APA/TOBIAS STEINMAURER

Regierung schnürt Milliarden-Paket gegen hohe Energiepreise

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Die Regierung will mit einem zwei Milliarden Euro teuren Maßnahmenpaket Haushalte, vor allem Pendler, und Wirtschaft entlasten.

Damit soll der rasant steigenden Inflation und speziell den stark gestiegenen Energiepreisen entgegengewirkt werden, kündigten Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) und Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Sonntag an. 

"Energiepaket"

Im Zentrum des "Energiepakets" stehen eine Senkung der Energieabgaben für Gas und Strom (900 Mio. Euro), Entlastungen für Pendler (400 Mio. Euro), Preissenkungen und Ausbau von Öffis (150 Mio. Euro), Entlastungen für KMU mit hohem Treibstoffverbrauch (120 Mio. Euro), Unterstützung für Betriebe zum Umstieg auf alternative Antriebsformen (120 Mio. Euro) sowie 250 Mio. Euro zur Unterstützung von Investitionen in Photovoltaik und Windkraft.

Wann die Maßnahmen umgesetzt und wirksam werden, hänge vom parlamentarischen Prozess ab, so Brunner und Gewessler in einer gemeinsamen Pressekonferenz. Aber die Maßnahmen seien "zielgerichtet und entlasten dort, wo es die Menschen brauchen". Außerdem seien, zusammen mit einem früheren Entlastungspaket im Volumen von 1,7 Mrd. Euro, zusammen annähernd 4 Mrd. Euro im EU-Vergleich eine sehr hohe Unterstützung. Deutschland mit zehn Mal so vielen Einwohnern entlaste die Wirtschaft um den gleichen Betrag, wie Brunner mehrfach hervorhob.

Keine Senkung der Mehrwertsteuer 

Eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Treibstoffe ist vom Tisch, einerseits weil sie europarechtlich nicht zulässig sei, andererseits weil sie nicht treffsicher sei, sagte Brunner. Gewessler wiederum verteidigte die Erhöhung von Pendlerpauschale und Pendlereuro als "zielgerichtete Maßnahme", die Menschen für den Weg zur Arbeit zugutekomme, aber "nicht diejenigen belohnt, die zum Spaß mit dem Zweit-SUV durch die Innenstadt fahren".

Gespräche mit Sozialpartnern 

Mit den Sozialpartnern will die Regierung weiter im Gespräch bleiben, um "die langfristige Preisentwicklung zu beobachten", so Brunner. Das nächste Treffen ist für Mittwoch geplant. An dem aktuellen Paket werde aber nicht mehr gerüttelt, stellten Brunner und Gewessler klar. Aber es seien viele Vorstellungen der Sozialpartner in die Maßnahmen eingeflossen, versicherten sie. Jetzt sei es um Geschwindigkeit gegangen, er hoffe die Kritik entzünde sich "am Prozedere und nicht am Inhalt", so Brunner. ÖGB-Chef Wolfgang Katzian hatte sich "verarscht" gefühlt, wie er via Twitter mitteilte, weil die Regierung wenige Tage vor einer Gesprächsrunde ein Maßnahmenpaket verkündet.

"Der Staat darf nicht an der Krise verdienen", so Brunner und wolle die Mehreinnahmen an die Bevölkerung zurückgeben. "Aus heutiger Sicht" würden die beiden Maßnahmenpakete von in Summe nahezu 4 Mrd. Euro daher nicht zu einer zusätzlichen Neuverschuldung führen. Allerdings werde man das letztlich erst im Nachhinein unter Berücksichtigung der tatsächlichen Energiepreise, Inflation und Wachstumsdaten endgültig sagen können.

Gewessler erinnert an Ukraine 

Gewessler nahm sich auch viel Zeit darauf hinzuweisen, dass es den Ukrainerinnen und Ukrainern noch viel schlechter gehe als den Menschen in Österreich. Dort gehe es nicht um hohe Preise an der Zapfsäule, sondern ums Überleben und um Fluchtmöglichkeiten. Dennoch sei die Teuerung in Österreich für viele Menschen eine echte Belastung - umso beeindruckender sei die Hilfsbereitschaft für Flüchtlinge aus der Ukraine.

Positive Stimmen 

Für Wifo-Chef Gabriel Felbermayr ist das Energiepaket "in Summe ein vernünftiger Kompromiss". Besonders positiv seien Maßnahmen, die nicht kamen: Der Verzicht auf eine Mehrwertsteuersenkung und auf behördliche Preisfestsetzungen. Gut findet der Wirtschaftsforscher auch die Senkung der Strom- und Gasabgabe sowie Förderungen für öffentlichen Verkehr und erneuerbare Energieträger. Weniger gut seien die starke Erhöhung der Pendlerpauschale und fehlende sozialpolitische Entlastungen. Auch die zeitliche Begrenzung der Maßnahmen lobt Felbermayr und hielt in seinem Twitter-Beitrag fest, es sei "wahrscheinlich nicht das letzte Paket".

Das Momentum-Institut findet gut, dass die höhere Pendlerpauschale Haushalte mit hohem Mobilitätsbedarf entlaste, sie habe aber Schwächen bei der sozialen Gerechtigkeit und beim Klimaschutz. Auch die Senkung der Energieabgabe würde höheren Energieverbrauch fördern.

Harsche Kritik der Opposition

FPÖ-Chef Herbert Kickl sieht ein "Entlastungs-Mogelpaket", denn "bei den Menschen, die von den exorbitanten Preisen am Energiesektor, beim Tanken und Einkaufen betroffen sind, kommt zu wenig an Entlastung an." Die Entlastung der Pendler sei "mit viermal Tanken schon wieder aufgebraucht". FPÖ-Umweltsprecher Walter Rauch forderte eine Verdoppelung des Kilometergeldes auf 84 Cent.

"Die heute präsentieren Maßnahmen der Regierung sind bestenfalls ein Tropfen auf dem heißen Stein, aber keinesfalls geeignet, der Teuerungswelle gegenzusteuern und Menschen wirklich zu entlasten", schreibt SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll in einer Aussendung. "Während die Hilfen bei denen, die sie am dringendsten brauchen, zu klein sind, machen etwa Mineralölkonzerne das Geschäft ihres Lebens." Ungerecht sei auch die Erhöhung der bestehenden Pendlerpauschale um 50 Prozent, wodurch die schon bestehende Begünstigung von Menschen mit höherem Einkommen verstärkt werde.

Für die NEOS ist das Paket "Kosmetik, keine nachhaltige Entlastung", die Oppositionspartei fordert einmal mehr die Abschaffung der kalten Progression.

 

ribbon Zusammenfassung
  • Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) haben am Sonntag ein "Energiepaket" zur "Entlastung der Bevölkerung und der Wirtschaft" präsentiert.
  • Gewessler und Brunner erklärten in der Pressekonferenz, dass man mit bereits beschlossenem Paket von 1,7 Milliarden Euro die Österreicherinnen und Österreicher und die Wirtschaft "mit rund vier Milliarden Euro" entlastet werde.

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