Institute" war vom früheren Präsidenten der russischen Eisenbahnen und engen Vertrauten Putins, Wladimir Jakunin, gegründet worden. Gegenüber der "ZiB2" betonte Gusenbauer am Dienstagabend jedoch, dass er dort nicht mehr tätig sei.

Quer durch die Ex-UdSSR

Im post-sowjetischen Raum war Gusenbauer generell sehr aktiv. So beriet er etwa Abgeordnete im autokratisch regierten Aserbaidschan oder versuchte ehemalige europäische Staatsmänner als Berater für den kasachischen Langzeit-Herrscher Nursultaln Nasarbajew zu gewinnen. Zudem soll Gusenbauer die sogenannte "Hapsburg Group" koordiniert haben. Ziel dieser Gruppe sei es gewesen, Stimmung für die pro-russische ukrainische Führung des dann 2014 abgesetzten Präsidenten Wiktor Janukowitsch zu machen. Gusenbauer verteidigte sich jedoch stets damit, dass er sich aus Überzeugung für eine Annäherung der Ukraine an die EU ausgesprochen und die Herkunft des Geldes nicht hinterfragt habe.

Gazprom und Sotschi

Der ehemalige ÖVP-Finanzminister Hans Jörg Schelling beriet schon kurz nach seiner Ministerzeit wiederum für einige Monate den russischen Gaskonzern Gazprom beim Ostseepipeline-Projekt Nord Stream 2, an dem auch die OMV beteiligt ist. "Seither gibt es kein Engagement in Russland, in welcher Form auch immer", betonte der Ex-Minister jedoch am Dienstag gegenüber dem "Standard".

Immer wieder gegen Sanktionen gegenüber Russland sprach sich der ehemalige Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl aus. "Im Sinne einer europäischen Solidarität bleibt uns gar nichts anderes übrig, als nicht auszuscheren", sagt er zwar im ORF am Dienstagabend. Überzeugt von Sanktionen sei er aber "überhaupt nicht", denn diese hätten nie etwas bewirkt, so Leitl, Ko-Vorsitzender im Sotschi-Dialog, einem österreichisch-russischen zivilgesellschaftlichen Forum zur Stärkung der bilateralen Beziehungen.

Propaganda für RT 

Ganz im Dienste der russischen Propaganda steht mittlerweile indes die von der FPÖ nominierte ehemalige Außenministerin Karin Kneissl. Kneissl sorgte schon durch die Einladung Putins zu ihrer Hochzeit im Jahre 2018 in der Steiermark und dem Knicks vor dem russischen Präsidenten nach einem gemeinsamen Tanz weltweit für Aufsehen. Vor einem Jahr erhielt Kneissl schließlich einen Aufsichtsratsposten im staatlichen russischen Ölkonzern Rosneft. Einen Kommentar gegenüber österreichischen Medien wollte Kneissl dazu nicht abgeben. Mittlerweile ist die ehemalige Außenministerin öfters für den staatsnahen russischen Sender RT tätig. So bezeichnete sie dort etwa die Anerkennung der ukrainischen Separatistengebiete durch Moskau als "ganz normalen völkerrechtlichen Vorgang" und sorgte so für Kopfschütteln, zumindest außerhalb von Russland.

ribbon Zusammenfassung
  • Nach der von Russland verursachten Eskalation in der Ost-Ukraine wird die Tätigkeit europäischer Ex-Politiker, die in russischen Aufsichtsräten sitzen, zunehmend kritisch beäugt.
  • Sollte Moskau einen großen Krieg in der Ukraine beginnen, dürfte der Westen weitere Sanktionen verhängen mit dem Ziel die Beziehungen zu Russland auf ein Minimum zu reduzieren.
  • Betroffen davon wären wohl auch die Jobs zahlreicher europäischer und österreichischer Ex-Spitzenpolitiker.

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