Russische Angriffe im Westen der Ukraine

0

In der westukrainischen Stadt Ternopil soll es einen Luftangriff gegeben haben. In der Stadt sei eine Explosion zu hören gewesen, schreibt die "Ukrajinska Prawda" am Montag früh unter Berufung auf Bürgermeister Serhij Nadal.

Nadal forderte die Bewohner auf, sich in Schutzräume zu begeben. Örtliche Medien meldeten auch Explosionen in der von russischen Truppen besetzten Stadt Cherson. Augenzeugen berichteten auch von Explosionen in der Hafenstadt Odessa im Süden der Ukraine. 

Mariupol weiter umkämpft

Auch die schweren Kämpfe in der von russischen Truppen belagerten Hafenstadt Mariupol halten an. Das britische Verteidigungsministerium teilte mit, die Stadt werde weiterhin intensiv und wahllos angegriffen, doch die ukrainischen Streitkräfte leisteten hartnäckigen Widerstand und behielten die Kontrolle über die zentralen Bereiche.

Mariupol ist nach Ansicht der britischen Militäraufklärung "höchstwahrscheinlich" ein Schlüsselziel der russischen Invasion in die Ukraine. Mit der Einnahme der weiterhin schwer umkämpften Stadt könnte eine direkte Landverbindung zwischen Russland und der besetzten Halbinsel Krim hergestellt werden, verlautete in der Nacht auf Montag aus einem Update des britischen Verteidigungsministeriums unter Berufung auf Geheimdienstinformationen. Russlands bisher einzige Verbindung vom Festland zur Halbinsel ist eine Brücke über die Meerenge von Kertsch.

Russischer Teilrückzug

Russische Truppen sollen damit begonnen haben, sich aus der ostukrainischen Region Sumy zurückzuziehen. Es sei aber noch zu früh, um von einer Befreiung der Region zu sprechen, sagte der Chef der Gebietsverwaltung von Sumy, Dmytro Schywyzkyj, der Agentur Unian zufolge in der Nacht auf Montag in einer Videobotschaft.

In der vergangenen Woche war demnach eine größere Zahl russischer Truppen in der Region festgestellt worden, es habe viele Angriffe auch auf Zivilisten gegeben. Russische Militärfahrzeuge seien über einen Korridor von Kiew und Tschernihiw zurück Richtung Russland gebracht worden. Nun habe man dort viele zerstörte russische Panzer und andere militärische Ausrüstung gesehen.

Flucht

Mehr als 2.600 Menschen wurden indes nach ukrainischen Angaben am Sonntag aus besonders umkämpften ukrainischen Städten in Sicherheit gebracht. Von den 2.694 Menschen seien fast 1.500 aus der Region Luhansk gerettet worden, sagte die ukrainische Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk am Sonntag nach Angaben der Zeitung "Ukrajinska Prawda". Sie warf der russischen Seite demnach vor, gegen die vereinbarte Feuerpause verstoßen zu haben.

Aus der umkämpften Hafenstadt Mariupol sowie aus Berdjansk seien am Sonntag knapp 500 Menschen mit eigenen Fahrzeugen nach Saporischschja geflohen. Wereschtschuks Angaben nach konnten auch sieben vom Roten Kreuz begleitete Busse aus Mariupol nach Mangusch fahren. Am Freitag hatte das Rote Kreuz einen Evakuierungsversuch abbrechen müssen.

Russland hatte der Ukraine zuvor einmal mehr fehlende Kooperation bei der Evakuierung von Zivilisten aus Mariupol vorgeworfen. Moskau und Kiew werfen sich seit Wochen gegenseitig vor, die Flucht von Einwohnern aus Mariupol zu sabotieren.

Weitere Kriegsverbrechen befürchtet

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj befürchtet unterdessen, dass sich noch "schrecklichere Dinge auftun könnten" als das, was bisher über die Verbrechen in der Stadt Butscha bekannt geworden ist. Andere Regionen des Landes stünden noch unter russischer Kontrolle. Dort könnten "noch mehr Tote und Misshandlungen" bekannt werden, sagte Selenskyj in einer Videobotschaft am Sonntagabend.

"Denn das ist die Natur des russischen Militärs, das in unser Land gekommen ist. Sie sind Unwesen, die nicht wissen, wie sie es anders machen sollen", sagte Selenskyj. Er wolle, dass jede Mutter eines russischen Soldaten die Leichen der getöteten Menschen in Butscha und anderen Städten sehe.

"Was haben sie getan? Warum wurden sie getötet? Was hat ein Mann getan, der mit dem Fahrrad die Straße entlang fuhr?", fragte Selenskyj. "Warum wurden gewöhnliche Zivilisten in einer gewöhnlichen friedlichen Stadt zu Tode gefoltert? Warum wurden Frauen erdrosselt, nachdem sie ihnen die Ohrringe aus den Ohren gerissen hatten? Wie konnten sie Frauen vergewaltigen und sie vor den Augen der Kinder töten? Ihre Körper auch nach ihrem Tod verspotten? Warum haben sie die Körper von Menschen mit Panzern überfahren? Was hat die ukrainische Stadt Butscha Ihrem Russland getan?"

Er sagte auch, dass die Ukraine eigentlich nicht im Ausland nach Waffen hätte fragen müssen. "Alle benötigten Waffen hätte man uns auch so zur Verfügung stellen müssen - ohne Bitten. Denn sie wussten sehr wohl, welches Übel bevorstand und was es mit sich bringen würde."

Zahlreiche tote Zivilisten rund um Kiew

Die Bilder aus der kleinen Stadt Butscha kurz vor Kiew, wo nach dem Abzug russischer Truppen zahlreiche Leichen von Bewohnern auf den Straßen gefunden worden waren, sorgten am Sonntag international für Entsetzen. Die Ukraine macht für das Massaker russische Truppen verantwortlich, die die Stadt bis vor kurzem besetzt hatten. Moskau bestreitet das.

Nach dem Abzug russischer Truppen hat die Ukraine nach eigenen Angaben in der Region rund um die Hauptstadt Kiew die Leichen von insgesamt 410 Bewohnern geborgen. "Das ist eine Hölle, die dokumentiert werden muss, damit die Unmenschen, die sie geschaffen haben, bestraft werden", schrieb die ukrainische Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa am Sonntagabend auf Facebook. Seit Freitag seien bereits 140 der Leichen untersucht worden. Gerichtsmediziner und andere Spezialisten seien dafür im Einsatz.

Wenediktowa schrieb, dass das Gebiet in Quadrate unterteilt wurde, in denen jeweils Teams aus Staatsanwälten, Ermittlern und Mitarbeitern der Nationalen Polizei arbeiten. Auch Kriminaltechniker seien im Einsatz, da es dort viel scharfe Munition gebe.

Ermittlungen eingeleitet 

Mehr als 50 Mitarbeiter von Staatsanwaltschaft und der Nationalen Polizei nahmen demnach erste Ermittlungen zu den Verbrechen im Gebiet Butscha auf, die nach dem Abzug russischer Truppen bekannt wurden. Auch in anderen Orten um Kiew und Tschernihiw soll es Untersuchungen geben. "Die Generalstaatsanwaltschaft wird die Zahl der Ermittlungsbeamten weiter erhöhen, um eine möglichst schnelle und effiziente Sammlung von Beweisen für Kriegsverbrechen sicherzustellen", schrieb Wenediktowa. Besonderes Augenmerk liege dabei außerdem auf den Gebieten um Mariupol, Charkiw, Sumy, Luhansk und Donezk. Wenediktowa betonte, dass an den Tatorten nur Profis arbeiten sollten und wies freiwillige Helfer an, die Arbeit nicht zu stören.

Die stellvertretende Verteidigungsministerin der Ukraine, Hanna Maljar, hatte zuvor mitgeteilt, dass die Armee mehr als fünf Wochen nach dem russischen Einmarsch wieder die volle militärische Kontrolle über die Region um Kiew erlangt habe. Für internationales Entsetzen sorgten am Sonntag Bilder aus dem Vorort Butscha, wo Leichen von Bewohnern auf der Straße lagen. Die Ukraine macht für das Massaker russische Truppen verantwortlich, die die kleine Stadt bis vor kurzem besetzt hatten. Moskau bestreitet das.

ribbon Zusammenfassung
  • In der Stadt sei eine Explosion zu hören gewesen, schreibt die "Ukrajinska Prawda" am Montag früh unter Berufung auf Bürgermeister Serhij Nadal.
  • Russische Truppen sollen damit begonnen haben, sich aus der ostukrainischen Region Sumy zurückzuziehen.
  • Mehr als 2.600 Menschen wurden indes nach ukrainischen Angaben am Sonntag aus besonders umkämpften ukrainischen Städten in Sicherheit gebracht.

Mehr aus Politik